Feuertochter: Roman (German Edition)
drückte sich innen an die Mauer. Einen Herzschlag später krachte es draußen fürchterlich. Die Tür wackelte so, als wolle sie aus den Angeln springen, hielt aber stand.
Dann war es unheimlich still.
Ferdinand ließ Gamhain los und bedachte sie mit einem wütenden Blick. »Blödes Vieh!«
»Warum? Was hat sie getan?«, fragte Ciara noch halb betäubt.
Statt einer Antwort zeigte Ferdinand ihr die blutigen Kratzer, die Gamhain ihm beigebracht hatte. »Dabei wollte ich diesem dummen Tier nur das Leben retten! Das ist der Dank dafür.«
Mit einem verzerrten Lächeln wandte er sich an Hufeisen, der starr wie eine Statue im Raum stand und nicht zu begreifen schien, dass er noch lebte. »Danke, mein Freund!«
Sein Blick wanderte die Treppe hoch. »Onkel, Tante, Saraid, was ist mit euch?«
Da der Söller nur eine hölzerne Brüstung besaß, fürchtete er, dass die Explosion dort oben einigen Schaden angerichtet hatte.
Doch da klang die Stimme des Schlossherrn auf. »Uns geht es gut. Als euer Alarmruf ertönte, sind wir durch den Gang ins Schloss gelaufen. Nur dieser Trottel Jonathan ist hier geblieben, um euch zu helfen, und hat ein paar Holzsplitter abbekommen. Es sieht aber nicht so aus, als wäre er auf den Tod verwundet.«
»Gott sei Dank!« Ferdinand schlug erleichtert das Kreuz und trat auf Ciara zu. »Du bist die mutigste Frau, die ich kenne. Ohne dich hätte dieser Schurke uns alle in die Luft gesprengt.«
»Wie böse muss dieser Mensch sein?«
Ihre Anspannung wich, und Ciara begann zu zittern. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie klammerte sich an Ferdinand, als hätte sie Angst, ihn zu verlieren, wenn sie ihn losließe.
Plötzlich erklangen aus mehreren Richtungen aufgeregte Stimmen. Dann dröhnte Franz’ Bass so laut auf, dass Ciara zusammenzuckte. »Uns geht es gut, Leute! Die Heilige Jungfrau hat ihren Himmelsmantel schützend über uns gebreitet.«
Ferdinand hörte einzelne Jubelrufe, öffnete die Tür und sah eine Gruppe Knechte und Mägde draußen stehen, die von dem lauten Knall angelockt zum Turm geeilt waren. Als er mit Ciara im Arm hinaustrat, bildete sich eine Gasse, und einer der Männer wies auf eine Gestalt, die keine dreißig Schritt vom Turm entfernt reglos am Boden lag.
Simon war kaum noch zu erkennen, denn er war über und über von Blut und Pulverresten bedeckt. Zudem ragte ein Stück des explodierten Fasses aus seinem Rücken.
»Er hat meinen Bruder und dich in die Luft sprengen wollen und ist nun selbst durch Pulver und Feuer zugrunde gegangen. Das nenne ich Gottes Gerechtigkeit!« Ciaras Stimme klang ungewohnt dunkel, aber ihre Miene verriet, wie erleichtert sie war. Wäre Simon am Leben geblieben, hätten Ferdinand und sie bis ans Ende ihrer Tage um ihr Leben fürchten müssen.
Auch Ferdinand empfand so, dennoch tat es ihm leid, dass es so hatte kommen müssen. Er trat neben seinen Vetter und sah zu seiner Verwunderung, dass dieser noch lebte.
»Holt einen Arzt und den Schlossprediger!«, befahl Ferdinand den Knechten.
Während diese loseilten, begann Simon zu sprechen. »Verloren! Alles verloren! Jetzt hast du die Frau und den Besitz, und mir bleiben nur die Dunkelheit des Todes und die Feuer der Hölle.«
»Der Arzt wird gleich kommen. Vielleicht kann er dich retten!«, rief Ferdinand.
»Wofür? Ich würde ein Krüppel sein. Ich spüre meine Beine nicht mehr. Ich spüre nur noch …« Was immer Simon hatte sagen wollen, schnitt ihm der Tod von den Lippen ab. Als der Priester kam, konnte er nur noch das Kreuz auf die Stirn des Toten zeichnen und diesem die Augen schließen.
Ferdinand drückte Ciara an sich und lächelte ihr beruhigend zu. »Komm, gehen wir ins Schloss. Du wirst dich auf diesen Schrecken hin gewiss ein wenig hinlegen wollen.«
Doch Ciara schüttelte den Kopf. »So hinfällig bin ich wahrlich nicht. Es erleichtert mich, dass es jetzt zu Ende ist.«
Sie zögerte kurz und fuhr dann leiser fort: »Außerdem habe ich Hunger.«
Franz vernahm es und legte ihr die Hand auf die Schulter. »So ist es recht! Wir werden uns von dieser Begebenheit nicht den Appetit verderben lassen. Da wir eine Weile nicht mehr auf dem Söller frühstücken können, sollen die Mägde im kleinen Saal auftischen lassen. Was Simon betrifft, so werden wir ihn begraben, wie es einem Verwandten zukommt. Trauern aber werde ich nicht um ihn.«
Es war ein harter Ausspruch, doch die anderen stimmten dem Schlossherrn im Stillen zu. Mit einem tiefen Seufzer umarmte Saraid
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