Feuertaufe
jonquillefarbenes Kleid raschelte.
»Mir scheint« - Francesca schaute um sich -, »wir sind schon vollzählig?«
»Es fehlt Vilgefortz«, zischte Sabrina Glevissig leise, aber mit deutlicher Wut, während sie Yennefer schief ansah.
»Und die in den Kellerräumen verborgenen Scioa'tael«, murmelte Keira Metz. Triss warf ihr einen eisigen Blick zu.
Philippa beendete die Vorstellung. Fringilla betrachtete neugierig Francesca Findabair, Enid an Gleanna, die Aster aus den Tälern, die berühmte Königin von Dol Blathanna, die Herrscherin der Elfen, die vor kurzem ihr eigenes Land bekommen hatten. Die Gerüchte von der Schönheit Francescas, stellte Fringilla fest, waren nicht übertrieben.
Die rothaarige und großäugige Ida Emean weckte das unverhohlene Interesse aller, auch der beiden Magierinnen aus Nilfgaard. Die freien Elfen aus den Blauen Bergen unterhielten keine Beziehungen zu den Menschen, ja nicht einmal zu den in der Nähe der Menschen lebenden Stammverwandten. Und die wenigen Aen Saevherne, die Wissenden, unter den freien Elfen waren ein geradezu legendäres Rätsel. Selbst unter den Elfen konnte sich kaum jemand eines näheren Kontakts mit einem Aen Saevherne rühmen. Ida hob sich nicht nur durch ihre Haarfarbe von der Gruppe ab. In ihrer Bijouterie gab es keine Unze Metall, kein Karat Stein - sie trug ausschließlich Perlen, Korallen und Bernstein.
Die Quelle der meisten Emotionen war jedoch ganz offensichtlich die dritte von den zuletzt eingetroffenen Zauberinnen, Yennefer, mit rabenschwarzem Haar, in Schwarz und Weiß gekleidet, die entgegen dem ersten Eindruck keine Elfe war. Ihr Erscheinen in Montecalvo musste eine gewaltige und nicht allen angenehme Überraschung sein. Fringilla spürte die von einigen Magierinnen heranströmende Aura von Abneigung und Feindschaft.
Als ihr die Nilfgaarder Zauberinnen vorgestellt wurden, ließ Yennefer den Blick ihrer veilchenblauen Augen auf Fringilla ruhen. Die Augen waren müde und hatten Ringe, selbst die Schminke konnte das nicht verbergen.
»Wir kennen uns«, stellte sie fest und berührte den an dem Samthalsband befestigten Stern aus Obsidian.
Im Saal trat plötzlich eine schwere, erwartungsvolle Stille ein.
»Wir haben uns schon gesehen«, wiederholte Yennefer.
»Ich erinnere mich nicht.« Fringilla hielt dem Blick stand.
»Das wundert mich nicht. Ich hingegen habe ein gutes Gedächtnis für Gesichter und Silhouetten. Ich habe dich von der Anhöhe in Sodden gesehen.«
»Dann kann es kein Irrtum sein.« Fringilla Vigo hob stolz den Kopf, ließ den Blick über alle schweifen. »Ich habe vor der Anhöhe von Sodden gestanden.«
Philippa Eilhart kam der Antwort zuvor. »Ich war auch dort«, sagte sie. »Ich erinnere mich auch an manches. Ich glaube jedoch nicht, dass übermäßige Anstrengung des Gedächtnisses und unnötiges Kramen in Erinnerungen uns in diesem Saal irgend von Nutzen sein kann. Dem, was wir hier zu unternehmen vorhaben, sind Vergessen, Verzeihen und Eintracht dienlicher. Stimmst du mit mir überein, Yennefer?«
Die schwarzhaarige Zauberin warf sich die Locken aus der Stirn. »Wenn ich endlich erfahre, was ihr hier vorhabt«, erwiderte sie, »dann werde ich dir sagen, Philippa, womit ich übereinstimme. Und womit nicht.«
»In diesem Fall wird es das Beste sein, unverzüglich zu beginnen. Ich bitte die Damen, ihre Plätze einzunehmen.«
Die Plätze an dem runden Tisch waren - mit einer Ausnahme - gekennzeichnet. Fringilla saß neben Assire var Anahid und hatte zu ihrer Rechten just den leeren Platz, der sie von Sheala de Tancarville trennte, auf die Sabrina Glevissig und Keira Metz folgten. Links von Assire saßen Ida Emean, Francesca Findabair und Yennefer. Direkt gegenüber von Assire hatte Philippa Eilhart Platz genommen, zu ihrer Rechten Margarita Laux-Antille, zu ihrer Linken Triss Merigold.
Alle Sessel hatten Armlehnen, die in Gestalt von Sphingen geschnitzt waren.
Philippa begann. Sie wiederholte die Begrüßung und kam dann sofort zur Sache. Fringilla, der Assire einen detaillierten Bericht über die vorangegangene Versammlung der Loge gegeben hatte, erfuhr aus der Einführung nichts Neues. Ebenso wenig überraschten sie die von allen Zauberinnen abgegebenen Erklärungen über den Eintritt in den Konvent oder die ersten Diskussionsbeiträge. Sie war jedoch ein wenig bestürzt, denn diese ersten Meinungsäußerungen betrafen den Krieg, den das Kaiserreich gegen die Nordlinge führte, insbesondere die erst vor kurzem
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