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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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im Nehmen. Aber du irrst dich. Ich kann diesen Scheiß nicht ab«, sagte sie.
    In dieser Nacht stürmte es. Ich bekam Fieber und Schwindelanfälle, ohne zu wissen, woher, worauf ich mir heißen Tee mit Zitrone zubereitete und ihn an meinem Schreibtisch in der Bibliothek trank, während der Regen im Lichtschein von den oberen Fenstern wirbelte.
    Der Regen ließ nach, und meine Augen brannten vor Müdigkeit, und ich spürte, wie ich allmählich eindöste. Ich wachte um Mitternacht bei Mariachi-Musik auf, die völlig wirr war, vernahm die Stimme meines Sohnes Lucas, der irgendetwas sang, sah L.Q. Navarro Worte aussprechen, die wie Nachtfalter über seine Lippen schwärmten, ohne dass ich sie verstehen konnte, hörte Wasser rauschen und in einen Strudel stürzen, der sich gerade über dem Kopf eines kleinen Jungen schloss.
    Blitze flackerten in den Wolken über der Scheune, und ich sah eine Gestalt, die aus den Feldern rannte, über die Pferdekoppel, in die Scheune, und war davon überzeugt, dass sich L.Q. Navarro in dieser Nacht wieder in meinen Träumen eingenistet hatte.
    Dann sah ich das elektrische Licht neben Beaus Box angehen.
    Ich nahm eine Taschenlampe aus einer Schublade in der Küche, ging durch die Regenpfützen in den Hinterhof und zog die Scheunentür auf. Plötzlich starrte ich in das Gesicht von Skyler Doolittle, über dessen kahlen Kopf kreuz und quer Schweißbäche rannen. Er trug einen billigen hellblauen Anzug, der ihm viel zu klein war, ein bonbonrosa gestreiftes Hemd, von dem die Knöpfe abgeplatzt waren, einen verdrehten Schlips, weiße Tennissocken und Gefängnisschuhe. Ein scharfer Geruch ging von ihm aus, wie klamme Nachtluft, feuchter Lehm und Ozon.
    »Ich habe Blut an den Händen, Mr. Holland«, sagte er.
    »Haben Sie Kyle Rose umgebracht?«, sagte ich.
    »Den Deputy mit der Schockpistole? Hat den jemand umgebracht?«
    »Mit seinem eigenen Pfeil und Bogen.«
    Skylers Gesicht verzog sich wie weißer Gummi, und seine Augen funkelten auf, als gingen ihm tausend Gedanken durch den Kopf.
    »Sie sind es nicht gewesen?«, sagte ich.
    »Nein, Sir.«
    »Dann war es Jessie Stump«, sagte ich.
    »Ich hab mich mit ihm beschäftigt. Der Junge kann gerettet werden. Er hat ein schreckliches Leben hinter sich.«
    »Warum sind Sie hergekommen, Mr. Doolittle?«
    »Ich brauche Hilfe. Ich weiß bloß nicht, was für welche. Jetzt hab ich Blut an den Händen.«
    »Sir, ich werde nicht schlau aus Ihnen.«
    Er wischte sich die Hände an seiner Anzugjacke ab, und ich sah die dunklen Flecken auf dem Stoff.
    »Ein Deputy-Sheriff wollte mich an der Kreuzung anhalten. Er hat seine Waffe gezogen. Ich habe ihn geschlagen, bis er nicht mehr aufstehen konnte.«
    Ich setzte mich an den Kabelrollentisch, spürte, wie sich mein Blick trübte und mich alle Kraft verließ. Würmer wimmelten vor meinen Augen.
    »Ich kann dafür sorgen, dass Sie von den Bundesbehörden in Gewahrsam genommen werden«, sagte ich.
    »Earl Deitrich kommt aus dem Schlund der Hölle. Ich kann den Satan in Menschengestalt riechen, so wie man bei Gewitter den Schwefel riecht. Man wird an dem Tag ein anderer, wo einen der Prediger rücklings in den Fluss taucht und einem durch Wasser den Himmel und die Bäume vor Augen führt. Ich kann nicht hier bleiben und Earl Deitrich Einhalt gebieten. Sie müssen das tun.«
    »Mr. Doolittle, ich bin kein Theologe. Vermutlich bin ich nicht mal ein guter Anwalt. Aber die Taufe war ein einfacher Ritus der Essener. Auf diese Weise nahm man lediglich ein neues Mitglied in die christliche Gemeinschaft auf.«
    Er rieb sich das Blut, das er an den Händen hatte, an den Ärmeln seiner Jacke ab, schaute mich mit großen Augen an, so als hätte man ihm Münzen ins Gesicht gedrückt. Dann hörte ich in weiter Ferne Hundegebell, eine ganze Meute, das im Wind lauter und immer lauter wurde.
    »Kommen Sie mit ins Haus. Ich werde nicht zulassen, dass man Ihnen etwas zuleide tut«, sagte ich.
    »Die bringen Jessie Stump ganz bestimmt um. Sie haben die noch nicht in Aktion erlebt.«
    Ich nahm sämtliche Scheine aus meiner Brieftasche, zweihundert Dollar, und drückte sie ihm in die Hand.
    »Wiedersehen, Mr. Doolittle«, sagte ich.
    »Wiedersehen, Sir«, erwiderte er.

17
    Am nächsten Tag stand ich in aller Frühe auf, duschte mich, ging hinaus in die kühle Morgenluft, schüttete Hafer in Beaus Futtertrog und sammelte den Müll ein, den der Sturm auf dem Hof verteilt hatte. Das Fieber, das ich in der Nacht zuvor bekommen hatte, war

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