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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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unnatürlich starr wirkten, wie vereist vom Whiskey und der Cocktailkirsche in dem Old Fashioned.
    Ich legte eine Hand auf den Tisch und beugte mich zu Earl hinab. Die feinen braunen Haare hingen ihm in die Stirn.
    »Sie haben Hugo Roberts dafür bezahlt, dass er Wilbur Pickett belastendes Beweismaterial unterschiebt. Und Sie haben einen Behinderten angeschwärzt und verleumdet. Ich werde Ihnen alles, was Sie getan haben, in Ihre elende Fresse reiben.«
    »Sie sind auf die Abendschule gegangen und haben Jura studiert, und dafür gebührt Ihnen alle Anerkennung. Aber im Grunde Ihres Herzens sind Sie immer noch ein Prolet, weißes Lumpenpack, Billy Bob. Und nur aus diesem einen Grund stehe ich nicht auf und schlage Sie nieder«, erwiderte er.
    Ich wandte mich ab und ging mit steifen Schritten an meinem Tisch vorbei, hinterließ einen Dollar Trinkgeld, weil ich den Platz in Anspruch genommen hatte, stieg die Treppe hinauf und lief durch das alte, abgedunkelte Foyer, an der verlassenen Rezeption vorbei, den leeren Fächern für die Post der Gäste und die Zimmerschlüssel, an der eingestaubten Telefonkonsole, hinaus in den Schatten unter der Kolonnade und den Wind, der glühend heiß über den Asphalt strich.
    Ich war schon einen halben Straßenzug weiter, als ich Peggy Jeans Stimme hinter mir hörte. »Billy Bob, warte. Ich muss mit dir reden. Geh doch nicht einfach so weg.«
    Sie hatte hohe Stöckelschuhe an, und als sie auf mich zugehen wollte, knickte sie um und musste sich an einem Holzpfosten festhalten. Dann kam Earl zu ihr auf den Bürgersteig, worauf sie miteinander stritten, um Beherrschung bemüht, wie zwei Menschen, deren Leben auf offener Bühne aus den Fugen gerät. Ich stand mitten auf dem Bürgersteig, unter der rotweißen Markise eines Friseursalons, wie ein törichter, ohnmächtiger Zuschauer, der sich nicht entscheiden kann, ob er die Flucht ergreifen oder sich in den Zwist einmischen soll.
    »Du bist blau. Setz dich ins Foyer. Ich lass dir einen Kaffee rausbringen«, sagte Earl.
    »Du hast diesen behinderten Mann festnehmen lassen? Wegen einem Kartenspiel?«, fragte sie ungläubig.
    »Habe ich nicht. Der ist behämmert. Herrgott noch mal, der ist im Gefängnis gewesen, weil er Schulkinder umgebracht hat.« Dann fuchtelte Earl mit den Händen wütend in der Luft herum und schlug sich verärgert an die Hüfte. »Ich geb’s auf«, sagte er und ging wieder ins Hotel.
    Doch er blieb nicht lange. Gleich darauf war er wieder auf dem Bürgersteig. »Verflucht noch mal. Gottverflucht noch mal. Geh wieder rein und iss irgendwas. Ich schicke Fletcher mit der Limousine her«, sagte er, stieg in seinen Lincoln und setzte auf die Straße zurück, während Peggy Jean sich an einem Kolonnadenpfosten abstützte und den Schuh mit dem abgebrochenen Absatz auszog.
    »Möchtest du ein Glas Eistee?«, sagte ich zu ihr.
    »Tee. Aspirin. Heroin. Irgendwas. Ich komme mir vor wie der letzte Schrott«, sagte sie.
    »Warum setzt du dich nicht auf die Bank? Ich hole mein Auto.«
    Ich sagte mir, dass mein Verhalten völlig harmlos war. Vielleicht war es auch so. Man lässt eine sichtlich mitgenommene und beschämte Freundin nicht bei solcher Gluthitze auf offener Straße stehen und darauf warten, dass ihr verantwortungsloser Mann sich ihrer erbarmt.
    Ja, ich bin mir völlig sicher, dass ich genau das dachte.
    Wir fuhren in den Norden der Stadt, in Richtung ihres Hauses. Dann bat sie mich, bei einem Steakhaus Halt zu machen, das an einem steil abfallenden Hang über einem lang gestreckten Tal errichtet worden war. Als sie aus dem Auto stieg, schlug sie den Absatz ihres anderen Schuhs an einem zur Dekoration dienenden Felsblock neben der Restauranttür ab, zog dann beide Schuhe wieder an, ging in die Damentoilette, wusch sich das Gesicht, legte frisches Make-up auf, kam zurück und setzte sich mit mir an einen Tisch am hinteren Fenster.
    In dem Restaurant war es kühl, das Licht gedämpft, und außer dem Barkeeper und einem Kellner war keine Menschenseele da. Wolken verdeckten jetzt die Sonne, das Tal war in Schatten getaucht, und Windböen fegten durch das Gras und die Wiesenblumen, zogen Furchen, die sich gabelten wie die Mündungsarme eines Flusses.
    Auf der Jukebox lief ein alter Floyd-Tillman-Song. Ihr Gesicht wirkte versonnen, als hinge sie einem Gedanken nach oder spürte vielleicht noch die Nachwirkungen der Cocktails. Dann richtete sie die Augen auf mich, als käme ich aus einem Traum auf sie zu.
    »Tanz mit mir«, sagte

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