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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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viel bessere Geschichte: einen Ausflug zu den Falken, weit draußen in der Wüste.
    Der Falke ist wohl das persönlichste Tier der Wüstensöhne, viel mehr noch als das Kamel. Unsummen werden für diese Jagdvögel ausgegeben, noch mehr für ihre Pflege, und da sie fast überall in der Welt unter Artenschutz stehen, sind gut organisierte Schmugglerkolonnen ständig unterwegs, um auch die letzten Nester leer zu rauben, in Asien ebenso wie in Europa. Für ein brutfähiges Ei wird mehr gezahlt als sein Gewicht in Gold. Und da ein edler Falke der größte Stolz seines Besitzers ist, ist der eine ohne den anderen vor der Kamera nicht denkbar. Endlich also würden wir einen RICHTIGEN Araber kennen lernen.
    Fast hätten wir die Geschichte verpasst, denn bei der Abfahrt um halb fünf Uhr früh fehlte Nick, der Lockere — er hatte verschlafen. Normalerweise ist dies ein Privileg von Erik, dem Stummen, den wir mehr als einmal wecken mussten. Das war nicht immer ganz einfach. Denn erstens hat er den festen Schlaf des erschöpften Athleten und zweitens musste man ihn erst mal finden, bevor man ihn wecken konnte. Als Tonmeister und Kameraassistent war er für das gesamte Gerät verantwortlich und hatte es deshalb immer in seinem Hotelzimmer untergebracht: ein Dutzend Metallkisten, Monitore, Ladegeräte, Batterien, Unterwasser-Ausrüstung und 100 Kilometer Kabel. Irgendwo dazwischen lag Erik und schlief — aber wo? Manchmal suchten wir eine ganze Stunde, denn das Chaos war unbeschreiblich. Wenn wir alle beim Frühstück saßen und einen verzweifelten Schrei von oben hörten, wussten wir jedesmal: Aha, jetzt hat das Zimmermädchen die Tür zu Eriks guter Stube geöffnet...
    Nick hatte sich ohne Such- und Weckdienst eingefunden, und dann ging es hinaus in die Wüste, die um diese Tageszeit tatsächlich so kalt und so feucht ist, wie es im Reiseführer steht; stellenweise herrschte dichter, deutscher Autobahnnebel. Aber es war wichtig, so früh vor Ort zu sein, denn das erste und intensivste Training der Falken findet gleich nach Sonnenaufgang statt.
    Es hat sich gelohnt — es wurde eine wunderschöne Geschichte: der Falke und die Sonne. Der Falke und seine beiden Betreuer, einer aus Ägypten, der andere aus dem Irak. Der Falke und sein indischer Tierarzt. Der Falke und die Taube, die er im Fluge fängt und danach sofort verspeisen darf. Der Falke und die Wüste. Der Falke und der Feuerstein.
    Aber leider nicht der Falke und sein Scheich. Der war gerade Ski fahren in Tirol.

Eine Frage der Ehre

    Drehplan vom Freitag, 20. Oktober, 09.00 — 12.00 Uhr:
    »Feuerstein besucht eine wohlhabende arabische Familie (Mercedes-Händler)«.
    Leider gab es die nicht. Das heißt, es gab sie schon — wahrscheinlich wimmelt es in den Emiraten nur so von Mercedes-Händlern samt ihren wohlhabenden Familien. Aber an die kamen wir privat nicht ran, da konnte Mr. Hamid noch so wild rumtelefonieren. Vielleicht hätte der Kauf von einem Dutzend gepanzerter Zwölfzylinder die Türen geöffnet, aber dazu war Wolpers wieder mal zu geizig.
    Als Ersatz hatte Nick aus seinem Bekanntenkreis einen Taxiunternehmer aufgetan. Der war zwar nicht gerade arm, aber auch nicht reich — höchstens ein einfacher Millionär, was in der Vermögensskala der Emirate die absolute Untergrenze von »wohlhabend« darstellt. Er hatte aber einen unschätzbaren Vorteil: Er war ein echter Araber. Und er war bereit, uns zum Essen einzuladen, das — entgegen allen Regeln der arabischen Gastfreundschaft — von uns selber finanziert wurde. Dafür durften wir drehen.
    Das typische arabische Familienhaus ist eine unbezwingbare Festung. Meist kann man es nicht einmal sehen, weil eine hohe Mauer jeden Einblick auf das Grundstück verwehrt. Das Bedürfnis nach ungestörtem, uneinsehbarem Privadeben ist enorm — wofür ich übrigens nicht nur Respekt, sondern auch viel Sympathie habe. Auch ich bin in dieser Hinsicht ein echter Araber und kommuniziere mit Besuchern am liebsten nur durch das Guckloch in der Tür; wenn ich trotzdem jemanden in die Wohnung lasse, bleibe ich immer stehen, in der Hoffnung, dass er dann schnell wieder geht. Meine erste Party im Jahre 1969 war auch meine letzte.
    Nur ein einziger Raum im arabischen Haus ist für den Besucher bestimmt. Durch die Haustür gelangt man direkt dort hinein, meist in einen großzügig angelegten Saal, je nach Grad des Wohlstands mehr oder weniger mit Kunst, Dekoration und Firlefanz versehen, aber nur karg möbliert. Dort sitzt, wartet,

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