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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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dich und verlangsamen den Marsch. Du erwartest von niemandem Hilfe und hast selbst nicht vor, auf jemanden Rücksicht zu nehmen. Außerdem liebst du die Einsamkeit. Habe ich noch etwas zu erwähnen vergessen?«
    »Freilich«, erwiderte Geralt zornig. »Du hast vergessen, deinen leeren Kopf gegen einen einzutauschen, der ein Hirn enthält. Wenn jener Pfeil einen Zoll weiter rechts gekommen wäre, du Idiot, würden dir in diesem Augenblick die Krähen die Augen aushacken. Du bist Dichter, hast Phantasie, versuch, dir dieses Bild vorzustellen. Ich wiederhole: Ihr kehrt nach Norden zurück, ich breche in die Gegenrichtung auf. Allein.«
    »Dann reit doch.« Milva stand federnd auf. »Denkst du, ich bitt dich? Zum Teufel mit dir, Hexer. Komm, Rittersporn, wir machen uns irgendwas zu essen. Ich hab Hunger, und wenn ich den hör, wird mir übel.«
    Geralt wandte den Kopf ab. Er beobachtete die grünäugigen Kormorane, die ihre Flügel in der Krone des vollgeschissenen Baumes trockneten. Plötzlich nahm er einen starken Kräutergeruch wahr und begann wütend zu fluchen.
    »Du treibst Schindluder mit meiner Geduld, Regis.«
    Der Vampir, der wer weiß wie und woher aufgetaucht war, machte sich nichts daraus, er setzte sich nahebei hin. »Ich muss dem Dichter den Verband wechseln«, sagte er ruhig.
    »Dann geh zu ihm. Von mir halte dich fern.«
    Regis seufzte, offensichtlich nicht gewillt wegzugehen. »Ich habe vorhin dein Gespräch mit Rittersporn und der Bogenschützin mitangehört«, sagte er ohne Spott in der Stimme. »Ich muss gestehen, du hast ein echtes Talent, Leute für dich zu gewinnen. Obwohl sich die ganze Welt gegen dich zu stellen scheint, machst du dir nichts aus Gefährten und Verbündeten, die dir helfen wollen.«
    »Die Welt steht kopf. Ein Vampir will mich lehren, wie ich mit Menschen umzugehen habe. Was weißt du von Menschen, Regis? Das einzige, was du kennst, ist der Geschmack ihres Blutes. Verdammt nochmal, habe ich angefangen, mit dir zu reden?«
    »Die Welt steht kopf«, gab der Vampir zu, durchaus ernst. »Du hast angefangen. Vielleicht willst du dann auch einen Rat hören?«
    »Nein. Will ich nicht. Ich brauche keinen.«
    »Richtig, das hätte ich beinahe vergessen. Rat brauchst du keinen, Verbündete brauchst du nicht, ohne Reisegefährten kommst du auch aus. Das Ziel deiner Expedition ist ja ein persönliches und privates Ziel, mehr noch, das Wesen dieses Ziels erfordert, dass du es allein, persönlich verwirklichst. Risiko, Bedrohung, Mühe, der Kampf mit dem Zweifel müssen auf dir lasten und ausschließlich auf dir. Denn sie sind ja Teil der Buße, der Erlösung von Schuld, die du erlangen willst. So eine Art Feuertaufe. Du wirst durch das Feuer gehen, welches versengt, aber auch reinigt. Allein, einsam. Denn wenn dir jemand dabei beistehen würde, dir helfen, auch nur einen kleinen Teil von dieser Feuertaufe, diesem Schmerz, dieser Buße auf sich nähme, dann würde er dich damit ärmer machen. Er würde dich um den Teil der Sühne bringen, der ihm für die Mitwirkung zusteht, dabei ist das doch ausschließlich deine Sühne. Ausschließlich du bist es, der eine Schuld abzutragen hast; du willst sie nicht bezahlen, indem du dich gleichzeitig bei anderen Gläubigern verschuldest. Ist mein Gedankengang logisch?«
    »Geradezu erstaunlich für jemanden, der nüchtern ist. Deine Anwesenheit reizt mich, Vampir. Lass mich allein mit meiner Sühne, bitte. Und mit meiner Schuld.«
    »Unverzüglich.« Regis stand auf. »Bleib sitzen, denk nach. Aber einen Rat gebe ich dir doch. Das Verlangen nach Sühne, einer reinigenden Feuertaufe, Schuldgefühl - das sind keine Dinge, auf die man das ausschließliche Recht beanspruchen kann. Das Leben unterscheidet sich dadurch vom Bankwesen, dass es Schulden kennt, die man bezahlt, indem man von anderen borgt.«
    »Geh bitte.«
    »Unverzüglich.«
    Der Vampir ging, gesellte sich zu Rittersporn und Milva. Während des Verbandswechsels debattierten sie alle drei, was man essen könne. Milva schüttete die kleinen Fische aus der Reuse und betrachtete sie überaus kritisch.
    »Da gibt's nichts zu meditieren«, sagte sie. »Wir müssen diese Knirpse auf Zweige stecken und überm Feuer braten.«
    »Nein.« Rittersporn schüttelte den frisch bandagierten Kopf. »Das ist kein guter Einfall. Es sind zu wenige Fischchen, davon werden wir nicht satt. Ich schlage vor, wir kochen daraus eine Suppe.«
    »Eine Fischsuppe?«
    »Klar. Wir haben einen Haufen von diesem Kroppzeug, wir

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