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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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redet und speist man, natürlich nur die Männer unter sich, Frauen nimmt man gar nicht erst mit. Und dort verweilt man auch bis zum Schluss. Nur den allerengsten Verwandten ist es gestattet, weiter ins Haus vorzudringen.
    Der Empfangssaal unseres Gastgebers war eine Art Garage, aber nicht so gemütlich: ein leerer, weißgetünchter Raum, mit Teppichen ausgelegt, viele Kissen rundherum, aber weder Stuhl noch Tisch. Fünf Gäste und fünf Gastgeber — das Team mit Nick auf der einen Seite, Hausherr, Bruder, Onkel, Schwager und Vater auf der anderen. Gesüßte Datteln wurden gereicht, der traditionelle Willkommensgruß in der Wüste, gefolgt von meiner Dankesrede, die bei den Angesprochenen immer Begeisterung und Entzücken hervorruft, bei meinem ungebildeten Team aber nur verdrehte Augen und Brechreiz: »Wir sind gekommen, um zu lernen, bla-bla-bla.« Dann hockten wir uns auf den Boden und blickten einander erwartungsvoll an.
    Nun fällt uns westlichen Sesselmenschen längeres Sitzen auf dem Boden grundsätzlich schwer; ab dem 50. Lebensjahr oder dem 80. Gewichtskilo wird es dann richtig zur Qual, egal, wie viel Kissen man sich hinter, neben oder unter den Hintern schiebt. Ein paar Bierchen hätten enorm geholfen, und in Dubai wäre das auch überhaupt kein Problem gewesen. Aber das Haus stand gerade ein paar Meter jenseits der Grenze, in Sharjah, und da wacht Allah über Nüchternheit, auch wenn der Rücken noch so schmerzt.
    Alle Viertelstunde gab es ein leichtes Gepolter an der Pforte zum Familienleben; dann ging der Hausherr hinaus und kam mit einem neuen Gericht wieder. Das Essen war endlos, üppig und nicht allzu exotisch, so dass sogar Wolpers hin und wieder an einem Salatblatt nagte. Mit Apfelsaft und Fanta prosteten wir uns lächelnd zu. Auf die Völkerfreundschaft.
    Natürlich hätte dabei immer noch eine hübsche Geschichte rauskommen können: Besuch bei einer typischen Familie mit ihren Sorgen und Nöten am Wüstenrand. Aber erstens kriegt man die Familie nicht zu sehen und zweitens hat man in den Emiraten weder Sorgen noch Nöte. Also machten wir Konversation. Wir redeten über Allradantrieb, Meerwasserentsalzung und den Anbau von Kartoffeln im Sand und litten unsäglich unter Langeweile und Knochenschmerzen.
    Schon nach wenigen Minuten war klar: Für unseren Film war diese Geschichte unbrauchbar. Stephan und Wolpers haben für so einen Fall ein Geheimzeichen: Aus Höflichkeit läuft dann zwar die Kamera weiter, aber ohne Band. Ich wette, dass sie das hin und wieder auch bei mir machen, aber das Zeichen dafür habe ich noch nicht rausgekriegt.
    Mit Krämpfen in den Beinen humpelten wir irgendwann zum Auto. Nick hatte es nett gemeint und die Leute waren ja auch ganz rührend, aber das Ganze war verlorene Liebesmüh.
    Bei der Abendbesprechung überlegten wir bereits, einen echten Araber aus Deutschland einfliegen zu lassen, vielleicht vom Studenten-Schnelldienst oder aus dem Komparsenverzeichnis einer Filmproduktion. Aber dann hatte Mr. Hamid doch noch einen für uns. Und was für einen!
    Scheich Ahmed ist einer der ganz Wichtigen in Dubai: Mitglied des Wirtschaftsrates, Chef der Emirats-Fluglinie und Tourismusminister. Ein Bilderbuch-Araber im handbestickten Dishtlasha, das Bärtchen ebenso gepflegt wie sein Oxford-Englisch, die perfekte Kombination von Wüstensohn und Gentleman, der fleischgewordene Lusttraum in der Haremsfantasie Millionen deutscher Hausfrauen.
    Mit dem ging ich Golf spielen!
    Der Emirates Golf Club ist ein weiterer Beweis dafür, dass man — entgegen unserer moralistischen Hoffnung — mit Geld doch alles machen kann. Mit Hilfe von täglich fünf Millionen Litern Wasser wurde aus einem Stück lebensfeindlicher Sandwüste ein tropischer Naturpark erzaubert, mit Blumen, Bäumen, Tieren und einem Rasen, der Halm für Halm mit der Nagelschere gestutzt zu werden scheint. Er gilt als einer der edelsten der Welt und ist bestimmt der gepflegteste — jedenfalls bis zu dem Augenblick, an dem ICH darauf herumgebolzt habe. Aber Gras wächst ja nach.
    Er war ein verdammt guter Spieler, das merkte ich schon beim ersten Loch, aber mich reizen Herausforderungen, und deshalb schlug ich vor, um Geld zu spielen. Und da ich nicht kleinlich bin, knallte ich 20 Dollar hin. Mein Kumpel, der Scheich, hatte nichts Bares dabei — typisch für Milliardäre —, und setzte deshalb seine Rolex dagegen. Leider verlor ich, aber was soll’s, das war eben mein Beitrag, dass die Ölpreise damals ein Weilchen stabil

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