Feuertango
würden dunkle Wolken den Himmel verdüstern und ein eisiger Wind über seinen ungeschützten Körper wehen.
„Nein, ich, ich …“
Hazel brach in Tränen aus. „Ich habe vorgestern das hier gefunden.“ Sie zog einen Umschlag aus ihrer Hosentasche. „Ein Brief von Grace.“
„Hazel, warum hast du nichts gesagt? Wo hast du ihn her?“ Sean zog sie in seine Arme und wechselte mit Keith einen grimmigen Blick.
„Ich wollte Keiths Geburtstag nicht verderben. Und ich konnte nicht darüber reden. Ich musste es erst verdauen. Grace war von einem der Vergewaltiger schwanger, hat das Kind zum Glück verloren. Doch irgendwie hat es ihr den Rest gegeben und …“ Sie holte zitternd Luft. „Ich fand den Brief in einem ihrer Bücher. Es ist ein weiterer Abschiedsbrief. Wahrscheinlich wollte sie, dass ich ihn nicht sofort finde.“
Betroffen schwiegen sie. Sean presste so fest den Kiefer aufeinander, dass die Muskeln in seinen Wangen zuckten. Keith überkam das Bedürfnis, etwas zu zerreißen, den Schuldigen die Kehlen durchzuschneiden, nachdem sie unzählige Male das Tal der Tränen durchschritten hatten.
„Keith, fahr du.“ Sean öffnete die Tür und setzte sich, dann zog er Hazel auf die Rücksitzbank. Keith stieg ein, umfasste das Steuer so hart, dass seine Knöchel weiß hervorstanden. Bis zum heutigen Tag war es weder ihnen noch den Cops gelungen, an die Hintermänner ranzukommen, die sich das Vertrauen von devoten Frauen erschlichen, nur um sie zu zerbrechen. Grace, Hazels beste Freundin, war in ihre Fänge geraten und hatte sich umgebracht, weil sie die Abscheulichkeiten, die sie ihr angetan hatten, nicht verarbeiten konnte. Die Ratten waren geschickt vorgegangen, und zu den Spielen hatte Grace zuerst ihre Einwilligung gegeben, doch sie hatten die Grenze überschritten und nicht nur Grace systematisch zerstört. Vielleicht sollten sie sich noch einmal mit Gregory beraten. Er vermochte jedes Detail über einen Menschen herausfinden, selbst Dinge, an die sich die betroffene Person nicht mehr erinnerte. Oder mit Timothy reden. Der Detektiv und Inhaber einer Securityfirma arbeitete oft für den Federzirkel .
Hazel beruhigte sich zum Glück schnell, denn zu oft hatte sie in der Vergangenheit geweint. Keith konnte das nicht von sich behaupten. Die stille Wut, die er empfand, brauchte ein Ventil. Wenn er etwas hasste, dann war es machtlos zu sein, so wie er es als Kind gewesen war. Er atmete erleichtert auf, als das Sadasia in Sichtweite kam. Dies war ihr Zuhause, der Ort, an dem Sean, Hazel und er wohnten. Die beiden Menschen, die ihm am meisten bedeuteten. Es war ihre gemeinsame Burg der Sicherheit. Vino verbrachte den heutigen Tag bei den Sullivans. Er vermisste das charmante Ungeheuer bereits jetzt, denn seine Anwesenheit war aufmunternd und beruhigend. Eine lange Wanderung wäre jetzt genau das Richtige, um seinen ohnmächtigen Zorn unter Kontrolle zu bringen.
Keith fuhr in die Scheune, die ihnen heutzutage als Garage diente, und schaltete den Motor aus.
„Ich bringe Hazel ins Bett. Komm, Dolcezza. Du brauchst Ruhe.“
Sie knuffte ihm auf den Oberarm.
„Brennt dein Arsch noch nicht genug?“, fragte er lachend. Doch Keith wusste, wie es wirklich in ihm und auch in Hazel aussah, die bereitwillig auf das Necken einging, um wenigstens ein bisschen Frieden zu finden.
Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Keith ist nicht mehr der Jüngste, und sein Arm hat etwas an Kraft verloren.“
„Komm, du Biest, ehe der Wombat dich eines Besseren belehrt. Keith, wir treffen uns gleich in der Küche.“ Eng umschlungen liefen die beiden ins Haus. Hazel brauchte Sean nur anzusehen, um sich sofort glücklicher zu fühlen, das hatte Keith oft beobachtet. Und blickte man hinter die raue Schale von Sean, erwartete einen dort ein einfühlsamer Mann, aber auch ein Master, der sehr erfahren, gewissenhaft und integer war.
Das Gesicht von Alexis tanzte tröstlich sowie verführerisch vor seinen Augen. Ob sie sich traute, ins Sadasia zu kommen, nachdem er mit ihr gesprochen hatte? Was sollte er tun, wenn sie doch absagte? Er könnte es verstehen. Viele Frauen und Männer setzten BDSM mit Gewalt gleich, bei dem es nur darauf ankam, einen Partner zu unterdrücken und seelisch zu vergewaltigen. Dabei war es eher das Gegenteil, und bei den meisten Paaren, die Spaß an Dominanz und Unterwerfung hatten, hörte das Machtgefälle an der Schlafzimmertür auf. Er vermutete, dass ihr Erlebnis mit Trevor alles andere als
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