Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
sie.
Neun
W enn Falk etwas ganz und gar nicht mochte, dann war es das Gefühl, seine Angelegenheiten nicht voll im Griff zu haben. Und genau diesem Eindruck konnte er sich jetzt nicht mehr entziehen. Mit seinem Privatleben hatte das nichts zu tun; die letzten Tage waren Nadeshna vorbehalten gewesen, und sie hatte alle Register gezogen, um ihn im wahrsten Sinne des Wortes bei der Stange zu halten. Seine kleine Galeristin war dabei etwas in Vergessenheit geraten, aber er würde sie vor der Vernissage noch das eine oder andere Mal antanzen lassen. Nein, die Weiber hatten mit seinem unguten Gefühl nichts zu tun. Und an der bevorstehenden Erleuchtung des Kunsthimmels durch den einzigartigen Dariusz Badz zweifelte er auch nicht. Der Junge war pünktlich fertig geworden und verhielt sich ansonsten angenehm normal. Keine hysterischen Zickigkeiten, keine Wutausbrüche, keine Heulerei. Er hatte da schon ganz andere Kandidaten erlebt. Falk zündete sich eine Zigarette an und spielte mit seinem Feuerzeug. Irgendwie lief alles perfekt – bis auf die Sammlung für den 3rd floor in Kreuzberg. Nächste Woche Mittwoch war der erste Juli, und er hatte noch immer keine Unterschrift vom alten Besitzer. Was umso unverständlicher war, weil dieser doch heilfroh gewesen zu sein schien, seine Sammlung zu einem wirklich guten Preis verkaufen zu können. Na gut, die Verhandlungen hatten sich hingezogen, aber im Grunde waren er und der Verkäufer sich bereits im ersten Gespräch einig gewesen. Das lag jetzt schon ein gutes halbes Jahr zurück. Der Vertrag an sich schien immer nur Nebensache gewesen zu sein, so dass Schumann auf seine Menschenkenntnis vertraut hatte. Er hatte begonnen, das Geschäft abzuwickeln, ohne auf eine schriftliche Bestätigung aus Amsterdam zu bestehen. Nun saß er so richtig in der Tinte, wenn in den nächsten achtundvierzig Stunden kein LKW aus Holland vor dem Bunker halten würde. Sein Kunde, der Privatsammler aus Berlin, würde ihm schlichtweg den Hals umdrehen, und seinen guten Ruf würde er auch vergessen können. Die Eröffnung des 3rd floor hatte ihm endlich auch international Türen öffnen sollen – und nun sah es so aus, als müsse er sich auf Schadensbegrenzung konzentrieren. Nervös drückte er die angerauchte Zigarette wieder aus und überlegte, ob es wohl ein zweites, besseres Angebot für die Amsterdamer Sammlung gegeben haben konnte. Aber selbst wenn – um den Preis in letzter Minute noch mehr nach oben zu treiben, hätte ihn der Holländer wenigstens von der Existenz eines solchen Angebotes informieren müssen. Was er nicht getan hatte. Erneut griff Falk nach der Zigarettenschachtel und fluchte leise, als er sah, dass sie leer war. Dann klingelte sein Handy. Missmutig blickte er auf das Display, nahm aber das Gespräch entgegen.
»Leon. Schön, dass Sie anrufen, aber um ehrlich zu sein, es passt mir gerade leider gar nicht.« Schumann räusperte sich. Für diesen spleenigen Briten konnte er jetzt wirklich keine Zeit aufbringen. Das Einzige, was im Moment zählte, war eine gute Idee, um die Kunstladung nach Berlin zu schaffen. Und zwar subito. Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille, bis Leon überaus höflich erwiderte: »Ich denke schon, dass es Ihnen passt. Sie warten doch auf Kunst aus Amsterdam, oder irre ich mich da?«
Für einen winzigen Moment war Falk irritiert, hatte sich aber schnell wieder unter Kontrolle.
»Was meinen Sie damit?«, fragte er ruhig.
»Ich hätte da eine Idee, wie der Transport möglichst schnell nach Berlin kommt. Und die würde ich sehr gerne mit Ihnen diskutieren. Das ist alles.«
»Sie sprechen in Rätseln. Sagen Sie doch einfach, was Sie wollen.« Falk wurde ungeduldig. Er konnte sich nicht vorstellen, was Leon mit der Sammlung in Amsterdam zu tun haben könnte.
»Heute Mittag gegen eins im Café France ? Und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Ich glaube, Sie haben keine Zeit zu verlieren.« Leon hatte aufgelegt.
Schumann betrachtete sein Handy, als sei es ein verabscheuungswürdiges Insekt. Wütend schleuderte er das Mobiltelefon von sich. Leon war nur ein kleines Licht, ein Teelicht sozusagen. Entweder wollte er besonders schlau sein und hatte selbst irgendetwas eingefädelt, was jedoch schwer vorstellbar war, oder aber er handelte im Auftrag von Matthew. Nur: Was sollte Friedewald mit deutscher Avantgarde im Sinn haben? Eigentlich weniger als nichts, von seinem rein privaten Engagement in Töchterleins Galerie einmal abgesehen.
Seufzend
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