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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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werden Menschen von Ängsten auf sexueller Grundlage bewegt. Eine Jungfrau, die in den Armen eines an ihr saugenden Vampirs ohnmächtig wird, ein junger Bursche, den widerwärtigen Praktiken einer Vampirin ausgeliefert, die mit dem Mund über seinen Körper wandert. So stellt ihr euch das vor. Eine orale Vergewaltigung. Der Vampir zwingt das angstgelähmte Opfer zu Oralsex. Oder eher einer abscheulichen Parodie auf Oralsex. Und solcher Sex, der jede Fortpflanzung ausschließt, ist etwas Widerliches.«
    »Red für dich selbst«, murmelte der Hexer.
    »Ein Akt, den nicht die Fortpflanzung krönt, sondern Lust und Tod«, fuhr Regis fort. »Daraus habt ihr einen bedrohlichen Mythos gemacht. Selber träumt ihr im Unterbewusstsein von dergleichen, aber ihr schreckt davor zurück, dem Partner oder der Partnerin so etwas zuteil werden zu lassen. Also tut es für euch jener mythologische Vampir, der dadurch zum faszinierenden Symbol des Bösen anwächst.«
    »Hab ich's nicht gesagt?«, schrie Milva, sobald ihr Rittersporn Regis' Worte erklärt hatte. »Nichts als wie ein und dasselbe! Sie fangen mit klugen Reden an, aber aufhörn tun sie immer am Arsch.«
     
    Die Rufe der Kraniche verklangen allmählich in der Ferne.
    Am Tag darauf, erinnerte sich der Hexer, sind wir in viel besserer Stimmung aufgebrochen. Und da hat uns ganz unerwartet wieder der Krieg eingeholt.
     
    Sie zogen durch eine mit dichtem Wald bestandene, praktisch menschenleere und strategisch ziemlich unwichtige Gegend, die kaum Angreifer anlocken konnte. Obwohl es nach Nilfgaard nicht weit war und nur die Wasserfläche der Großen Jaruga sie von den Ländern des Kaisers trennte, war diese Grenze schwer zu überwinden. Umso größer war ihre Überraschung.
    Der Krieg zeigte sich auf weniger spektakuläre Weise als in Brugge und Sodden, wo nachts der Horizont vom Feuerschein erhellt war und am Tage Rauchsäulen das Himmelblau zerschnitten. Hier in Angren war es nicht so malerisch. Es war schlimmer. Plötzlich erblickten sie einen Krähenschwarm, der mit wildem Krächzen über dem Wald kreiste, und bald darauf stießen sie auf Leichen. Obwohl man ihnen die Kleidung geraubt hatte und sie nicht zu identifizieren waren, zeigten die Toten unverkennbare und deutliche Spuren eines gewaltsamen Todes. Diese Menschen waren im Kampf getötet worden. Und nicht nur das. Die meisten Leichen lagen im Unterholz, doch manche, auf makabre Weise verstümmelt, hingen an Armen oder Beinen vom Baumästen herab, reckten die verkohlten Gliedmaßen von erloschenen Scheiterhaufen, steckten auf Pfählen. Und stanken. Ganz Angren stank auf einmal nach ungeheuerlicher, widerwärtiger Barbarei.
    Nicht lange, und sie mussten sich in Schluchten und Dickichten verbergen, denn von rechts und von links, von vorn und von hinten dröhnte die Erde unter den Hufen von Kavalleriepferden, und immer wieder zogen andere Abteilungen an ihrem Versteck vorüber und wirbelten Staub auf.
     
    »Wieder«, sagte Rittersporn kopfschüttelnd, »wieder wissen wir nicht, wer wen schlägt und warum. Wieder wissen wir nicht, wer hinter uns ist und wer vor uns, wer in welche Richtung will. Wer auf dem Vormarsch ist und wer auf dem Rückzug. Hol's der Teufel! Ich weiß nicht mehr, ob ich euch das schon gesagt habe, aber ich behaupte, dass der Krieg immer einem in Flammen stehenden Bordell ähnlich sieht...«
    »Du hast es gesagt«, fiel ihm Geralt ins Wort. »Gut hundertmal.«
    »Worum kämpfen sie hier?« Der Dichter spuckte saftig aus. »Um Wacholdersträucher und Sand? Etwas anderes hat diese wunderschöne Gegend ja nicht zu bieten!«
    »Unter denen, die im Unterholz lagen«, sagte Milva, »waren Elfen. Die Kommandos der Scioa'tael kommen hierher, schon immer. Diesen Weg müssen sie nehmen, wenn die Freiwilligen aus Dol Blathanna und den Blauen Bergen nach Temerien ziehen. Jemand will ihnen diesen Weg versperren. Denk ich mir.«
    »Es ist nicht ausgeschlossen«, gab Regis zu, »dass die temerische Armee hier Jagd auf Eichhörnchen macht. Aber dafür sind etwas zu viele Truppen in der Gegend. Ich argwöhne, die Nilfgaarder haben hier nun doch die Jaruga überschritten.«
    »Ich argwöhne das auch«, sagte der Hexer mit einem leichten Grinsen und schaute Cahir an, der eine steinerne Miene bewahrte. »Die Leichen, die wir heute Morgen gefunden haben, trugen Spuren der Nilfgaarder Kampfweise.«
    »Die einen sind nicht besser als die anderen«, knurrte Milva und nahm den jungen Nilfgaarder unerwartet in Schutz. »Und

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