Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
Mann die Treppe hinunter.
Johnny stürmte hinauf, nahm drei Stufen auf einmal. Ich stemmte die Schlosszuhaltung wieder gegen die Feder, schob die Tür auf, sodass sie über den Zementboden scharrte, und trat in den Keller.
Temple verdrehte den Kopf und starrte mich an. Ich hörte Krause droben telefonieren.
»Ganz recht. Captain McDonough ist der Name ... Nein, mit Miss Carrol ist vermutlich alles in Ordnung, aber jemand muss auf ihren Vater aufpassen. Bringen Sie Miss Ramirez mit. Ich muss sie nach diesem Auto von ihr fragen, das hinter dem Haus steht«, sagte er.
Ich legte den Schmiedehammer auf den Stuhl und begann das Stromkabel durchzusägen, das um ihre Handgelenke geschlungen war. Über mir knarrten die Bodendielen unter den schweren Schuhen der Eindringlinge. Temples Augen waren nur Zentimeter von mir entfernt, traten fast aus den Höhlen und funkelten vor Schreck. Dann wurde mir klar, dass sie nicht auf mich schaute, sondern auf irgendetwas hinter mir.
Ein Koloss von einem Mann, dessen Hintern so breit wie die Tür war, stand in einer blauen Latzhose oben am Treppenabsatz, hatte uns den Rücken zugekehrt. Dann drehte er sich um und stieg die Treppe herunter.
Ich schnappte mir den Hammer und trat hinter den Heizkessel. Die Isolierung an dem Kabel um Temples Handgelenk war aufgeschlitzt, und der Kupferdraht lag bloß.
Die Dielen auf den Treppenstufen ächzten unter dem gewaltigen Gewicht des Mannes in der Latzhose. Eine wilde schwarze Haarmähne wogte um seinen Kopf, Goldketten hingen an seinem Hals. Er aß ein Käsesandwich, grub die dicken Finger in das Brot und hinterließ schwarze Abdrücke.
Kauend blieb er vor Temple stehen und ließ den Blick über ihr Gesicht schweifen.
»Hi, Süße«, sagte er.
Ich hieb ihm den Hammer auf den Hinterkopf und sah, wie seine Haut unter den Haaren aufplatzte wie graues Leder. Er krümmte sich vornüber, verschluckte sich an einem Bissen Sandwich, riss den Mund zu einem stummen Schrei auf, so als wäre er auf einen spitzen Stein getreten.
Dann richtete er sich auf und schaute mich mit verzerrtem Gesicht an, bestürzt und wütend zugleich. Ein heller Blutstrom quoll aus seinen Haaren.
Ich traf ihn erneut, diesmal über dem Ohr. Er verdrehte die Augen, schlug mit den Knien auf den Zement und kippte seitwärts in den Schatten. Meine Hände zitterten, als ich das Stromkabel um Temples Handgelenke durchtrennte.
Sie riss sich das Klebeband vom Mund und schnappte keuchend und mit bebendem Atem nach Luft. Ich fasste sie am Arm und deutete zur Kellertür.
Wir zogen uns aus dem Lichtkegel der Glühbirne neben dem Heizkessel in die Dunkelheit zurück, gingen auf die offen stehende Tür zu, hinter der, nur noch Sekunden entfernt, die Nacht und mit ihr die Freiheit wartete.
Dann hörte ich jemanden auf der Einfahrt, hörte, wie er stehen blieb, wie der Kies unter seinen Schuhsohlen scharrte. Der Strahl einer Taschenlampe fiel durch die Wetterläden, die ich geöffnet hatte, und schien auf die Zementstufen und die tiefen Abdrücke meiner Stiefel.
Der Mann auf der Einfahrt setzte einen Fuß auf die oberste Stufe, zog ihn dann zurück und versuchte die Lampe in den Keller zu richten, ohne sich der Tür zu nähern.
Ich wälzte den bewusstlosen Mann auf den Rücken und tastete seine Taschen ab, griff dann in seinen Hosenlatz. Meine Hand schloss sich um den Kolben einer .22er Ruger Automatik.
Ich schob mich rasch an Temple vorbei, ging durch die Seitentür und stand mit einem Mal unter dem Mann mit der Taschenlampe. Von seiner rechten Hand baumelte eine verchromte .45er Automatik. Er sperrte den Mund auf.
Ich richtete die Ruger auf seine Kehle und legte den Sicherungshebel um, hatte allerdings keine Ahnung, ob sie durchgeladen war.
»Wirf sie weg, Freundchen! Und zwar plötzlich!«, sagte ich.
Er erstarrte, schlang die Hand fest um die Griffschalen der .45er. Er hatte ein kleines, rundliches, aber verkniffenes Gesicht und riesengroße blaue Tätowierungen, die sich über die Unterseite seiner Arme zogen.
»Du kannst mit dem Leben davonkommen! Wirf sie weg und hau ab«, sagte ich.
Ich sah ihm an den Augen an, wie sich seine Gedanken überschlugen, wie er sich die große Frage stellte, die ihn seit jeher beschäftigte. War er wirklich ein Feigling, so wie er insgeheim schon immer befürchtet hatte? War er bereit, alles zu riskieren und sich über den Abgrund zu wagen, ohne irgendeinen Halt, abgesehen von den Nachwirkungen der letzten Spritze, die er sich gesetzt
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