Feuersteins Drittes
mal fünf Minuten lang herrscht. Vor allem aber brauchten wir einen Fischerhut.
Kreuz und quer hatte uns die Dreharbeit durch Thailand geführt, und überall gab es diese Hüte, auf allen Märkten, wahre Gebirge davon, sogar in den Ramschläden der Hotels. Ständig machte ich Wolpers aufmerksam, dass wir bald einen brauchen würden, aber jedes Mal meinte er, das hätte noch Zeit. »Im Reisegepäck geht der nur kaputt«, sagte er, »und ich sehe nicht ein, dann noch einen zweiten kaufen zu müssen. Der Gebührenzahler hätte kein Verständnis für so eine Verschwendung.«
In Phuket, am Drehtag der letzten Szene, fuhr er am Morgen persönlich zum Markt, um einen Lampenschirmhut zu besorgen. »Na so was«, sagte er lachend, als es dort keinen gab. Als er auch im nächsten Markt erfolglos blieb, verging ihm das Lachen. In wachsender Nervosität durchkämmte er mit Fahrer und Aufnahmeleiter die Insel. Er fand bayerische Bierkrüge und Schwarzwälder Kuckucksuhren, Kassetten mit Hollywood-Filmen, die noch gar nicht im Kino waren, und artengeschützte, verbotene Zierfische, aber keinen Hut. Gegen Mittag begannen auf seinen Wangen diese typischen roten Flecken zu blühen, die er sonst nur kriegt, wenn über Sex geredet wird, und ich stellte mich, so oft das möglich war, vor ihm auf und blickte ihn lächelnd an. »Wenn du ein Gesicht hättest, hättest du es jetzt verloren«, sagte ich.
»Du kriegst deinen Hut«, zischte er, und jedes Wort klang wie Spucke. Dann drehte er sich um und telefonierte auf zwei Handys gleichzeitig.
Um 17 Uhr kreischten Autobremsen vor der Tür, und aus dem Taxi sprang die Frau unseres Aufnahmeleiters mit einem originalen, nagelneuen, thailändischen Fischerhut. Vier Stunden vorher hatte sie ihn in Bangkok für einen Dollar gekauft und war dann zum Flugplatz gerast, gerade noch rechtzeitig für die Nachmittagsmaschine, um für 300 Dollar die fehlenden tausend Kilometer hinunter zu uns in den Süden zu schaffen. »Mit dem Hut in der Hand kommt man durch das ganze Land«, sagt das alte Sprichwort, und das war der Beweis: Das Sprichwort stimmt.
»Grüße vom Gebührenzahler!«, konnte ich gerade noch Wolpers zurufen, bevor er mich ins Hotelzimmer sperrte, damit ich die inzwischen recht hektische Vorbereitung für den Dreh nicht störte. Denn die ideale Lichtstimmung würde nur wenige Minuten bestehen, hatte Stefan, der Kameramann, verkündet, alles müsse deshalb auf Anhieb schon beim ersten Mal sitzen.
Um 18 Uhr durfte ich auf dem Rattanstuhl Platz nehmen. Erik montierte den präparierten Hut auf meinen Kopf und zog Kabel durchs Hemd, wobei er, wie immer, wie eine Glucke unartikulierte, besänftigende Laute von sich gab. Wolpers jagte hinter Kindern her, die von allen Seiten versuchten, durchs Bild zu schleichen. Und Stefan stand breitbeinig neben der Kamera und blickte stumm der untergegangenen Sonne nach, der GRÖKAZ 23 vor der Entscheidungsschlacht.
Dann sagte Stefan plötzlich: »Jetzt!« Ich spulte meinen Text ab, und selbst Erik, dessen Mikrofonkabel allesamt eine Sollbruchstelle enthalten, damit er im geheimen Dauerkrieg mit Stefan seine Macht zeigen und einen Abbruch erzwingen kann, verzichtete auf den üblichen Wackelkontakt: Ich zog am Ohrläppchen, und klick , es ward Licht in meinem Hut.
Als Wolpers atemlos von seiner Kinderjagd zurückkam und wie ein werdender Vater in der Gebärklinik fragte, wann es nun losginge, war alles schon vorbei. Wir zogen zum Nobelchinesen in Phuket-Stadt und feierten Drehschluss. Und jedes Mal, wenn ich seither diese Szene in ihrer Schlichtheit und perfekten Lichtstimmung sehe, steigt meine Bewunderung für Stefan. Er ist wirklich der Größte.
Da Sie so intelligente Bücher wie dieses lesen, können Sie unmöglich zu den Dumpfmeiern gehören, die achttausend Kilometer nach Thailand fliegen, um sich dort für zwei Wochen in den Sand zu werfen. Denn das Land bietet so überwältigend viele Möglichkeiten, dass ich auch nach zwei Dutzend Reisen immer noch vorher in jene tiefe Depression verfalle, die die Qual der Wahl nicht nur beim Klamottenkauf in mir auslöst. Es ist deshalb bestimmt hilfreicher für Sie, wenn ich Ihnen statt »guter Tipps«, die Sie ohnehin zu Tausenden im Reiseführer finden, lieber ein paar Ziele nenne, die Sie sich ersparen können.
Machen Sie einen großen Bogen um das Kloster Tham Krabok auf der Strecke von Lopburi nach Phitsanulok, falls es das überhaupt noch gibt. Wir verbrachten zwar einen faszinierenden Drehtag dort,
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