Feuerwogen
Besenkammer, einen begehbaren, vollgestopften Putzschrank, der in einer Ecke untergebracht war, wo er nicht im Weg stand.
Sie schaltete das Licht ein. Die Schrubber sprangen ihr aus dem Schatten entgegen, hagere Ungeheuer mit zotteligem, strähnigem Haar. Regina lehnte sich an die geflieste Wand und lauschte dem Wasser, das zischend in den Eimer schoss und im Ausguss abfloss.
Sie hätte nicht sagen können, was sie dazu veranlasste, sich umzudrehen. Ein Geräusch. Ein Schatten. Ein Prickeln im Rücken …
»Jericho!« Der Name entfuhr ihr einfach so. Es war eine Eruption aus Atem, Ärger und Angst.
Er trat ihr in den Weg, genauso dünn und strähnig wie die Schrubber – und nah. Zu nah. Sie konnte ihn riechen, seine Kleidung, und er roch nach Feuchtigkeit und sauer von Schweiß und dem Rauch zu vieler Lagerfeuer unter freiem Himmel.
»Er riecht … falsch«,
hatte Margred gesagt.
Ja.
Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. »Du hast mich zu Tode erschreckt.«
»Tut mir leid«, sagte er.
Aber er ging nicht aus dem Weg. Sie hätte sich an ihm vorbeischieben können. Aber es schien ihr keine gute Idee zu sein, ihn zu berühren. Sie wollte sich nicht zum Körperkontakt zwingen, wollte ihn nicht zur Gewalt drängen. Hager oder nicht, er war stärker als sie.
Das Adrenalin schmeckte schal in ihrem Mund. »Was willst du?«
Den Job, dachte sie plötzlich hoffnungsvoll. Vielleicht war er wegen des Jobs gekommen. Obwohl dies wohl nicht die beste Gelegenheit war, ihm – der sich gerade zwischen ihr und der Tür aufgebaut hatte – zu sagen, dass sie daran dachte, jemand anderen einzustellen.
Er antwortete nicht.
»Hör zu, es ist schon spät«, sagte sie mit einer ruhigen, rational klingenden Stimme, wie sie hoffte. Als ob ihr Tonfall ihn von dem wie auch immer gearteten Irrsinn hätte abhalten können, den er gerade zu begehen im Begriff war. »Warum kommst du nicht morgen wieder …« Sie befeuchtete die Lippen.
Bei Tageslicht, wenn andere Leute dabei sind.
»… und dann reden wir über den Job?«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid«, wiederholte er.
Es klang aufrichtig. Was ihr aus irgendeinem Grund die Knie zittern ließ. Ihre Messer befanden sich auf der anderen Seite der Küche, ebenso wie das Telefon und die Tür.
Sie konnte nicht einfach weglaufen. Nick war oben.
Sollte sie schreien? Aber wenn sie schrie, hörte Nick sie vielleicht und kam herunter, um nach ihr zu suchen.
Bitte, lieber Gott, lass ihn nicht herunterkommen, meinen Jungen, mein Baby.
»Pass einfach auf dich auf«,
hatte Caleb zu ihr gesagt, aber er hatte ja auch keinen achtjährigen Sohn, der von ihm abhängig war.
Regina schluckte angestrengt und lockerte ihre Hand um den Schrubber. Der Griff fühlte sich glatt und beruhigend an. »Kann ich dir, äh, dann vielleicht etwas bringen? Ein Sandwich?« Wenn sie den Arbeitstisch erreichte, das Telefon …
Jericho machte einen Satz nach vorn.
Sie wich zurück. Holte aus. Aber sie war zu nah, er war zu nah, der Schrubber prallte an die Wand und glitt nutzlos an Jerichos Schulter ab. Da wagte sie es zu schreien, doch seine Hände schlossen sich hart und schmerzhaft um ihren Hals, und es war zu spät.
Nick, dachte sie.
Nick.
Zu spät.
Jerichos Finger drückten zu. Ihr Gesichtsfeld wurde grau. Sie trat ihm mit aller Kraft auf den Fuß, versuchte, ihr Knie hochzureißen, verkrallte sich in seine Hände, seine Handgelenke. Er stöhnte, und sein Griff lockerte sich. Sie schlug und trat um sich. Er fletschte die Zähne und grabschte nach ihrer Brust.
Feuer. Es roch nach Feuer. Punkte tanzten in der Dunkelheit hinter ihren Augen. Etwas stach sie in den Nacken. Jericho brüllte auf und schleuderte sie an die Wand. Ihr Kopf schlug auf, und dann drückte sein Unterarm wie eine Eisenstange gegen ihren Hals. Rauch füllte ihren Kopf und schnitt ihr die Luft ab.
Luft.
Sie versuchte, seinen Arm zu packen. Sie brauchte …
Noch mehr Funken schwammen in der dröhnenden Dunkelheit, und dann wurde alles von Schwärze verschluckt.
Nick wachte vor dem Fernseher auf. Seine Beine waren kalt. Seine Wange drückte gegen den Teppich. Chuck Norris war fort, auf dem Bildschirm war nun ein Kerl zu sehen, der vor einer Menge Autos stand und das beste Geschäft der Stadt versprach.
Nick setzte sich langsam auf und wischte sich übers Gesicht. Er hatte das Gefühl, dass es spät war. Seine Mom ließ ihn nie so lange aufbleiben. Wo war seine Mom?
Er hatte einen komischen Geschmack im Mund. Er kam taumelnd auf
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