Feuersteins Drittes
möchte ich weder von Kapaunen angeflogen noch von Mädchen gefüttert werden. Denn ich habe keine Lust, schon jetzt etwas zu üben, was mir später, als Pflegefall, vielleicht wirklich bevorsteht, mit dem Unterschied, dass meine Helferinnen dann bestimmt nicht mehr so jung sein und auch wesentlich mehr Stoff am Leib tragen würden.
Wie jeder andere Gast bekamen auch wir im No Hands ein eigenes Zimmer, darin ein Tisch und ein bequemer Lehnstuhl mit Sofa dahinter, falls es auf dem Sessel im Verlauf der Fütterung zu eng werden sollte. Das Team richtete Kamera und Licht ein, und als die ersten Speisen aufgetragen wurden, kostete ich natürlich sofort — noch durfte ich ja die Hände benutzen —, um bei der Auswahl der kommenden Zwangsernährung mitreden zu können. Das aber erwies sich als Fehler, denn ich biss in die Tischdekoration... was ich leider erst beim Kauen erkannte. Das richtige Essen würde gleich von den Mädchen aufgetragen, erfuhr ich. Sollten Sie also das No Hands besuchen 17 und dabei angefressene Plastikgarnelen auf dem Tisch liegen sehen: Jawohl, das waren meine Zähne.
Dann kamen viele kleine Schüsselchen mit Fisch, Geflügel und (echten) Garnelen auf den Tisch, dazu Tee und Bier, serviert von zwei zunächst sehr scheuen Mädchen, die sich aber beide als komische Naturtalente erwiesen: Ohne ein Wort von mir zu verstehen, spürten sie sofort, worauf es ankam, und ließen mich keinen halben Satz reden, ohne dass sie mir nicht irgendwas in den Mund schoben oder gossen.
Tapfer hielt ich zunächst durch — bis ich merkte, dass Stefans Kamera leicht zu wackeln begann, das untrügliche Zeichen, dass er lacht. Und weil das hoch ansteckend ist und man absolut nichts dagegen tun kann, endete unsere Fressorgie im allgemeinen Lachkrampf. Wieder mal war ich im Kindergarten gelandet statt im Sündenpfuhl, süß, aber harmlos. Für den Film war die Szene aber gut brauchbar, und ich selber war ebenfalls zufrieden: Wenigstens kann ich nicht nur Kameraleute zum Lachen bringen, sondern auch noch junge Mädchen. Soll ja Kerle geben, die schaffen nicht mal das. Trotzdem habe ich mich in meiner mönchischen Unschuld gefragt, worin bloß der Sex-Kick bestehen soll, wenn man gestopft wird wie eine Weihnachtsgans. Davon wird man doch nur fett und obendrein Alkoholiker, oder?
Cimi, der zynische, aber hochgebildete Journalist, belehrte mich eines Besseren: Das sei kein Touristenspaß, sondern altes Kulturgut, erklärte er, eine Art Geisha-Tradition des Landes. In den alten Tagen gehörte es nämlich in höfischen Kreisen zum guten Stil, dass die Gespielin ihren Pascha nicht nur bekochte, sondern auch fütterte. Und da das klassische Thai-Haus weder Tisch noch Stühle kennt, fand das Ganze auf einer Matte statt, auf der man, da ja essen müde macht, gleich hinsinken und einschlafen konnte. Wir waren also gar nicht im Puff gewesen, sondern im Museum.
Ich war voll gestopft und müde und wollte zurück ins Hotel, auch wenn es noch früh am Abend war. Aber Wolpers hatte noch nicht genug: Er schleppte mich zum nächsten Drehort, ins Mambo, ein Transvestiten-Kabarett in der Sukhumvit-Straße. Mit dem Befehl, dort aufzutreten. Das hätte er mit der Geschäftsleitung schon so vereinbart, erklärte er, weil er ja sicher wäre, dass mir das Spaß machen würde, und er hätte mir das vorher nur deshalb nicht gesagt, um mich beim Fütterungsdreh nicht zu belasten, und der wäre großartig geworden, weshalb wir jetzt unbedingt weitermachen sollten... Merkwürdig, diese vielen Worte. Was hatte er bloß vor? Brach jetzt eine neue Seite in ihm durch? Beabsichtigte er vielleicht, wenn ich im Fummel war, um meine Hand anhalten?
Wer jetzt meint, wir wären mit den Transvestiten von Bangkok, den berühmt-berüchtigten katoeys, endlich an den lang erwarteten erotischen Abwegen angelangt, wird enttäuscht sein: Das Mambo ist die Biederkeit pur. Zwar kein Kindergarten, aber auch nicht viel mehr als eine Modenschau.
Das Mambo folgt einer schon mehr als zwanzigjährigen Tradition, die für das europäische Publikum längst ihren Reiz verloren und sich inzwischen völlig den Touristen aus Asien angepasst hat: ebenso prächtige wie aufwändige Kostüme und wunderschöne Ladyboys, die zum Playback die gerade aktuellen Superstars zwischen Hongkong und Tokio imitieren, dazwischen ein bisschen Las-Vegas — Revue und Ulkszenen aus der untersten Klamottenkiste. Nett gemacht, aber langweilig.
Ergiebig war eigentlich nur der Dreh hinter den
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