Feuertaufe
Bauer. »Aber ich hab gesehn, wie er vor 'ner Gabeldeichsel stand, die jemand auf die Spitze gestellt hatte, und zu dieser Deichsel hatter gesagt, sie ist 'n schönes Mädel. Ach, was gibt's da groß zu redn. Kurzum: Bezahlt das Wergeid.« »Was?«
»Wenn 'n Ritter 'nen Bauern umbringt, musser das Wergeid bezahln. So steht's im Gesetz.«
»Ich bin kein Ritter!«, schrie Milva.
»Das zum ersten«, pflichtete ihr Rittersporn bei. »Zum zweiten war das ein Unfall. Zum dritten, Holzschuh lebt, also kann keine Rede von Wergeid sein, höchstens von Schmerzensgeld oder Besserung. Aber zum vierten haben wir kein Geld.«
»Dann gebt die Pferde her.«
»Heda« - Milvas Augen verengten sich feindselig -, »du bist wohl besessen, Bauer. Pass auf, dass du dich nicht übernimmst.«
»Hurrrnsohn!«, krächzte Feldmarschall Duda los.
»Da, der Vogel trifft den Nagel auf den Kopf«, ließ sich Zoltan Chivay gedehnt vernehmen und tätschelte die Axt, die in seinem Gürtel steckte. »Ihr müsst wissen, Bauernvolk, dass ich auch keine besonders hohe Meinung von den Müttern von Individuen habe, die bloß ans Geldverdienen denken, und sei's mit dem zerschlagenen Kopf von einem ihrer Leute. Verzieht euch, Leute. Wenn ihr unverzüglich weggeht, verspreche ich, dass ich euch nicht nachjagen werde.«
»Wenn ihr nicht bezahln wollt, dann soll euch die Obrigkeit verurteiln.«
Der Zwerg knirschte mit den Zähnen und griff schon nach der Waffe, als Geralt ihn am Ellenbogen packte. »Ruhig. Willst du dieses Problem so lösen? Indem du sie erschlägst?«
»Wozu gleich erschlagen? Ordentlich verkrüppeln reicht doch.«
»Schluss damit, zum Teufel«, zischte der Hexer, worauf er sich an den Dörfler wandte. »Wer ist hier diese Obrigkeit, die ihr erwähnt habt?«
»Unser Lagervorsteher, Hector Laabs, der Schultheiß vom niedergebranntn Birkdorf.«
»Dann führt uns zu ihm. Wir werden uns irgendwie einigen.«
»Er hat jetzt zu tun«, teilte der Dörfler mit. »Hält Gericht über die Zauberin. Da, seht ihr, was da für 'ne Menge Leute unter dem Ahorn steht? Sie habm die Hexe gefang', die mit dem Fangpir unter einer Decke steckt.«
»Wieder der Vampir.« Rittersporn breitete die Arme aus. »Hört ihr? Sie sind wieder bei ihrem Thema. Wenn sie keinen Friedhof umgraben, dann fangen sie Zauberinnen, Komplizinnen des Vampirs. Leute, vielleicht solltet ihr, statt zu pflügen, zu säen und zu ernten, Hexer werden?«
»Ihr habt gut lachn, Herr«, sagte der Bauer. »Hier hat's 'nen Priester, und 'n Priester ist sichrer als 'n Hexer. Der Priester hat gesagt, dass ein Fangpir sein Unwesen immer zusamm' mit 'ner Zauberin treibt. Die Zauberin ruft den Fangpir und weist ihm sein Opfer, und sie vernebelt alln den Blick, dass sie nichts sehn.«
»Und 's hat sich gezeigt, dasses wirklich so ist«, fügte ein anderer hinzu. »Wir habm 'ne verräterische Hexe unter uns geduldet. Aber der Priester hat ihre Zauberei durchschaut, und jetzt verbrenn' mir sie.«
»Klar doch«, murmelte der Hexer. »Also dann, werfen wir einen Blick auf dieses euer Gericht. Und reden mit dem Herrn Vorsteher über den Unfall, der dem unglücklichen Holzschuh widerfahren ist. Denken wir über eine angemessene Genugtuung nach. Nicht wahr, Percival? Ich wette, dass sich in irgendeiner von deinen Taschen noch irgendein Steinchen findet. Geht voran, Leute.«
Der Zug setzte sich zu dem ausladenden Ahorn in Bewegung, unter dem es tatsächlich schwarz war von erregten Menschen. Der Hexer, der sich ein wenig im Hintergrund hielt, versuchte, ein Gespräch mit einem der Bauern anzuknüpfen, dessen Gesicht einigermaßen anständig wirkte.
»Was ist das für eine Zauberin, die sie gefangen haben? Hat sie tatsächlich Magie getrieben?«
»Ach, Herr«, murmelte der Dörfler. »Ich weiß ja nicht. Das Mädel ist zugelaufen, 'ne Fremde. Ich denk, die ist nicht ganz richtig im Kopf. Ausgewachsen, aber sie hat die ganze Zeit nur mit den Kindern gespielt, ist selber auch wie'n Kind, wenn man sie was fragt, nicht muh und nicht mäh. Aber ich weiß ja gar nichts. Wo doch alle sagen, dass sie mit dem Fangpir Unzucht und Zauberei getrieben hat.«
»Alle außer der Verhafteten«, sagte der neben dem Hexer gehende Regis leise. »Denn die sagt, wenn man sie danach fragt, nicht muh und nicht mäh. Nehme ich an.«
Zu einer eingehenderen Erörterung war keine Zeit mehr, denn sie hatten den Ahorn schon erreicht. Man ließ sie durch die Menschenmenge, allerdings nicht ohne Zutun von Zoltan und seinem
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