Feuersee
einen
gnädigen Blick aus dem
allererhabensten Auge zu hoffen, reckten sich gähnend und
verabredeten sich zu
einer Partie Runenstein, um sich die leeren Stunden eines weiteren
langweiligen
Tages zu vertreiben. Die Leibgarde aus besonders gut erhaltenen Toten
geleitete
die Schar der Höflinge hinaus, sie schlossen die
Türflügel und postierten sich
davor, um anzuzeigen, daß Seine Majestät nicht
gestört zu werden wünschte.
Als es im Thronsaal leer und still geworden war,
bedeutete der Herrscher dem Kanzler mit einem Wink seiner Hand,
fortzufahren.
Der Kanzler gehorchte. Er entrollte ein Pergament und begann zu lesen:
»Seine Herzogliche Gnaden entbieten die
respektvollsten …«
»Nur das Wesentliche.«
»Wie Majestät befehlen.« Es
dauerte eine Weile,
bis der Kanzler sich durch den Wust der Artigkeiten und Lobpreisungen
hindurchgearbeitet hatte. Endlich war er zum Kern der Botschaft
vorgedrungen
und konnte weiterlesen:
»Die Invasoren stammen von der
äußeren Ebene,
Majestät, einem Land namens Kairn Telest – die
Grünen Höhlen – aufgrund der
ehemals üppigen Vegetation in besagtem Gebiet. Es scheint,
daß seither die
Region von einer Reihe von Mißgeschicken betroffen wurde. Der
Magmastrom ist
erkaltet, der Wasserzufluß der Bevölkerung ist
versiegt.«
»All das erweckt den Eindruck,
Majestät«,
erlaubte der Kanzler sich zu bemerken und hob den Blick von dem eng
beschriebenen Pergament, »daß man die
Grünen Höhlen heutzutage mit einiger
Berechtigung die Blankstein-Höhlen 7 nennen könnte.«
Seine Majestät äußerten sich
lediglich mit einem
Brummen zu diesem geistreichen Wortspiel des Kanzlers. Der las weiter
vor: »›
Infolge dieser Mißhelligkeiten sah die Bevölkerung
von Kairn Telest sich
gezwungen, die Heimat zu verlassen. Auf ihrem Exodus mußten
sie unzählige
Gefahren bestehen, unter anderem …‹«
»Ja, ja«, erklärte der Herrscher
ungeduldig. Er
fixierte seinen Kanzler mit einem listigen Blick.
»Erwähnt der Herzog, weshalb
diese Leute ausgerechnet hierher gekommen
sind?«
Hastig las der Kanzler den Brief bis zu Ende,
überflog ihn nochmals, um sicherzugehen, daß ihm
nichts entgangen war, dann
schüttelte er den Kopf. »Nein, Sire. Nach dem Tenor
des Briefs zu urteilen,
scheint es fast, daß es die Telester durch Zufall nach
Nekropolis verschlagen
hat.«
»Ha!« Die Lippen des Herrschers verzogen
sich zu
einem dünnen, verschlagenen Lächeln. »Nicht
doch, Pons. Nicht doch! Nun weiter.
Das Wesentliche. Was sind ihre Forderungen?«
»Sie stellen keine Forderungen, Sire. Ihr
Anführer, ein Prinz Edmund aus einem unbekannten Haus,
erbittet die Gnade,
Eurer Majestät seine Ehrerbietung erweisen zu dürfen.
Abschließend fügt der
Herzog hinzu, daß diese Telester in einem
erbarmungswürdigen Zustand sein
sollen. Er hat den Eindruck gewonnen, es sei möglicherweise
nicht ganz
ausgeschlossen, daß wir in irgendeiner Weise für das
Unglück dieser Leute
verantwortlich sind, und er verleiht der Hoffnung Ausdruck,
›daß Eure
verehrungswürdige Majestät so bald wie
möglich die Zeit finden, den Prinzen zu
empfangen.«
»Ist der junge Felsengard gefährlich, Pons?
Oder
ist der Mann lediglich unglaublich dumm?«
Der Kanzler nahm sich Zeit, die Frage zu
überdenken. »Ich würde ihn nicht
für gefährlich halten, Sire. Er ist auch nicht
dumm, vielmehr jung, idealistisch, geistreich. In Bezug auf Politik ein
wenig
naiv. Man muß in Betracht ziehen, daß er der
jüngere Sohn war und nicht darauf
vorbereitet, so plötzlich den Titel und die damit verbundenen
Pflichten übernehmen
zu müssen. Er läßt sich von seinem Herzen
leiten, nicht vom Verstand. Ich bin
überzeugt, daß er nicht weiß, was er
sagt.«
»Ganz im Gegensatz zu seiner Frau.«
Der Kanzler nickte ernst. »Das fürchte ich
auch,
Majestät. Herzogin Jera ist hochintelligent.«
»Und ihr Vater gefällt sich immer noch in
der
Rolle des ewigen Querulanten.«
»Aber das ist auch alles, was er in diesen
Zyklen noch tun kann, Sire. Ihn in die alten Provinzen zu verbannen war
– mit
Verlaub gesagt – ein Geniestreich. Der Graf muß
alle Kraft aufwenden, nur um
überleben zu können. Er ist zu schwach, um uns
ernsthaft zu schaden.«
»Ein Geniestreich, für den Wir Euch zu
danken
haben, Pons. Wir haben es nicht vergessen; Ihr braucht Uns nicht
ständig daran
zu erinnern. Und dieser alte Mann mag vielleicht geschwächt
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