Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
hatte, zuhörte, als sie ihm vom Unterricht auf dem College berichtete, hatte unverwandt ihre Augen und den Mund betrachtet und war peinlich berührt darüber gewesen, wie sehr sie ihn erregten.
Er suchte einen Vorwand, damit er sie berühren konnte. Sie band sich die Haare hoch, wenn sie arbeitete, und als sie auf einem Stuhl stand und einen Vorhang anbrachte, wirkte ihr Rücken kräftig und muskulös, die entblößte, knapp unter der Gürtellinie in sanftem Schwung in die Hüfte übergehende Taille schmal und anmutig, die Schenkel straff und fest, als trüge sie Stöckelschuhe. Als der Stuhl ins Wackeln geriet, wollte er ihr um den Leib fassen, doch sie stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und sagte: »Keine Sorge. Ich fall schon nicht runter.«
Als Cholo starb, dachte Lucas, Esmeralda würde sich ihm zuwenden. Doch sie tat es nicht. Sie kehrte trockenen Auges und gefasst von der Beerdigung zurück, wie jemand, der im eiskalten Wind gewesen ist, allein am Herd sitzt und sich in Erinnerungen an den klirrenden Frost ergeht, der ihm im Gesicht brennt. An diesem Abend klopfte er an ihr Fliegendrahtfenster, und als sie an der Tür auftauchte und das Licht der Deckenlampe wie goldene Nadeln auf ihre Schultern und die rötlich braunen Haare fiel, sagte er: »Ich bin grade dabei, den Tisch zu decken, falls du noch nichts gegessen hast. Ich kann dir aber auch was rüberbringen. Ich meine, falls du Hunger hast. Wir können aber auch einfach ein bisschen spazieren gehen oder sonst was machen.« Dann holte er tief Luft. »Ich kann mich nicht so gut ausdrücken. Das mit deinem Bruder tut mir Leid.«
»Das ist sehr nett von dir, Lucas. Aber ich muss zur Arbeit«, erwiderte sie.
»Zur Arbeit? Dieser Fettsack im Dog ’n’ Shake lässt dich an dem Tag, an dem dein Bruder beerdigt wurde, zur Arbeit kommen?«
»Bis später, Lucas«, sagte sie und schob die Tür vor seiner Nase zu.
Sie bat ihn nicht mal darum, sie hinzubringen. Stattdessen zog sie ihre rosa Uniform an und wartete draußen an der Straße, bis der County-Bus kam und sie zu dem kleinen Drive-in unweit des Post Oaks Country Club brachte.
Jetzt saß er in der kühlen Morgenluft auf der Treppe hinter dem Haus, schaute auf ihre Unterwäsche an der Leine und fragte sich, ob er lüstern war oder einfach ein Trottel. Kein Ton drang aus dem Wohnwagen. Die Sonne stieg wie ein roter Ball über das Haus, und er schüttete den Kaffee in den Staub, schnürte seine Stahlkappenstiefel und fuhr mit seinem Pickup zu dem Bohrturm, wo eine Achtstundenschicht bei über siebenunddreißig Grad im Schatten auf der Arbeitsbühne auf ihn wartete.
Als sie an diesem Abend von der Arbeit im Dog ’n’ Shake kam, wartete Ronnie Cruise am Parkplatz auf sie. Er hatte eine gebügelte Hose an, auf Hochglanz polierte Slipper und ein neues Sporthemd, Kleidung, die er normalerweise nicht trug, außerdem waren seine Haare frisch frisiert, und das Kinn glänzte vor Aftershave.
Er beugte sich aus dem Beifahrerfenster des T-Bird, sodass sie sein Gesicht sehen konnte.
»Ich bring dich nach Hause, Essie«, sagte er.
»Ich habe eine Buskarte«, erwiderte sie.
Sein Auto stand im Schatten einer Eiche, und der heiße Motor tickte vor sich hin.
»Komm schon, du bist den ganzen Tag auf den Beinen gewesen«, sagte er.
»Trotzdem besten Dank, Ronnie. Ehrlich.«
Sie ging an den Straßenrand und wartete an der Bushaltestelle. Sie spitzte den Mund und starrte auf den Eingang zum Country Club, die Fairways entlang des Flusses, die Sonne, die in einer roten Staubwolke versunken war, und die Regenschleier am Horizont.
Ronnie saß am Steuer seines Autos, den Kopf auf die Hände gestützt. Er ließ den Motor an und fuhr mit leise quietschenden Reifen ständig im Kreis um das Dog ’n’ Shake, während ihm die Kinder, die an den Tischen im Freien aßen, mit breitem Grinsen zusahen.
Der Bus hielt neben Esmeralda, dann schlössen sich zischend die Türen, und er fuhr wieder an, gefolgt von Ronnies T-Bird. Esmeralda saß hinter dem Fahrer und versuchte, nicht auf Ronnie zu achten, doch als sie einen Blick in den Panoramaspiegel neben dem Fenster auf der Fahrerseite warf, sah sie drei Autos, die aus der Auffahrt des Country Club kamen und sich hinter Ronnie hängten.
Sie ging zum hinteren Fenster des Busses und schaute hinaus. Ronnie grinste sie durch die Windschutzscheibe an, reckte den Daumen hoch, führte sich auf wie ein Idiot und nahm die Autos hinter ihm gar nicht wahr.
Wer fährt den Wagen
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