Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
an der Kette und schimmerte ledern im Mondschein.
Ich bückte mich und hob einen von Temples Trainingshandschuhen vom Boden auf. An der flachen Stelle über den Knöcheln war ein eingetrockneter, mit Staub verkrusteter Blutfleck.
Ich warf den Handschuh wieder hin, ging zu der von Fliegendraht umgebenen hinteren Veranda und drehte am Türknauf. Die Tür war sowohl abgeschlossen als auch verriegelt.
Dann hörte ich Stimmen auf der Kellertreppe – zwei Männer, die wieder ins Erdgeschoss hochkamen. Ich zog mich von der Hintertür zurück und drückte mich dicht an die Wand. Meine Hand sehnte sich nach L.Q. Navarros Revolver.
»Wir haben das falsche Haus erwischt, Johnny. So was kommt vor. Schreib es ab.«
»Ich hab dir doch gesagt, die Schlampe kennt mich. Daher müssen wir hier reinen Tisch machen. Wir schaffen die Kids hierher, dann gehn wir nach Hause.«
»Ich bin derjenige, dem sie eins auf die Nase verpasst hat. Und ich sage, wir haun ab.«
»Ich erledige die Braut. Wenn du willst, darfst du auch mal drüber. Aber das ist ihre letzte Nacht auf Erden. Nun gib Ruhe, und mach ein paar Brote.«
»Ich werd langsam fickrig. Ich brauch irgendwas.«
»Schau in ihrem Arzneischrank nach. Vielleicht hat sie ein paar Schlankheitspillen.«
»Du hast gesagt, es ist ’ne saubere Sache, rein und wieder raus. Bloß ’n paar Säcken zeigen, wo’s langgeht, hast du gesagt. Die ist ein Cop. Erledigen wir ihren Alten auch, den Typ im Rollstuhl? Weißt du, was passiert, wenn die uns in die Finger kriegen?«
»Halt’s Maul.«
Das Küchenfenster war offen, und ich konnte hören, wie sie Schubladen aufzogen, mit Besteck klapperten, eine Bierdose aufrissen.
Geh zu einem Telefon, dachte ich.
Nein, sie konnte tot sein, bevor ich wieder zurück war.
Ich stieg von der Veranda herunter, schloss leise die Fliegendrahttür hinter mir und ging im Schatten des Pecanbaums zum alten Schweißerschuppen ihres Vaters. Auf der Werkbank lag ein mit Fett verschmierter Rundhammer mit dickem Stiel und schwerem Kopf von der Größe eines halben Ziegelsteins.
Ich ging die Einfahrt hinab, duckte mich unter den Fenstern vorbei und zog die Wetterläden am Eingang zum Keller auf. Die Treppenstufen waren aus Zement und mit einer Schicht aus trockenem Matsch und schwarz verfärbtem Laub verkrustet. Durch eine zerbrochene Scheibe an der Kellertür konnte ich eine brennende Glühbirne auf der anderen Seite des Heizkessels und die Umrisse einer Gestalt sehen, deren Mund zugeklebt war und deren Handgelenke an ein dickes Abflussrohr gefesselt waren, das sich über die ganze Decke zog.
Ohnmächtig starrte ich durch das zersprungene Glas auf Temples Rücken, den Babyspeck an ihrer entblößten Taille, die kastanienbraunen Haare, die im schummrigen Kellerlicht schimmerten. Ihre Arme waren stramm nach oben gezogen, sodass die Schultern an den Hals gequetscht wurden und nur die Ballen ihrer bloßen Füße den Boden berührten.
Ich klappte mein Taschenmesser auf, schob es in den Türspalt, unter die Zuhaltung des Schlosses und drückte die Feder zurück.
Ein Schatten fiel über die Treppe zur Küche, dann kam Johnny Krause die Stufen herab und trat ins Licht. Seine Haare waren mit Brillantine eingeschmiert, straff zurückgekämmt und zu einem Torerozöpfchen gebunden, ein stoppeliger blonder Fünftagebart wucherte auf seiner Kinnlade. Er trank aus einer Bierflasche mit langem Hals und drückte das kalte Glas an seine Backe. Er trug ein kurzärmliges Turnhemd der Texas A & M, das wie angegossen an seinem Oberkörper saß.
»Ich lass die zwei andern Jungs nicht an dich ran. Aber du und ich, wir haben ein bisschen Spaß«, sagte er.
Zwei? Hat er zwei gesagt?
Johnny Krause stellte die Bierflasche auf einen Stuhl und zog einen Kamm aus seiner hinteren Hosentasche. Er hielt die Zähne an Temples Kehle und zog sie hoch bis zum Kinn. Dann fasste er ihr mit den Fingern an die Haare, beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Augenwinkel.
Er hatte mir jetzt den Rücken zugekehrt, und ich sah eine kleine Automatik, vermutlich eine .25 er, in seinem Hosenbund stecken.
»Soll ich dir das Klebeband abmachen? Du brauchst bloß zu blinzeln«, sagte er. »Nein? Ich möchte dich aber auf den Mund küssen, Schätzchen. Dich ein bisschen flachlegen. Komm schon, denk drüber nach.«
Er legte ihr die Hände auf die Hüfte.
»Das wird bestimmt ein heißer Ritt«, sagte er.
»Johnny! Tillman hat die Kids am Telefon! Schwing dich gefälligst rauf!«, zischte ein dritter
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