Feuersturm: Roman (German Edition)
wartete, bis sie an der Reihe war, und bereitete sich auf den Absprung vor …
… als sie wenige Meter entfernt ein vertrautes Gesicht erblickte und ihr Herzschlag stockte.
Ciro.
Er saß nicht in seinem Rollstuhl, und sie hätte ihn beinahe übersehen. Stattdessen spazierte er umher, gewandet in einen perfekt gebügelten Anzug mit einem gestärkten Hemd und einer roten Fliege. Eine wunderschöne junge Frau, gekleidet wie in den Zwanzigern, hing an seinem Arm: Renee. Renee stellte sich auf die Zehenspitzen, um Ciro zu küssen, und ihr Gesicht leuchtete wie der Mond.
Gemeinsam ließen Renee und Ciro den Bahnsteig hinter sich. Der Geisterzug erfasste das Paar nur einen Augenblick, bevor er auch Anya mitnahm.
Anya erwachte, aber nicht in der brausenden Schwärze des Zuges, sondern in blendend hellem, weißem Licht.
»Au«, murmelte sie und versuchte, sich umzudrehen, doch ein stechendes Gefühl in ihrem Arm behinderte sie. Ihre Finger schlossen sich um einen Infusionsschlauch aus Plastik, und als sie wieder etwas sehen konnte, fand sie sich im kalten Licht einer Neonlampe wieder. Sie roch Desinfektionsmittel und hörte das Piepen medizinischer Geräte.
Eine Hand lag schwer auf ihrer Stirn. Blinzelnd blickte sie auf und sah Brian, der sich über sie beugte.
»Hey, du«, sagte er.
»Hey«, flüsterte Anya. Ihre Kehle war trocken und so rau, als hätte sie Bleichmittel getrunken. Sie fragte sich, ob das an den Geistern lag, die sie verschlungen hatte, nahm aber an, dass es ebenso gut durch einen Atemschlauch ausgelöst worden sein könnte. Sie sah sich mit den Augen um und erkannte, dass Sparky zwischen Bettgitter und ihrem Bein neben ihr in dem Krankenhausbett lag. Den Kopf zwischen den Vorderpfoten sah er sie an, und sein Schwanz zuckte sacht hin und her. Sie kraulte seine Kiemenwedel, und seine Zunge schlängelte sich aus seinem Maul.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
»Renee hat uns gesagt, dass du auf die astrale Ebene gereist bist, also haben wir gewartet, stundenlang. Und dann … dann hast du aufgehört zu atmen. Wir haben dich zurückgeholt, aber du warst ganze fünf Minuten weg.«
Anya strich mit der Hand über den Krankenhauskittel. Ihre Brust schmerzte, und sie nahm das kratzige Gefühl der Verbände wahr, die auf ihrer Haut klebten. »Was ist das alles?«
Brian runzelte die Stirn, und ihr fielen die dunklen Ringe unter seinen Augen auf. »Als du … fort warst, haben wir Brandgeruch bemerkt. Max hat die Bar durchsucht, aber dann haben wir festgestellt … dass er von dir kam. Deine Haut hatte Blasen geworfen. Sie hat gebrannt.« Er nahm die Brille ab und rieb sich müde die Nasenwurzel. »Wir haben dich mit Wasser übergossen. Jules hat es mit dem Feuerlöscher versucht, aber du hast weiter … geglüht. Und dann … dann hast du aufgehört zu atmen.« Seine Stimme klang heiser.
Anya griff nach seiner Hand. »Es ist alles in Ordnung. Ich bin ja wieder da.«
Er klappte den Mund auf, um noch etwas zu sagen, als der Pastellvorhang um Anyas Bett herum zurückgezogen wurde. Marsh, angetan mit einem leicht verknitterten Hemd und einer gelockerten Krawatte, nickte ihr zu. Anya fragte sich, wie lange er schon gewartet hatte. Für seine Verhältnisse war dieses Auftreten bemerkenswert unordentlich.
»Kalinczyk. Die diensthabende Schwester sagte mir, Sie seien wach.« Seine Stimme klang so nüchtern und sachlich wie immer.
»Danke für Ihren Besuch, Captain«, krächzte sie.
»Ich dachte, Sie wären an Neuigkeiten interessiert. Wir haben Hope gefunden.«
Anyas Finger umklammerten die Gitterstäbe des Betts. »Wo?«
»Wir haben den Laster vor ihrer Hauptniederlassung entdeckt und sie im Keller gefunden. Sie hat tot in der Büchse der Pandora gesteckt.« Marsh verzog das Gesicht. »Wir haben keine Ahnung, wie sie da hingekommen ist. Oder wie die Büchse der Pandora da hingekommen ist.«
Anya schluckte. Dieser Pithos war ein Bestattungsgefäß. Die Ironie, dass Hope ausgerechnet in ihm gefunden worden war, entging Anya nicht. »Wie ist sie gestorben?«
»Die Gerichtsmedizinerin, Gina, meint, sie hätte einen Schlaganfall gehabt. Aber wir wissen nicht, wie sie in das Ding gekommen ist.«
Anyas Fingernägel gruben sich in ihre Handflächen. »Ist die Büchse wieder im DIA?«
»Ja, aber die sind nicht sehr glücklich damit. Sie wurde beschädigt – hat einen Riss wie die Liberty Bell. Ich schätze, sie werden Wunder für die Massen verklagen, um sich von denen die Restaurierungskosten
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