Feuertango
Visitenkarte in die Hand und küsste sie kurz auf den Mund. „Ich hoffe, du rufst nicht an und sagst unsere Verabredung ab, Alexis. Schenk mir den einen Abend. Mehr verlange ich nicht.“ Sie hatte mit Viola und Keith ihre Mobilnummer ausgetauscht, doch auf der Karte standen eine Reihe Nummern, unter der sie Keith erreichen konnte. Noch eine kurze Berührung seiner Lippen an ihrer Schläfe, und dann war er fort.
Ihre Hand zitterte dermaßen, dass sie drei Anläufe benötigte, ehe sie es schaffte, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Atemlos verharrte sie in der Sicherheit ihres kleinen Flurs. Ihre Wohnung verfügte über einen eigenen Eingang, und sie musste eine schmale Treppe hochgehen, um in den eigentlichen Wohnbereich zu gelangen. Sie kickte die Schuhe von den Füßen, erklomm die Stufen, so schnell es ihr Knie erlaubte, und holte die angebrochene Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank. Sie kühlte jeden Wein, egal, ob sich das gehörte oder nicht. Und es war ihr Einerlei, dass es kaum Mittag war. Sie brauchte diesen Wein.
Stöhnend fiel sie auf die helle Couch und trank das Glas in zwei Schlucken aus. Was hatte sie getan? Sie hatte Trevor den Laufpass gegeben, auch wenn sie es ihm noch sagen musste, ein starker Ritter ohne Rüstung hatte sie gerettet, sie hatte eine herrliche Geburtstagsfeier zelebriert, bei Menschen, die sie erst kurz vorher kennengelernt hatte. Und zuletzt hatte sie voyeuristische Neigungen an sich entdeckt.
Und Keith! Er hatte alles andere überstrahlt. Sie musste ihn unbedingt wiedersehen, betrachtete allerdings alarmiert die Rötungen auf ihren Handgelenken. War sie nicht zu leichtsinnig? Trevor hatte sie nicht vertraut, und jetzt wollte sie einem fast fremden Mann ihr ganzes Vertrauen schenken. Doch bei Keith hegte sie keinerlei Bedenken, und sie verstand sich selbst nicht.
Die Situation war so kompliziert. Daher sollte sie sich ans Werk machen und das Gewusel entwirren. Trevor war der erste Schritt. Sollte sie ihn auf der Arbeit anrufen? Fahren konnte sie nicht, dazu fühlte sie sich zu angetrunken.
Der Türgong riss sie aus ihren Gedanken. Instinktiv ahnte sie, dass es nicht mehr nötig war, Trevor anzurufen. Beherzt lief sie die Treppe hinunter und öffnete die Tür, die sie ihm am liebsten sofort vor der Nase zugeknallt hätte. Sie hasste diesen geringschätzigen Ausdruck in seinen Augen, der sich in etwas Bösartiges verwandelte. In diesem Moment hatte sie Angst vor ihm. Alexis straffte die Schultern, als sie zur Seite trat, damit er reinkommen konnte. Sie konnte ihm kaum auf ihrer Türschwelle den Laufpass geben. Das verdiente selbst Trevor nicht.
Er lief vor ihr die Stufen hoch, marschierte zu einem der drei Fenster in ihrem Wohnzimmer und sah nach draußen. „Wenn du dich bei mir entschuldigst, bin ich bereit, dein Verhalten zu vergessen.“
Alexis traute ihren Ohren nicht, starrte auf seinen Rücken und war froh, dass er es ihr so einfach machte.
„Trevor, ich beende die Beziehung zu dir.“ Sie sah, dass er sich versteifte, bevor er sich umdrehte. „Mir ist gestern bewusst geworden, dass ich dich seit langer Zeit nicht mehr liebe.“
Dich nie geliebt habe.
Trevor wurde kreidebleich, und dann sah er sie mit einem dermaßen kalten Zorn an, dass sie instinktiv zurückwich. „Bist du von Sinnen?“
„Es tut mir leid.“
„So dankst du es mir, dass ich dich aus der Gosse gezogen habe wie eine Maus, die sich in ein Rattenloch verirrt hat!“
Er brüllte die Worte, und sie schreckte zusammen. Auf einmal wirkte er wie ihr Vater, schien sie bedrohlich zu überragen, sodass sie fürchtete, er würde sie schlagen. Seine Wangenmuskeln zuckten, und er schubste sie, als er an ihr vorbeilief. Er knallte die Tür so hart ins Schloss, dass eine Glasscheibe zersprungen wäre, würde sich eine in ihr befinden. Alexis packte die Weinflasche, trank direkt aus ihr, weil ihre Finger zu sehr zitterten, um ein Glas zu füllen. Sie stürzte nach unten und schloss die Tür doppelt ab. Alexis hatte niemanden, den sie kontaktieren konnte. Die Karte von Keith lag auf ihrem Wohnzimmertisch, aber sie unterdrückte das Verlangen, ihn anzurufen. Dazu kannte sie ihn nicht gut genug. Er würde ihr hysterisches Gestammel kaum gutheißen. Sie hatte eine tiefe Furcht vor Trevor verspürt, ahnte, dass er sich nur mit Mühe zurückgehalten hatte. Anscheinend war es ihm bis jetzt gelungen, diese Facette seiner Persönlichkeit vor ihr geheim zu halten. Oder bildete sie sich alles nur ein?
Alexis
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