Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
ich. Als ich das Haus verließ, wirkte Esmeralda gedankenverloren, so als wäre sie an einem Ziel angelangt, zu dem sie nie gewollt hatte.
Später, als ich zum Mittagessen nach Hause fuhr, hielt ich an dem Gemischtwarenladen an der Straße und tankte. Während ich drinnen bezahlte, fiel mir ein Mann mit einem schmalen rötlichen Gesicht auf, der an der Café-Theke saß. Seine Augen waren wässrig blau, die kurz geschnittenen Haare sahen aus, als wäre ein Stück von einem orangefarbenen Teppich auf seinen Schädel geklebt. Eine wulstige Brandnarbe zog sich über die rechte Halsseite. Er trank Kaffee, rauchte eine Zigarette und warf einen Blick auf seine Uhr.
Ich starrte ihn an und musste an das letzte Gespräch mit Ronnie Cruise denken.
Ich ließ mir vom Kassierer das Wechselgeld geben, ging zur Theke und setzte mich neben den Mann mit dem orangeroten Haar.
»Sie sind Charley Quail«, sagte ich.
Er nahm die Zigarette aus dem Mund und schaute mich durch den Rauch an. »Kennen Sie mich?«, fragte er.
»Sie haben auf der alten Piste draußen beim Drive-in-Kino Stock-Car-Rennen ausgetragen. Sie sind in Daytona gefahren«, erwiderte ich.
»So ist es.«
»Ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen«, sagte ich.
Seine Hand fühlte sich schlapp und leicht an. Mir fiel ein, dass ich vor zwei, drei Jahren in einer Zeitung aus Austin einen Artikel über Charley Quails jahrelangen Kampf mit dem Alkohol gelesen hatte, seinen Leidensweg durch Gefängnisse und Entziehungsanstalten, und dass er beim Brand in einer Montagegrube in hellen Flammen gestanden hatte. Er schaute auf seine Uhr, verglich sie dann mit der an der Wand und warf einen Blick über die Schulter zur Straße.
»Warten Sie auf den Bus?«, fragte ich.
»Er sollte um zwölf Uhr vierzehn hier sein. Ich weiß nicht, ob meine Uhr falsch geht oder die an der Wand, oder alle beide.«
»Wo wollen Sie hin?«
»San Antonio.«
»Kennen Sie einen jungen Mexikaner namens Ronnie Gruise? Manche nennen ihn auch Ronnie Cross«, sagte ich.
»Ich hab grade ein Auto für ihn abgeliefert. Musste die ganze blöde Gegend absuchen, bis ich das richtige Haus gefunden hab.«
»Wo haben Sie es gelassen, Charley?«
»Das geht Sie gar nix an.« Trotzig reckte er das Kinn.
»Tut mir Leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, sagte ich und stand vom Barhocker auf. »Sind Sie mit Ronnie befreundet?«
»Er war mein Mechaniker. Er hat mich mal aus den Flammen gezogen. Sind Sie einer von denen, die dem Jungen Scherereien machen?«, sagte er.
Als ich zehn Minuten später zu meinem Haus kam, damit rechnete, dass Cholos Auto auf der Auffahrt stand, war alles leer und verlassen. Ich schaute in der Scheune nach, dann dahinter, während die Hühner gackernd vor mir davonstoben. Doch der 49er Mercury war nirgendwo zu sehen. Das Windrad schwenkte plötzlich in die Brise, ratternd setzten sich die Blätter in Bewegung, und ein Schwall Wasser schoss aus dem Brunnenrohr in Beaus Tränke.
31
Am darauf folgenden Nachmittag luden Pete und ich Beau in seinen Trailer, hängten ihn an meinen Pickup und gingen in der Klamm, wo sich Skyler Doolittle und Jessie Stump in einer Höhle versteckt hatten, Pfeilspitzen suchen.
Die Sonne stand noch hoch am Himmel und tauchte die Felsen in gelbes Licht, und der herbe Duft der Kiefern, die an den Hängen standen, hing schwer in der Luft. Ich schaufelte mit einem Klappspaten aus Militärbeständen den Schlick am Rande des Bachbetts auf ein tragbares Sieb, und Pete las die Feuersteinsplitter und Tonscherben von dem Drahtnetz.
»Ich habe beim Friseur einen Lehrer sagen hören, dass wir das nicht machen sollten«, sagte Pete.
»Das Zeug wird entweder von einer Abraumhalde oder von einem Lagerplatz runtergeschwemmt. Ein bisschen den Boden absuchen schadet nichts«, erwiderte ich.
»Wenn man mit der Schaufel rumgräbt, ist das auch noch ein bisschen den Boden absuchen?«
»Das ist Auslegungssache«, sagte ich.
»Woher willst du wissen, dass der Lagerplatz nicht genau hier war?«, fragte er.
»Würdest du dein Haus an einer Stelle bauen, wo der Bach durchfließen kann?«, sagte ich. »Hey, schau dir das Habichtpärchen da oben in den Judasbäumen an.«
Als er sich umdrehte und zu den Bäumen am Hang spähte, zog ich ein flaches, fächerförmiges Stück gelben Hornsteins mit einer abgeschrägten, scharfen Schneide aus meiner Hosentasche und warf es auf das Drahtnetz.
»Ich seh keinen Habicht«, sagte er. Dann fiel sein Blick auf das Sieb. »Das ist ein
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