Feuersuende
plötzlich unter Strom stand. Nur war es dieses Mal viel stärker als vorhin.
Izanami ließ ihre Hand sinken. Dann wandte sie sich an Alastor und sagte: „Das geht nicht. Ich kann es nicht tun.“ Im nächsten Augenblick nahmen die Shikome sie in die Mitte, sodass sie von allen abgeschirmt war.
„Verfluchte Scheiße“, fluchte Dagan.
„Das kann man so sagen“, meinte Alastor und blickte mit gerunzelter Stirn den abziehenden Shikomen nach.
In diesem Stil ging es weiter, während sie sich zu einem freien Platz am Flussufer begaben. Lokan sprach mehrere von den niederen Gottheiten an, mit denen er freundliche Beziehungen gepflegt hatte, während er Sutekhs Gesandter gewesen war. Bei jedem deutete er sein Interesse an, in dessen Dienste zu treten. Aber die Reaktion war jedes Mal dieselbe. Jeder berührte Lokan in der Weise, wie es Asmodeus und Izanami getan hatten, und lehnte dankend ab.
Eine Weile später landete ein weiteres Boot. Dieses hatte Isis an Bord. Lokan blieb stehen und beobachtete sie, wie sie aus dem Kahn stieg. Ihr weißes Gewand wogte mit jedem ihrer Schritte. Das nachtschwarze Haar fiel ihr auf die Schultern. Der Anblick schmerzte Lokan wie ein Stich ins Herz, denn er mussteautomatisch an die Bilder von der letzten Pforte denken, an der er Bryn hatte zurücklassen müssen, als sie sich schloss.
Direkt hinter Isis stand ein schlanker, muskulöser Mann mit dem Kopf eines Falken. Noch während Lokan ihn ansah, veränderte er sein Aussehen. Aus dem Falkenkopf wurde der Kopf eines gut aussehenden jungen Mannes mit dunklem Haar und dunklen Augen. Es war Horus, den Isis von ihrem Bruder und Gemahl Osiris empfangen hatte, nachdem sie diesen wieder zum Leben erweckt hatte.
Majestätisch erschien als Nächster Osiris.
„Ich hatte nicht damit gerechnet, ihn hier zu sehen“, flüsterte Malthus. „Zum ersten großen Treffen ist er nicht gekommen.“
Das verwunderte Lokan nicht weiter. Osiris war dafür bekannt, dass er nur ungern seine gewohnte Umgebung verließ und das auch nur tat, wenn es nicht zu vermeiden war. Offenbar gehörte dieses Treffen zu denen, die er nicht versäumen wollte, und das fand auch Lokan erstaunlich.
Kurz nachdem Osiris das Ufer betreten hatte, drehte er sich um und starrte auf den Fluss. Sein hasserfüllter Blick sagte alles, und Lokan brauchte gar nicht hinzusehen. Er wusste auch so, was los war.
Sutekh war eingetroffen.
Sutekh kam in Begleitung nur eines einzigen Seelensammlers. Es war Kai Warin, derjenige, den er jüngst zu seinem neuen Adjutanten erkoren hatte.
Lokan kannte Kai, und er schätzte ihn, was es ihm allerdings nicht leichter machte, ihn jetzt an Sutekhs Seite zu sehen. Dabei hatte Kai kaum eine andere Wahl gehabt. Für ihn hieß es, diesem Ruf zu folgen oder ausgelöscht zu werden. Und nach dem, was seine Brüder ihm berichtet hatten, hatte Kai einen guten Grund, an seiner Fortexistenz zu hängen. Er war seit einiger Zeit mit einer Tochter des Asmodeus liiert. Interessant war für Lokan diese Neuigkeit auch deshalb, weil er bis dahin noch nicht einmal wusste, dass Asmodeus eine Tochter hatte.
Lokan wandte sich ab und ordnete seine Gedanken. Jetzt war keine Zeit mehr zu verlieren. Er machte die Runde bei den verschiedenen anderen Göttern und vermied dabei jeden Blickkontakt zu seinem Vater, denn er war sich nicht sicher, ob er sich dann noch im Zaum halten konnte.
Endlich sah er ihm doch ins Gesicht, wobei er seine Aggressionen hinter einer undurchdringlichen Maske kühler Gleichgültigkeit verbarg. Sutekh, der sich sein äußeres Erscheinungsbild nach Belieben aussuchen konnte wie andere ihre Anzüge, hatte sich heute für eine menschliche Gestalt entschieden, die wirkte wie eine Mischung aus dem Aussehen von dreien seiner vier Söhne, eine Mischung aus Dagan, Alastor und Lokan. Und das brachte Lokan das Blut zum Kochen. Trotzdem ließ er sich nichts anmerken. Er war nicht bereit, Sutekh auch nur das Geringste von sich preiszugeben
„Fang an“, sagte Sutekh mit einer lässigen Geste in Lokans Richtung, als sei der irgendein hergelaufener Bittsteller, dem Sutekh die Gnade einer Audienz gewährte. Wenn hier einer nach allem, was er getan hatte, einen Gnadenakt nötig hatte, war er es, Sutekh.
Zorn flammte in Lokan auf. Er war wütend auf alles, was Sutekh sich hatte zuschulden kommen lassen. Am meisten jedoch hasste er seinen Vater dafür, dass allein seinetwegen Bryn dieses ungeheure Opfer hatte bringen müssen. Lokans lodernder Zorn entlud sich in
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