Feuerwogen
einen neuen Termin für in ein paar Tagen.«
»So bald schon?«, fragte Regina verwundert. Als sie mit Nick schwanger gewesen war, hatte sie nur alle sechs Wochen zum Arzt gehen müssen. Aber damals war sie ganz allein in Boston gewesen und hatte verzweifelt versucht, mit dem Wenigen, was sie hatte, auszukommen und sich kostenlos behandeln zu lassen.
»Bei allem, was du gerade durchgemacht hast … Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.«
Angst machte ihr das Atmen schwer. »Du hast doch gesagt, dass alles normal aussieht.«
»Alles sieht wunderbar aus«, beruhigte Donna sie. »Hast du noch Fragen? Sorgen?«
Regina schluckte ein vollkommen unpassendes Lachen herunter. Ausgeschlossen, über ihre wahren Sorgen zu reden. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, schon jetzt zu sagen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?«
»Ich kann einen Ultraschall in der Mitte des zweiten Drittels machen. Sagen wir: in der neunzehnten Woche.« Donna stellte das Rezept aus und gab es Regina. »Willst du noch einen Jungen? Oder hoffst du diesmal auf ein Mädchen?«
Nur einen Moment lang spürte Regina das Ziehen des Babys an ihrer Brust und sein warmes Gewicht in ihren Armen, sah den Scheitel mit dem weichen, dunklen Haar und den Fächer der Wimpern über der glatten, roten Wange.
Einen Jungen oder ein Mädchen?
»Eine Tochter aus Atargatis’ Linie, die das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Himmel und Hölle verändern wird.«
Oder einen schwarzäugigen Jungen, der sich in die See flüchten und ihr das Herz brechen würde?
Was für eine Wahl.
Sie befeuchtete ihre Lippen. »Du weißt doch, was man so sagt. Solange das Baby gesund ist …«
Und in Sicherheit.
Ihr Herz krampfte sich wie eine Faust zusammen.
Bitte, lieber Gott, sorg dafür, dass dem Baby nichts geschieht.
Caleb schob die Papiere auf seinem Schreibtisch einen Zentimeter zur Seite und tippte auf das oberste Blatt.
Reginas Herz klopfte im Takt mit seinen Fingern.
»Wenn ich das an den Staatsanwalt weitergebe, wird er denken, dass du lügst oder verrückt bist oder beides«, sagte Caleb.
Reginas Magen zog sich zusammen. Sie reckte das Kinn. »Dylan meinte, dass du mir glauben würdest. Wegen Margred.«
»Ich glaube dir ja.« Calebs Stimme war fest, sein Blick freundlich. »Weshalb ich vorschlage, dass du deine Aussage noch einmal überdenkst, bevor du sie unterschreibst.«
Regina vertraute Caleb. Das hatte sie schon immer getan. Aber unter den gegebenen Umständen …
»Ich will mit Dylan reden«, erwiderte sie.
Caleb runzelte die Stirn, erhob sich steif von seinem Schreibtisch und öffnete die Tür. »Edith, würden Sie …«
Bevor er seine Anweisung an die Stadtsekretärin beenden konnte, trat Dylan in den Raum. Sein Mund war eine schmale Linie, und sofort heftete er den Blick auf Regina.
Sie stieß die Luft aus, von der sie gar nicht wusste, dass sie sie angehalten hatte.
»Das hat jetzt lange genug gedauert«, sagte er gedehnt. »Muss ich eifersüchtig werden?«
»Dein Bruder glaubt, dass dem Staatsanwalt meine Geschichte nicht gefallen wird«, entgegnete sie.
Caleb schloss die Tür vor Edith Paines Nase, die unschlüssig im Vorzimmer stand. »Zumindest Teile davon. Setz dich.«
Dylan hob eine Augenbraue und ließ sich in den Stuhl neben Regina fallen. In dem kleinen, vollgestopften Büro konnte sie es unter seiner äußerlichen Gelassenheit brodeln spüren. »Dann verschone den Staatsanwalt damit. Lass die Anklage fallen oder wie auch immer das heißt.«
»Das kann ich nicht.« Caleb setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. »Strafanträge stellt der Staat, nicht das Opfer. Und nach drei Überfällen scheinbar ohne Bezug zueinander in zwei Monaten kannst du darauf wetten, dass der Staatsanwalt Anklage gegen irgendjemanden erheben wird.«
Regina rutschte nach vorn auf die Stuhlkante. »Aber Jericho ist eigentlich nicht schuldig, oder? Ich meine, wenn er besessen ist …«
»Besessen war«, verbesserte Dylan. »Der Dämon hat ihn verlassen.«
»Das ist der Teil, mit dem der Staatsanwalt Schwierigkeiten haben wird«, sagte Regina.
Caleb seufzte. »Genau genommen wird er – zu Recht – davon ausgehen, dass die Verteidigung die Besessenheit von einem Dämon dazu benutzen wird, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Das Gericht wird berücksichtigen, dass dies Jones’ erstes Delikt ist. Sie werden ihm auch seinen Militärdienst zugutehalten und wahrscheinlich einen Alkohol- und Drogentest anordnen. Und trotzdem muss er sich
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