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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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fuchtelte mit seinem Eschenknüppel. »Wer hat denn dann in unserem Klima das Weib und den Jungen zerrissen? Haben sie das in einem Anfall von Verzweiflung selber getan?«
    »Es gibt eine lange Liste von Geschöpfen, denen man so etwas zuschreiben kann. Angefangen bei einem Rudel verwilderter Hunde, einer in Kriegszeiten ziemlich häufigen Plage. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wozu solche Hunde imstande sind. Die Hälfte aller Opfer, die chaotischen Ungeheuern zugeschrieben werden, geht in Wahrheit auf das Konto verwilderter Hofköter.«
    »Du schließt Ungeheuer also aus?«
    »Keineswegs. Es könnte eine Striege gewesen sein, eine Harpyie, ein Graveir, ein Ghul...« »Kein Vampir?« »Kaum.«
    »Die Bauern haben sich auf irgendeinen Priester berufen«, erinnerte Percival Schuttenbach. »Kennen sich Priester mit Vampiren aus?«
    »Manche kennen sich in vielen Dinge aus, und das recht gut; ihre Meinung zu hören, lohnt sich in der Regel. Leider trifft das nicht auf alle zu.«
    »Insbesondere nicht auf solche, die sich mit Flüchtlingen in den Wäldern herumtreiben«, schnaubte der Zwerg. »Das ist am ehesten irgendein Einsiedler, ein ungebildeter, hinterwäldlerischer Eremit. Er hat die Expedition der Bauern auf deinen Friedhof geschickt, Regis. Wenn du beim Vollmondschein Mandragora gesammelt hast, hast du da niemals einen Vampir gesehen? Nicht einmal einen ganz kleinen? Winzigen?«
    »Nein, niemals.« Der Barbier deutete ein Lächeln an. »Aber das ist kein Wunder. Der Vampir, wie ihr eben erst gehört habt, segelt auf Fledermausflügeln herum, ohne Lärm und Geräusch. Man kann ihn leicht übersehen.«
    »Und ihn leicht dort sehen, wo keiner ist und nie war«, bestätigte Geralt. »Als ich jünger war, habe ich des öfteren Zeit und Energie darauf vergeudet, Gespenstern und Aberglauben nachzujagen, die das ganze Dorf mit dem Schultheiß an der Spitze gesehen hatte und malerisch schilderte. Einmal habe ich zwei Monate lang auf einem Schloss gewohnt, das angeblich von einem Vampir heimgesucht wurde. Da gab es keinen Vampir. Aber das Essen war nicht übel.«
    »Zweifellos sind dir aber auch Fälle untergekommen, in denen das Gerede von einem Vampir begründet war«, sagte Regis, ohne den Hexer anzuschauen. »Dann, nehme ich an, hast du Zeit und Energie nicht verschwendet. Das Ungeheuer ist deinem Schwert erlegen?«
    »Das kam vor.«
    »So oder so«, erklärte Zoltan, »die Bauern haben Glück. Ich denke, ich werde in diesem Lager auf Munro Bruys und die anderen Jungs warten, und euch wird eine Ruhepause auch nicht schaden. Was immer das Weib und den Jungen umgebracht hat, es wird ihm übel ergehen, wenn sich im Lager ein Hexer befindet.«
    »Wenn wir schon dabei sind«, sagte Geralt mit finsterem Blick, »bitte ich doch sehr, dass ihr nicht herumerzählt, wer ich bin. Diese Bitte betrifft vor allem dich, Rittersporn.«
    »Wie du willst.« Der Zwerg nickte. »Du wirst Gründe haben. Gut, dass du uns rechtzeitig gewarnt hast, denn das Lager ist schon zu sehen.«
    »Und zu hören«, ergänzte Milva, die schließlich ihr langes Schweigen brach. »Einen Krach machen die, zum Fürchten.«
    »Das, was zu uns herandringt« - Rittersporn zog eine kluge Miene -, »ist die übliche Sinfonie eines Flüchtlingslagers. Wie üblich komponiert für ein paar hundert menschliche Kehlen, dazu nicht weniger Kühe, Schafe und Gänse. In den Solopartien zankende Weiber, sich prügelnde Kinder, ein krähender Hahn und, wenn ich mich nicht irre, ein Esel, dem sie eine Distel unter den Schwanz stecken. Titel der Sinfonie: >Eine Menschenansammlung im Kampf ums Dasein<.«
    »Die Sinfonie«, merkte Regis an, während er die Flügel seiner edlen Nase bewegte, »ist wie üblich akustischolfaktorisch. Von der ums Dasein kämpfenden Ansammlung dringt ein erlesener Geruch von gekochtem Kohl heran, einer Speise, ohne die das Dasein offensichtlich nicht möglich ist. Einen charakteristischen Geruchsakzent setzen zudem die physiologischen Bedürfnisse, die befriedigt werden, wo es sich gerade ergibt, am häufigsten am Rande des Lagers. Ich habe nie verstehen können, wieso sich der Kampf ums Dasein in dem Unwillen äußert, Latrinen zu graben.«
    »Hol euch der Teufel mit eurem klugen Gerede«, sagte Milva entnervt. »Ein Schock schlaue Wörter, wo ein paar ausreichen: Es stinkt nach Scheiße und Kohl!«
    »Scheiße und Kohl treten immer zusammen auf«, sprach Percival Schuttenbach sentenziös. »Eins treibt das andere an. Ein Perpetuum

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