Feuertaufe
schon hierher unterwegs sind, sie sollten uns besser nicht antreffen, wenn sie hier sind. Wir brechen das Lager ab, Jungs! He, Mädels, anziehen und Kinder durchzählen! Abmarsch, dalli!«
Als sie zum Nachtlager Halt machten, beschloss Geralt, Unklares zu klären. Zoltan Chivay setzte sich diesmal nicht zum Schlagwetterspielen, also war es nicht schwierig, ihn zu einem offenen Gespräch unter Männern an eine abgelegene Stelle zu ziehen. Er begann ohne Umschweife.
»Sag, woher hast du gewusst, dass ich Hexer bin?«
Der Zwerg schaute ihn groß an und lachte kurz auf. »Ich könnte jetzt mit meinem Scharfblick angeben. Ich könnte sagen, dass ich bemerkt habe, wie sich deine Augen nach Einbruch der Dämmerung und im prallen Sonnenlicht verändern. Ich könnte auch geltend machen, dass ich ein Zwerg von Welt bin und schon des öfteren von Geralt von Riva gehört habe. Aber die Wahrheit ist sehr banal. Du bist diskret, aber dein Freund, der Barde, singt und redet, er kann den Mund nicht halten. Daher weiß ich, welchen Beruf du hast.«
Geralt verkniff sich die nächste Frage. Und er tat gut daran.
»Also gut«, fuhr Zoltan fort. »Rittersporn hat alles ausgeplaudert. Er muss gespürt haben, dass wir Offenheit schätzen, und dass wir euch freundlich gesinnt sind, brauchte er ja nicht zu spüren, denn aus unserer Gesinnung machen wir kein Hehl. Kurzum: Ich weiß, warum du so eilig nach Süden willst. Ich weiß, was für wichtige und eilige Angelegenheiten dich nach Nilfgaard führen. Ich weiß, wen du dort zu suchen gedenkst. Und nicht nur aus dem Gerede des Dichters. Ich habe vor dem Krieg in Cintra gewohnt und die Geschichten von dem Überraschungskind und dem weißhaarigen Hexer gehört, dem das Kind vorherbestimmt war.«
Auch diesmal enthielt sich Geralt eines Kommentars.
»Der Rest«, fuhr der Zwerg fort, »ist schon eine Frage der Beobachtung. Du hast dieses spinnenmäßige Scheusal laufen lassen, obwohl du Hexer bist, und Sache der Hexer ist es ja, solche Monster zu erledigen. Aber das Ungeheuer hat deinem Überraschungskind nichts getan, also hast du das Schwert stecken lassen, es nur verscheucht, indem du auf den Deckel gehauen hast. Weil du jetzt kein Hexer bist, sondern ein edler Ritter, der einer geraubten und gekränkten Jungfrau zu Hilfe eilt.
Du durchbohrst mich immer noch mit Blicken«, fügte er hinzu, als er nach wie vor keine Antwort erhielt. »Witterst noch immer Verrat, bist unruhig, dass sich das offenbarte Geheimnis womöglich gegen dich kehren könnte. Mach dir keine Gedanken. Wir werden zusammen zur Ina gehen, einander helfen, einander unterstützen. Du hast dasselbe Ziel vor dir wie wir: überleben und weiterleben. Um die edle Mission fortzusetzen. Oder einfach nur zu leben, aber so, dass man sich in der Stunde des Todes nicht zu schämen braucht. Du denkst, dass du dich verändert hast. Dass sich die Welt verändert hat. Aber diese Welt ist ja noch dieselbe wie vorher. Und du bist noch derselbe wie vorher. Mach dir keine Gedanken.
Gib die Idee auf, dich von uns zu trennen«, setzte Zoltan seinen Monolog fort, ohne sich vom Schweigen des Hexers beirren zu lassen, »und allein in den Süden zu reisen, durch Brugge und Sodden an die Jaruga. Du musst einen anderen Weg nach Nilfgaard suchen. Wenn du willst, rate ich dir...«
»Rate mir nichts.« Geralt massierte sich das Knie, in dem der Schmerz seit mehreren Tagen anhielt. »Rate mir nichts, Zoltan.«
Er fand Rittersporn, der bei den Schlagwetter dreschenden Zwergen kiebitzte. Wortlos nahm er den Dichter beim Ärmel und zog ihn in den Wald. Rittersporn begriff sofort, worum es ging, ihm genügte ein Blick ins Gesicht des Hexers.
»Plappermaul«, sagte Geralt leise. »Plaudertasche. Quasselstrippe. Einen Knoten hätte man dir in die Zunge machen sollen, du Blödian. Eine Gebissstange zwischen die Zähne stopfen.«
Der Troubadour schwieg, zog aber eine trotzige Miene. »Als es sich herumsprach, dass ich angefangen habe, mich mit dir abzugeben«, fuhr der Hexer fort, »haben sich manche klugen Leute über diese Bekanntschaft gewundert. Es hat sie erstaunt, dass ich dir erlaube, mich auf meinen Reisen zu begleiten. Sie haben mir geraten, dich irgendwo in der Einöde auszurauben, zu erwürgen, in eine Grube zu werfen und Stroh drüberzustreuen. Wahrlich, es tut mir leid, dass ich nicht auf sie gehört habe.«
»War das denn wunder was für ein Geheimnis, wer du bist und was du vorhast?«, brauste Rittersporn plötzlich auf. »Sollen wir uns
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