Feuersteins Drittes
denn das heißt »nein«. Jetzt verstanden wir auch, warum er zu Boden gestarrt hatte. Weil er nämlich gar kein Klamotteninspektor war, sondern der königliche Schuhinspektor. Er deutete auf die Sandalen meiner Frau und wies auf ein Schild: ein Piktogramm von Badelatschen, dick durchgestrichen. Im Königspalast ungehörig und deshalb VERBOTEN. Raus!
Nun waren das zwar keine Badelatschen, sondern megamodische Designer-Sandalen (behauptet meine Frau auch heute noch), leider aber offen an der Seite, ohne Riemen, und was seitlich keine Riemen hat, gilt als Badelatschen. Jedenfalls bei Hof. Natürlich hätte ich dem Wächter sagen können, wie gut ich den König schon seit über vierzig Jahren kenne, aber erstens protzt man nicht mit seinen Beziehungen, und zweitens hätte mein Thailändisch dafür nicht ausgereicht. Bestimmt hätte ich eine falsche Betonung gesetzt und damit mein Gesicht verloren, und das ist das Schlimmste, was einem in diesem Land passieren kann.
Eigentlich war uns jetzt zum zweiten Mal die Lust vergangen, aber was tun? Schon wieder rüber zu den Drachenkämpfen? So spannend sind die auch wieder nicht, zumal es nicht einfach ist, die Regeln zu verstehen, nach denen die großen Flugdrachen von den winzigen Kampfdrachen vom Himmel geholt werden. Außerdem hatten wir bereits Eintritt bezahlt und den Flüster-Ohrwurm gemietet, für den ich eine dicke Kaution hinterlegen musste, da ich — als vorsichtiger Tourist — Reisepass und Kreditkarten, wie sie hier als Pfand erwartet werden, im Hotel gelassen hatte.
Also trabten wir zum Eingang zurück, zum Ärmel- und Rockverleih, in der Hoffnung, dort ein Paar hoffähiger Schuhe borgen zu können, zur Not auch vom Modell Mutter Teresa. Hätten wir auch bekommen, aber wiederum nur mit Pass oder Kreditkarte als Pfand — Geld lehnt man an dieser Stelle mit Empörung ab. Und als ich Witzbold unseren Ohrwurm als Kaution anbot, wurde die Verleiherin böse, und ich musste rasch einlenken, denn mit Königsbeamten scherzt man nicht, da wird schnell eine Majestätsbeleidigung daraus, und man kriegt lebenslänglich... siehe Geldschein-Zerreißen und Flugzeug-Leselicht.
Wir liefen also wieder hinaus, zurück auf die Straße, wo man schon von weitem unser Problem erkannt hatte — anscheinend passiert das täglich ein paar tausend Mal: Von allen Seiten streckte man uns Fußbekleidungen entgegen, und das Paar, das meine Frau schließlich erstand, kostete hundert Baht, also ein bisschen mehr als zwei Euro und nicht mal ein Zehntel von dem Preis ihrer verbotenen Designer-Sandalen. Für mich Laien sahen auch die neuen wie Badelatschen aus, aber für den König waren es Schuhe.
Damit durften wir tatsächlich rein. Zwar blieb uns nur noch eine halbe Stunde Zeit, weil die Ohrwurm-Rückgabe um 16 Uhr schließt, und dann hätte ich meine Kaution erst am nächsten Tag wiederbekommen. Aber dreißig Minuten reichten, um einmal quer durch das Palastviertel zu rennen und nach dem König Ausschau zu halten. Leider ließ er sich nicht blicken.
Aber was soll’s, wir kennen uns ja von früher.
Von den billigen Schneidern, teuren Hüten und falschen Mönchen
In der Theorie wäre Thailand mein Einkaufsparadies, weil dort Maß und Vernunft herrschen und Klamotten meiner Größe in der Abteilung für Erwachsene zu finden sind, und nicht bei den Kindern. Trotzdem greife ich auch dort nur selten zu, weil mich die riesige Auswahl überfordert und lähmt. Nur wenn mich meine Frau an der Hand durch die Kleiderhöllen und Stofflabyrinthe zerrt und die Entscheidung übernimmt, fällt schon mal das eine oder andere Hemd für mich ab, vorausgesetzt, sie wühlt nicht länger als zehn Minuten rum, meine maximale Durchhaltezeit. Danach bin ich zu erschöpft und verwirrt von der Fülle des Möglichen und muss sofort ins Hotel zurück, ins Bett. Wie damals in Rio.
Geduldiger bin ich hingegen bei den Schneidern, von denen es in Bangkok mehr gibt als in Hongkong, und bessere als in Bombay. Ihr Problem ist nur: Sie stehen so sehr unter Druck, billiger zu sein als die Konkurrenz, dass sie zwar solide gearbeitete und gut sitzende Anzüge abliefern, aber dafür die miesesten Stoffe der Welt verwenden. Natürlich habe ich immer wieder angeboten, ein bisschen mehr zu zahlen, um ein ordentliches Tuch zu kriegen, und es bedurfte auch keiner langen Überredung: Widerspruchslos war jeder thailändische Schneider sofort zu einer Preiserhöhung bereit. Aber was er mir dann lieferte, war doch wieder nur ein
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