Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)
meiner Meinung nach bist du selber nicht ganz dicht, sonst brauchtest du nicht ständig einen Haufen kleiner Scheißer um dich, die dir immerzu sagen, dass du nicht zu fett bist. Ich will damit sagen, und das soll keine Beleidigung sein, dass sich ein großer Junge wie du vor solchen Stöpseln nicht so aufspielen sollte, stimmt’s?«
»Ist ja süß«, sagte Chuck.
»Nein, Mann, ›süß‹ ist, wenn du deinen Golffummel anziehst, mit dem Caddy von deinem Alten rumfährst und ’ne schwarze Mose aufzureißen versuchst, die nicht mal mit dir schlafen würde, wenn sie blind war.«
»Hey, Chug, wie lange willst du dir das noch bieten lassen?«, sagte jemand in der Runde.
»Hast du ein Messer, Schmalztolle?«, sagte Chug.
»Du sagst an, Mann. Messer, Fäuste, Füße, Ellbogen, Flaschen, von mir aus auch mit Knarren, wenn du willst.«
»Chug, der Junge will hier nichts weiter als ein Mädchen von der Arbeit nach Hause bringen«, sagte Lucas hinter ihnen. Er spürte, wie sie ihn mit einem Mal wahrnahmen, dass ihm die Worte im Hals stecken blieben, wie sich sein Gesicht straffte, spürte den kalten Wind und kam sich klein und unscheinbar vor.
»Was ist denn mit dir los, Smothers, machst du auf dem A & M einen Schein als Schwanzgesteuerter?«, sagte jemand.
Aber Chug hob die Hand und brachte die anderen zum Schweigen.
»Was machst du denn mit Jeffs Ehemaliger, Lucas?«, fragte er.
»Ich finde es einfach nicht richtig, dass hier so viele gegen einen stehen«, sagte Lucas.
»Du bist kein übler Kerl. Aber das ist nach wie vor Jeffs Schnalle. Wenn du mit der eine Nummer schieben willst, musst du das erst mit Jeff abchecken. Und nun schwing dich mitsamt der Springbohne davon. Das geht dich nix an«, sagte Chug.
Lucas kratzte sich die Augenbraue und schaute in die Luft. Die Scheinwerfer der vorbeifahrenden Autos strichen über sie hinweg, fielen wie Kerzenlicht auf Ronnies Gesicht. Das Abendrot war längst am Horizont verglüht, und leiser Landregen fiel vom dunklen Himmel. Lucas wischte sich mit der Hand über den Mund, nahm Esmeralda am Arm und zog sie mit sich zum Pickup.
»Ich hab gedacht, die Bauernstudis treiben’s bloß mit Schafen«, sagte jemand.
Esmeralda versuchte sich loszureißen, doch Lucas grub ihr die Finger in den Arm.
»Willst du Ronnie allein lassen? Ich fass es nicht«, sagte sie.
»Steig in den Wagen.«
»Du kotzt mich an«, sagte sie.
Er ging nicht darauf ein. Er öffnete die Beifahrertür und schob sie hinein, schloss sie dann und ging hinten um den Wagen herum zur Fahrerseite.
Lucas’ Stiefvater hatte die serienmäßige hintere Stoßstange des Pickup abmontiert und durch zwei zwölf Zoll starke Rohre ersetzt, die er V-förmig auf eine dicke, schmiedeeiserne Halterung geschweißt hatte.
Esmeralda wirkte wie betäubt, saß trockenen Auges da, als wäre sie vor Scham erstarrt.
»Schnall dich an«, sagte Lucas.
»Du scherst dich ums Anschnallen? Bring mich zu der Tankstelle. Ich ruf die Polizei«, sagte sie.
»Die Typen, die dich misshandelt haben? Halt dich fest!«, sagte er.
Er legte den Rückwärtsgang ein und trat.das Gaspedal durch. Die Reifen des Pickup schleuderten den Kies unter den Kotflügeln auf, und das Heck schlingerte hin und her, als er auf die drei geparkten Autos zuraste. Die V-förmigen Rohre mit den scharf gezackten Schweißnähten erwischten zuerst einen Oldsmobile und schälten zwei Streifen Lack und Blech von Tür und Seite ab, prallten dann auf den hinteren Kotflügel eines Ford, zerschlugen das Rücklicht und stießen ihn beiseite. Dann bohrten sie sich wie ein Rammsporn in den Kühlergrill von Chugs Cadillac, rissen ein tiefes Leck und drückten die Kotflügel ein, dass sie wie zwei zermatschte Ohren über die Räder hingen.
Lucas schaltete in den ersten Gang und stieß nach vorn, weg von dem Cadillac, riss das Lenkrad nach rechts und hielt genau auf die Runde zu, die Ronnie bedrängte. Zuerst schauten sie ihn ungläubig an, dann stoben sie erschrocken vor den Scheinwerfern auseinander, käseweiß im Gesicht, rannten entweder zur Straße oder ins freie Feld, wo sie hinter Bäumen Schutz suchten. Er stieg auf die Bremse, gerade so lange, dass Ronnie in einer Wolke aus aufgewirbeltem Staub und Regentropfen neben Esmeralda ins Führerhaus springen konnte. Dann trat er wieder das Gaspedal durch, fräste zwei lange, tiefe Rinnen in den blanken Boden der Auffahrt und stieß mit ausbrechendem Heck auf die nasse Asphaltstraße.
Ronnie griff mit beiden Händen um den
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