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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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könnten.
    Esmeralda ging eiligen Schrittes den Gang entlang und hielt sich an einer senkrechten Stange hinter dem Fahrersitz fest.
    »Lassen Sie mich raus«, sagte sie.
    »Ich kann hier nicht halten, Lady. Wenn ein Laster vorbeikommt, reißt er mir den ganzen Bus auf«, sagte der Fahrer.
    »Ich muss raus.«
    »Ihre Haltestelle kommt doch erst da drüben, nicht wahr? Setzen Sie sich, bevor Sie hinfallen und sich wehtun.«
    Hundert Meter von Lucas’ Haus entfernt fuhr der Bus aufs Bankett. Sie stieg aus und rannte über den Rollsplitt auf das Haus und den Pickup zu, der vorn auf dem Hof stand. Die Steine stachen wie Glassplitter durch die Sohlen ihrer Slipper. Der Wind blies ihr Staubkörner in die Augen, und die Regentropfen schlugen ihr hart wie Murmeln ins Gesicht. Ein Sattelzug donnerte an ihr vorbei, erfasste sie mit seinem Fahrtwind und füllte ihren Kopf mit Lärm, dass sie sich vorkam, als hätte ihr jemand einen Schlag auf beide Ohren versetzt.
    Lucas hatte sich geduscht, eine saubere Levi’s und ein weiches Hemd angezogen und schlug auf seiner Dobro gerade »The Wild Side of Life« an, zog das Metallröhrchen für die Glissando-Effekte am Hals auf und ab, quer über die Saiten, und lauschte auf die Töne, die aus dem Schallkörper aufstiegen und wie silberne Schmetterlinge in der Luft schwebten. Er sah den Bus vorbeifahren, sah die hell erleuchteten Fenster und fragte sich, ob Esmeralda damit gekommen war. Doch er hatte sich entschlossen, sie nicht mehr zu behelligen, sie in Ruhe zu lassen mit ihrer Trauer und den seltsamen Beziehungen, die sie sowohl mit Ronnie Cruise als auch mit Jeff Deitrich gehabt hatte.
    Seine Haut fühlte sich nach den vielen Stunden am Bohrturm an wie von der Sonne gebacken, längst hatte er kein Gramm Fett mehr am Leib, und die breite Schnalle seines Cowboygürtels schmiegte sich flach an seinen Bauch. Im Großen und Ganzen sind die Malocher ein ziemlich interessanter Haufen, dachte er. Sie beklagten sich nur selten über das schwere Leben, das sie führten, und waren dankbar für jeden Job, den sie bekamen. Obwohl sie jahrelang miteinander arbeiteten, wussten sie für gewöhnlich nicht, wie der andere mit Nachnamen hieß, und hielten es auch nicht für wichtig, weil sie trotzdem dicke Freunde waren. Sie redeten ständig von ihren Eroberungen, aber in Wirklichkeit hielten sie alle Frauen für rätselhafte Wesen und gaben offen zu, dass sie süchtig nach ihnen waren. Sie waren verantwortungslos, scherten sich um nichts auf der Welt und grinsten meistens bloß breit vor sich hin, wenn sie sich wieder einmal irgendeinen Schlamassel eingebrockt hatten. Es gibt Schlimmeres, als mit so einer Bande rumzuhängen, dachte Lucas. Vermutlich war es so ähnlich wie in der Fremdenlegion. Keine schlechte Vorstellung.
    Er griff mit den Metallplektrons in die Saiten der Dobro, zog das Slide über den Hals und stimmte einen Song an, den er von einem einäugigen Gelegenheitsarbeiter gelernt hatte, der mal für seinen Stiefvater Bohnen gepflückt hatte:
     
    »Ten days on, five days off,
    I guess my blood is crude oil now.
    Reckon I’m never gonna lose
    Them mean ole roughneckin’ blues.«
    Dann kam Esmeralda zur Haustür hereingestürmt, die rosa Uniform voller Regentropfen, mit rot angelaufenen Wangen, die wie Äpfel leuchteten.
    »Ronnie hat einen Platten. Ein paar Jungs wollen ihn aufmischen. Du musst ihm helfen«, sagte sie.
    »Was für Jungs?«, sagte Lucas und stand gemächlich von der Couch auf.
    »Chug Rollins und zwei andere Autos voller Freunde von ihm.«
    »Chug?«, sagte er, kniff ein paarmal die Augen zusammen und atmete tief durch. Mit einem Mal wurde ihm schlecht, und er spürte, wie seine Hände nass wurden, ohne dass er es wahrhaben wollte.
    »Was ist denn los?«, sagte sie.
    »Gar nichts. Ich meine, worum geht’s denn da zwischen Chug und Ronnie? Hatten die früher mal was miteinander?«
    »Bist du bescheuert? Die hassen Ronnie. Die wollen ihn umbringen.«
    Er rieb sich die Stirn und starrte ins Leere. Eben noch hatte er sich eingebildet, er sei in der Gesellschaft seiner Freunde vom Ölfeld. Jetzt war er plötzlich allein im Zimmer. Selbst Esmeralda nahm er kaum noch wahr. Die Luft war mit einem Mal schal und stickig, als er zu einer Erkenntnis über sich kam, die ihm so sauer aufstieß wie der Schweißgeruch, der aus seinen Achselhöhlen aufstieg.
    »Yeah, mit Leuten wie Chug und den anderen ist nicht zu spaßen. Die kennen keine Grenzen, Essie«, sagte er und wurde sich

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