Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
hörte sich eher an wie ein Schrei der Verzweiflung. Phoebe spürte, wie er sich heiß in ihrem Schoß ergoss, dann sank er matt auf seine Geliebte hinab. Er zitterte am ganzen Leib. Als Phoebe ihn berührte, wehrte er ihre Hand ab und löste sich von ihr. Ohne sie anzusehen, stand er auf und ging ins Bad. Phoebe hörte noch, wie er das Wasser aus seinen Sachen wrang, dann fiel die Tür ins Schloss.
»Hat er sich schon bei dir gemeldet?« Amelie stand mit einem Glas Wein auf Phoebes Balkon und sah dem Treiben der Ameisen da unten in der Mollstraße zu. Phoebe schüttelte den Kopf. Sie hielt sich am Balkongeländer fest und hatte den Blick starr geradeaus gerichtet. Amelie betrachtete ihre Freundin mit Sorge. Phoebe hatte sie mittags angerufen und dabei mehr geheult als geredet, weshalb sie direkt nach ihrem letzten Yogakurs zu ihr gefahren war. Phoebe hatte sich spontan einen Tag Urlaub genommen und war daheimgeblieben. Wie Amelie erfuhr, hatte Dariusz seine Arbeit beendet und Leon war zur Absprache weiterer Details mit Matthew zurück nach London geflogen. Von Falk hatte Phoebe am Morgen eine gutgelaunte Mail bekommen, aber das war auch alles. Es vermisste sie also niemand, wenn sie sich eine kleine Auszeit nahm.
»Warum macht er nur so etwas?« Phoebe nippte an ihrem Wein. Ihre Hand zitterte. Amelie zuckte mit den Schultern.
»Du meinst, warum er mit dir geduscht hat, obwohl er wusste, aus wessen Bett du gerade kamst? Oder meinst du, warum er sich mehr um seine als um deine Lust gekümmert hat? Oder irritiert es dich, dass der Sex härter war als sonst?« Amelie wollte nicht boshaft klingen, aber sie musste einfach sagen, was sie dachte. Phoebe hatte selbst Schuld an dem, was passiert war. Es grenzte an ein Wunder, dass Dariusz nicht schon früher die Fassung verloren hatte.
»Das war nicht Dariusz. Das war, als wäre da ein völlig fremder Mann in meinem Bett. Aggressiv, egoistisch, irgendwie unheimlich.« Phoebe zündete sich eine Zigarette an. Sie hatte schon lange nicht mehr geraucht, aber jetzt hatte sie eine nötig. Sie wusste sonst nicht, wohin mit ihren fahrigen Fingern. Sie löste ihren Blick vom imaginären Horizont und blickte Amelie fragend an.
»Du denkst, ich spinne, oder?« Sie inhalierte tief. Amelie nahm einen Schluck Wein und hielt das Glas gegen das Licht.
»Ich denke, bei ihm ist eine Sicherung durchgebrannt. Seit Wochen geht das nun schon so. Erst mit Falk, dann mit Leon, und Dariusz kennt beide. Mit Falk ist er geschäftlich verbandelt, und den Briten mag er sogar recht gern. Ist das nicht eine schreckliche Situation? Und trotzdem hat er es geschafft, seine letzte Installation pünktlich fertigzustellen. Er freut sich, will mit dir feiern. Zunächst ist alles gut, und er denkt, er kann alles andere ausblenden, aber dann spürt er dich und … Ja … Ich denke einfach, er liebt dich sehr und will dich nicht teilen.«
»Das glaube ich auch«, sagte Phoebe leise und drückte ihre Zigarette aus.
»Wenn ich du wäre«, sagte Amelie, »würde ich zu ihm fahren. Dariusz ist mindestens genauso am Ende und emotional verunsichert wie du. Du hast was gutzumachen. Also los.«
Eine Stunde später setzte ein Taxi Phoebe am Schlesischen Tor ab. Von hier bis zu Dariusz’ Wohnung waren es nur noch hundert Meter. Sie hatte es immer als vollkommen überflüssig angesehen, einen Schlüssel für seine Wohnung zu haben, aber nun war sie froh darüber. Würde sie klingeln, würde er ihr wahrscheinlich nicht öffnen. In dieser Hinsicht war er genauso neurotisch wie sie. Während sie aufgeregt die engen Stufen hochstieg, versuchte sie sich zu konzentrieren. Phoebe hatte sich genau die Worte zurechtgelegt, die sie Dariusz sagen wollte. Vor dem letzten Treppenabsatz machte sie kurz Halt. Sie spürte ihr Herz laut klopfen, ihre Hände waren kalt und schweißnass. This is the point of no return , dachte sie, dann nahm sie ihren Mut zusammen und zog seinen Wohnungsschlüssel aus ihrer Tasche. Sie steckte ihn ins Schloss und war erleichtert, als sie keinen Widerstand spürte. Wobei – Dariusz konnte auch unterwegs sein. Oder in seinem Atelier. Aber nun würde sie sich erst einmal hier nach ihm umschauen. Sie machte kein Licht im Flur, sondern schloss leise die Tür hinter sich und schlüpfte aus ihren Sandalen. Aus dem Schlafzimmer waren Fernsehgeräusche zu hören. Er schien also zu Hause zu sein. Leise setzte Phoebe einen Fuß vor den anderen und berührte mit einer Hand leicht die Schlafzimmertür. Sie
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