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Feuersteins Drittes

Feuersteins Drittes

Titel: Feuersteins Drittes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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König. Er war ja auch auf dieses Amt gar nicht vorbereitet worden und hatte es niemals angestrebt: Ganz überraschend hatte man ihn auf den Thron gesetzt, als sein großer Bruder, König Rama VIII., unter mysteriösen, bis heute ungeklärten Umständen über Nacht verstorben war.
    Nicht nur in Österreich, in ganz Europa war König Bhumipol zu dieser Zeit überaus populär. Nicht wegen seiner selbst, und bestimmt auch nicht wegen Thailand, das man damals höchstens vom Musical-Film Der König und ich mit Yul Brynner in der Hauptrolle kannte und trotzdem immer noch mit Japan verwechselte, wo ja die Leute ebenfalls den ganzen Tag lang lächeln. Sondern wegen der schönen Sirikit, seiner Gemahlin. 1950 hatten die beiden nur wenige Tage vor seiner Krönung geheiratet, sie 18, er 23, und ihre siamesische Märchenhochzeit hatte die ganze Welt verrückt gemacht: Es war die Geburtsstunde der Hofberichterstattung sowie die Erleuchtung für die Chefredakteure der Dumpfpresse, dass man nicht nur mit Lustmorden Schlagzeilen machen kann.
    In Fatty’s Saloon kam Bhumipol ohne Sirikit, aber dafür mit seinem Saxofon, denn sein königliches Hobby war die Jazzmusik — und ist es angeblich auch heute noch, freilich schon lange nicht mehr in der Öffentlichkeit. Das ehrt ihn in meinen Augen gewaltig. Denn Kunst gedeiht nicht ohne Konkurrenz und Kritik, und wer öffentlich spielt, muss sich auch öffentlich richten lassen. Aber welcher Lehrer würde einem König sagen: »Du spielst, wie die Kuh furzt!«, wie ich es von meinem Klavierlehrer immer zu hören kriegte. Ungebremste Monarchen haben im Lauf der Geschichte wahrhaft genug musikalischen Flurschaden angerichtet: Nero entzündete mit seiner Fiedel nicht die Herzen wie Paganini oder die Gehörgänge wie André Rieu, sondern gleich die ganze Stadt, und die beiden Späthobbys von Kaiser Wilhelm waren bekanntlich Holzhacken und Blasorchester-Dirigieren, wobei man vom Geräusch her nie sicher sein konnte, welches von beiden er gerade ausübte. Und wenn Prinz Charles auf dem Cello sägte, ließ sich Oma, die Königinmutter, sofort Ohrstöpsel bringen, auch noch in ihren letzten Jahren, als sie schon so gut wie taub war.
    Ich behaupte jetzt mal, dass König Bhumipol bei Fattys Jam Session ziemlich gut gespielt hat... Die Erinnerung lässt mich leider völlig im Stich, wahrscheinlich, weil wir damals alle taub waren vor Ehrfurcht. Ich weiß nur noch, dass Fatty, der wortkarge Chef und Klarinettist, der übrigens wirklich so dick war wie sein Spitzname besagte, hinterher meinte, die Sache wäre »Leinwand« 20 gewesen. Und nach einer halben Stunde war der König wieder weg, ohne dass er mir nochmals in die Augen geschaut hätte.
    Dreißig Jahre später habe ich dann den König zum zweiten Mal gesehen, im Jahre 1987. Aber auch daran wird er sich nicht erinnern. Denn ich sah zwar ihn, aber er nicht mich.
    Das war beim königlichen Kathin, der feierlichen Schenkung von Mönchsgewändern an den Abt des Wat Arun , des Tempels der Abenddämmerung, der in seiner goldenen Pracht als das Wahrzeichen Bangkoks gilt, schräg gegenüber dem Königspalast, auf der anderen Seite des Chaophraya-Flusses. An diesem Tag ist der dicht befahrene Fluss für den gesamten Schiffsverkehr gesperrt und gehört allein den königlichen Barken, die man sonst nur im Museum beim Bahnhof von Thonburi besichtigen kann. 51 Boote insgesamt, zwei davon ganz besonders prächtig, mit dem edlen Schwanenkopf als Bug, 44 Meter lang, mit 54 Ruderern, drei Offizieren, zwei Steuermännern und einem Trommler, der den Rudertakt angibt. In der ersten Barke thront in einem Goldpavillon, behütet vom siebenstufigen Schirm der Weisheit, eine Buddha-Statue, in der zweiten, gleich groß und gleich ausgestattet, sitzt der König. In den anderen, wesentlich kleineren, aber nicht minder kunstvollen Booten werden die Ruder von Mönchen und Soldaten geführt, alle in traditionellen Gewändern und Uniformen, begleitet von Gebet und Gesang. Präzise und einheitlich erfolgen die Ruderschläge, nach jedem Schlag werden die Ruder steil nach oben gerichtet, alle Bewegungen erfolgen im perfekt harmonischen, monatelang geprobten Gleichklang.
    Es ist ein gewaltiges Spektakel, überaus aufwändig und deshalb auch nur äußerst selten zu sehen. 1987 fand es zum sechzigsten Geburtstag des Königs statt, denn nach thailändischer Tradition verheißt die Wiederkehr jeder Zwölfer-Zahl ganz besonderes Glück. Für mich übrigens auch, denn es war damals meine

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