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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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Würdenträgern und Behörden rennt man hier unweigerlich gegen Mauern und scheitert. Meistens schon an den Vorschriften, die es entweder gar nicht oder nur sehr verschwommen gibt. Spätestens aber an ihrer Auslegung. Da man als Kamerateam automatisch in die Kategorie unliebsamer Ruhestörer fällt, kommt man selber an die Entscheidungsträger des Landes gar nicht erst ran, sondern muss sich im Dauerstreit mit ausländischen Unterlingen zermürben, die aus nackter Angst, ihrem Chef auch nur unter die Augen zu treten, im Zweifelsfall ablehnend entscheiden. Und dieser Zweifelsfall herrscht IMMER.
    Es tat daher richtig wohl, in der Hotellobby einen Leidensgenossen zu treffen: Rolf Seelmann-Eggebert vom NDR, den Spezialisten für Herrscherhäuser und Hofberichterstattung aller Art im Ersten. Er war mit seinem Team auf allerhöchste Einladung gekommen, mit allerhöchsten Erwartungen für ein Gespräch mit Scheich Maktoum, kriegte aber keinen allerhöchsten Termin und wurde täglich neu vertröstet.
    Ich beäugte ihn nicht ohne Neid, denn sein Sendeauftrag erlaubte ihm den Luxus, im Hotel rumzuhängen, bis der Scheich ihn rief, eine Woche oder zwei, vielleicht sogar monatelang. Wir hingegen waren Zwangsarbeiter eines eisernen Reiseplans: 14 Tage und keine Stunde länger. Wenn bei uns eine Geschichte platzte, galt es eben eine andere zu finden... zwei brauchbare pro Tag waren das absolute MUSS, sonst hätten wir hinterher nicht genug Material für die Sendung. Und das zöge furchtbare Folgen nach sich: Wolpers wäre pleite, könnte mein Honorar nicht bezahlen und würde notgedrungen mein Sklave werden, und zwar bis zu meinem Tode, weil ihn mir nie im Leben jemand abkaufen würde.
    Nick konnte sich seine Lockerheit leisten, weil er als Reiseleiter in der Hierarchie ziemlich unten angesiedelt war: Er brauchte sich vor keinem arabischen Boss zu ducken, sondern hatte einen pakistanischen, Mr. Hamid — Betonung auf der zweiten Silbe —, der ungeheuer freundlich, besorgt und beflissen war, aber gleichzeitig ungeheuer machtlos. Sein Lieblingwort war »excellent«, hervorragend, vor allem, wenn was schief ging. Nick war mit ihm im Dauerkontakt, ständig klingelte das Handy, ständig fragte Mr. Excellent nach unseren Wünschen, er schien uns seine gesamte Arbeitszeit zu widmen, auch die Freizeit und die Nachtruhe — aber es kam nur selten was dabei heraus, und bei der Suche nach einem richtigen Araber als Gesprächspartner gar nichts.
    Da war zum Beispiel die Sache mit den Rennkamelen des Emirs, den schnellsten und edelsten Flitzern von ganz Arabien, Hunderttausende von Dollar wert. Sie leben in klimatisierten Ställen, kriegen dreimal täglich Öko-Vollwertkost und haben statt Tierpflegern Butler, von denen sie massiert werden und die Zähne geputzt kriegen — mit anderen Worten: Sie haben es besser als Schumi. Der hat das zwar alles auch, aber zusätzlichen Arger mit den Reifen.
    Versteht sich von selbst, dass wir auf diese Geschichte scharf wurden: der Alltag eines Rennkamels — ich würde alles mitmachen, die Pflege, das Training, ein bisschen Wettlauf und was man sonst von einem Wunderhengst verlangt, mit Ausnahme der künstlichen Besamung natürlich.
    Aber wir durften nicht einmal in ihre Nähe. Ein gutes Jahr vor uns hatte nämlich schon einmal ein Team aus Deutschland hier gedreht und das gesamte Material an Tierschützer weitergegeben, die es seither benutzen, um den Kamel-Rennsport mies zu machen. Dadurch war man misstrauisch geworden und befürchtete in uns einen neuen Einschleichversuch von Enthüllungsjournalisten.
    So ein Schwachsinn! Wo ich doch eindeutig auf der Seite der Kamelrennen bin: Weniger Lärm, weniger Tote und statt schädlicher Auspuffgase nur ein paar Kamelfürze, die ich persönlich sowieso viel lieber rieche. Wahrscheinlich hielten sie mich hauptsächlich deshalb für einen Tierschützer, weil ich an diesem Tag ausnahmsweise mal nett zu Wolpers war. Auf alle Fälle wurden wir rigoros abgewiesen, auch wenn sich Mr. Hamid, der uns diese Geschichte selber empfohlen hatte, den Mund schaumig telefonierte.
    Wenn es mit Rennkamelen nicht klappt, wollten wir es wenigstens mit Rennbooten versuchen. Denn zufällig fand in Dubai gerade eine Offshore-Meisterschaft statt, und weil die Küste mit ihren Salzsümpfen und der vorgelagerten Inselwelt aus Sanddünen und Riffbarrieren spektakuläre Bilder versprach, fand ich trotz meiner innigen Abscheu vor dem Wasser die Idee, im Rennboot durch den Arabischen Golf zu

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