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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Kissen über die Augen und versuchte zu schlafen, aber vergebens. Eine halbe Stunde später kam ein hochaufgeschossener Arzt namens Tobin Voss in grüner Klinikkleidung herein und setzte sich an das Fußende meines Betts. Sein Kinn und die Wangen waren unrasiert, die dichten grauen Haare ungekämmt. Er war als Hubschrauberpilot in Vietnam gewesen, sprach aber nie über seine Erfahrungen dort, und wenn, dann nur in Andeutungen.
    »Haben Sie das Gefühl, als ob Sie jemand von Kopf bis Fuß mit einem eisigen Hammer verdroschen hat?«, fragte er.
    »Was habe ich denn?«
    »Eine Lebensmittelvergiftung möglicherweise. Wir haben Ihnen den Magen ausgepumpt. Können Sie sich nicht mehr dran erinnern?«
    »Nein.«
    »Wir haben uns eine Zeit lang ein bisschen Sorgen um Sie gemacht. Ihre Freundin, die Sie hergebracht hat, das ist eine tolle Frau.«
    »Sie ist Privatdetektivin und arbeitet für mich.«
    »Ich hab’s kapiert. Um zwei Uhr morgens ist Ihre Privatdetektivin bei Ihnen zu Hause. Tut mir Leid, wenn ich da was durcheinander gebracht habe«, sagte er. »Ist irgendjemand sauer auf Sie?«
    »Was wollen Sie damit sagen, Doc?«
    »Ich habe erlebt, wie arme Bauern Reis aus den Vorratslagern gegessen haben, die wir vergiftet hatten. Sie haben mich ein bisschen daran erinnert.«
    Er stand auf und schaute aus dem Fenster auf die Bäume hinab. Seine Arme waren voller grauschwarzer Haare. Als er sich wieder umdrehte, lächelte er.
    »Ihre Privatdetektivin also? Sie hat Ihre Bahre in die Notaufnahme geschoben und zwei Leuten die Hölle heiß gemacht. Die sucht nicht zufällig einen Job im mittleren Management, was?«, sagte er.
    Meine Augenlider fühlten sich an wie Sandpapier, mir war schwindlig, und ich kam mir vor wie ausgedörrt, als ich am frühen Abend nach Hause kam. Ich ging hinaus in die Scheune, holte zwei Plastiksäcke voller Abfall aus den Mülltonnen, kippte sie auf einer großen Sperrholzplatte aus und trennte mit einem Gartenrechen die Lebensmittelverpackungen und Konservendosen von all den anderen Sachen, an denen sich jemand zu schaffen gemacht haben könnte.
    Zwischen den aus einem halben Dutzend Restaurants stammenden Speisen befanden sich die Überreste von Wassermelonen, Kantalupen, Erdbeeren und Bananen, die ich an Straßenständen gekauft hatte. Aber die hiesigen Kaufleute und fliegenden Obsthändler unternahmen keine Giftanschläge auf ihre Kunden. Vielleicht hat Doktor Voss einfach zu viele Hirngespinste aus Vietnam mitgebracht, dachte ich.
    Temple Carrols Wagen kam über die Auffahrt und hielt an. Ich rechte all die verdorbenen Lebensmittel, die ich in Supermärkten gekauft hatte, zu einem Haufen zusammen und packte sie wieder in die Säcke, dann bückte ich mich und hob eine leere Zweiliterpackung Milch auf.
    »Ich war heute Nachmittag im Krankenhaus, aber du hast geschlafen. Als ich noch mal hingegangen bin, warst du entlassen«, sagte Temple.
    »Ich habe gehört, dass du die Notaufnahme auf Trab gebracht hast«, sagte ich und setzte mich, schwindlig vom Bücken, auf die verschnörkelte, weiß gestrichene Eisenbank unter dem Maulbeerbaum.
    Sie trug ein Paar weiche Stiefel, rostfarbene Jeans und eine braun karierte Bluse. Sie schaute mich unverwandt an, während sie sich einen Streifen Kaugummi in den Mund schob.
    »Kannst du dich noch an viel erinnern?«, fragte sie.
    »Totale Mattscheibe.«
    Sie nickte, kaute langsam vor sich hin.
    »Der Arzt sagt, du hast mir möglicherweise das Leben gerettet«, sagte ich.
    »Es war ’ne öde Nacht. Ein Mädchen wie ich will auch mal was erleben.«
    Der Himmel hinter ihrem Kopf war lavendelfarben, mit feurigen Streifen durchsetzt. Sie schob die Hände in die Gesäßtaschen und reckte das Kinn ein Stück höher.
    »Ich glaube, ein paar Erinnerungsfetzen habe ich«, sagte ich.
    »Fetzen? Na wunderbar«, sagte sie.
    Ich wich ihrem Blick aus. Mein Gesicht fühlte sich im Wind kalt und feucht an. Ich konnte förmlich spüren, wie sich die Adern in meinem Kopf zusammenzogen, wie sich meine Augen ein ums andere Mal trübten. »Du warst für mich da. Daran kann ich mich erinnern, Temple«, sagte ich.
    »Für dich da. Wow«, sagte sie und lief rot an.
    Mir fiel keine passende Antwort dazu ein. Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und starrte auf die Spitzen meiner Stiefel.
    »Was hast du mit dem Milchkarton vor?«, sagte sie gereizt.
    Ich strich mit dem Daumen über einen kleinen Hubbel an der einen Seite, riss dann die Packung oben auf und ließ Temple

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