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Feuersturm: Roman (German Edition)

Feuersturm: Roman (German Edition)

Titel: Feuersturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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den Rändern auszufransen, und wurde auseinandergerissen wie eine Pusteblume vom Atem eines Kindes. Als sie inhalierte, fühlte sie kalten Rauch durch ihre Kehle gleiten und sich in der Tiefe ihrer Lunge sammeln. Er schmeckte nach Staub. Der Geist heulte, als er zerfetzt und verschlungen wurde.
    Neben ihr schwang Charon Kerberos’ Leine über dem Kopf. Mit einem verstörenden Rasseln traf sie die Kehle des anderen Samurai. Charon zog ihn zu sich heran und riss ihm einen Molch aus der Hand, während Sparky sich im Schwertarm des Samurai verbiss. Der Fährmann versetzte dem japanischen Krieger einen gemeinen Tritt gegen die Rüstung, der ihn unter lautem Klappern zurücktaumeln ließ. Die Kette löste sich. Charon holte wieder aus und schlug erneut zu, hart genug, ihm den Helm vom Kopf zu reißen. Gleichzeitig stürzte sich Sparky auf den Geist, um ihm die Kehle herauszureißen. Als der Samurai zu Boden ging, verblasste er wie ein überbelichtetes Foto, ehe er sich endgültig in der Dunkelheit auflöste.
    Bernie, der mit beiden Händen unbeholfen das Schwert umklammerte, stellte sich Anya in den Weg. Er holte aus, schlug zu, und sie wehrte den Hieb mit dem gepanzerten Ellbogen ab.
    »Tut mir leid, Bernie.« Anya packte sein Handgelenk, und ihr Atem rasselte in ihrer Kehle. Sie fühlte, wie das Ektoplasma, aus dem Bernies Geistergestalt geschaffen war, in ihrem Griff so weich wurde wie Wachs in der Sommersonne.
    Bernie heulte. Das Schwert fiel klappernd zu Boden. Anya ließ nicht nach. Und sie ließ auch nicht nach, als ihre Finger und ihr Atem sich durch seine Haut fraßen. Er schmeckte nach Kohle und allerlei verbrannten Dingen, als er sich in ihrer Kehle auflöste.
    Eine zweite Reihe Geister drängte bereits hinter der ersten heran. Anya erkannte die bestickten Röcke der böhmischen Mädchen aus dem Museum, deren Hände in der Nähe ihres Gesichts durch die Luft schlugen.
    Anya griff nach ihnen, griff nach ihnen mit ihren Händen und der schwarzen Leere in ihrer Brust. Zart wie Schmetterlinge flatterten sie in ihren Hals und lösten sich schreiend auf. Hunderte von Jahren gelebter Geschichte verstummten in einem Atemzug.
    Ein Atemzug.
    Und noch einer.
    Sie griff nach den Geistern, die Molche schwebten vor ihr wie eine orangefarbene Feuerwand. Von links hörte sie das Rasseln von Charons Kette, von rechts Sparkys Knurren. Und sie griff nach den Geistern in der nächsten Reihe.
    Einige kannte sie. Einige nicht. Sie erkannte Katies prachtvollen Ägypter; er zerfiel wie Sand, als sie ihn berührte, schmeckte wie Myrrhe, als sie ihn verschlang. Sparky zerfleischte einen Mann in der Uniform eines Postboten. Briefe flatterten aus seinem Postsack wie weiße Vögel aus dem Zylinder eines Zauberers, nur um sich gleich darauf in Schwärze aufzulösen. Der verrückte Alte aus dem Museum kraxelte auf Anya zu und schwang drohend seinen Stock. Anya ballte die Fäuste und duckte sich. Obwohl seine Augen trüb waren, erkannte sie einen Funken unabhängiger Willenskraft an ihm. Aber vielleicht war es auch nur Wahnsinn.
    »Ischtar« , fauchte er. »Hüte dich vor Ereschkigals Gift.«
    Anya runzelte die Stirn. Der alte Mann lebte immer noch in der Welt seiner Mythen. Er schlug erneut mit seinem Stab nach ihr. Anya wehrte ihn ab. Als sie ihn verschlang, schmeckte sie etwas Bitteres, beinahe wie frische Erde und Zwiebeln.
    Immer weiter drang sie vor und verschlang Geist um Geist. Aber sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Luft immer dicker wurde, dass sie immer flacher atmete. Ihre Lunge schmerzte, als sie sich durch die Geister arbeitete und sie auseinanderriss wie Zuckerwatte. In der physischen Welt verschlang sie vielleicht zwei Geister im Monat – hier waren es mehr Geister als in ihrem ganzen Leben. Und sie fühlte, wie ihr Körper anfing, sich zu wehren, wie er unter der Anstrengung zu schmerzen begann.
    »Anya!«
    Charons Stimme traf sie wie ein Peitschenschlag, und sie drehte sich um, aber sie reagierte einen Moment zu spät. Etwas prallte auf ihre Rüstung und schleuderte sie zu Boden wie eine Blechbüchse. Der Geschmack von Blut lag auf ihrer Zunge.
    »Was zum Teufel …?«, ächzte sie, hielt sich die Schulter und drehte sich zur Seite, nur um Charons Stiefel direkt neben ihrem Kopf zu erblicken.
    Sein Körper zuckte, während er über ihr stand, und sie konnte ihn murmeln hören: »… zwei, drei …«
    Als sie an ihm vorbeiblickte, erkannte sie die Wachmänner aus dem Museum, die, wie im Leben, mit

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