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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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atmete tief aus. Ihre Hände zitterten, bemerkte sie überrascht. Nun, es war ein langer Tag gewesen. Aufreibend. Und er war noch nicht vorüber.
    Ihr kamen die Worte der Ärztin wieder in den Sinn.
»Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass Stress einen Abbruch auslösen kann.«
    Eine Hand am Rücken, richtete Regina sich langsam auf.
    »Ich bin so weit.« Donna kam in den Raum zurückgeeilt; sie trug eine große Stepptasche und einen kleinen Pappbecher. »Die sind für dich.«
    Regina sah auf die weißen Tabletten herab, die jeweils sechs Ecken wie kleine Stoppschilder hatten. Ihr drehte sich der Magen um. »Was ist das?«
    »Antibiotika.« Das Lächeln der Ärztin war unerschütterlich. »Für den Fall einer Infektion.«
    Nein,
dachte Regina instinktiv. Und dann:
Warum denn nicht?
    Sie streckte die Hand schon halb nach dem Pappbecher aus.
    Das Spiraltattoo an ihrem Handgelenk glühte schwach blau auf.
    Donna zischte und wich zurück.
    Regina klopfte das Herz bis zum Hals. Ihr Puls hämmerte. Vorsichtig drehte sie die Hand, um das glühende Mal zu verbergen. Wenn sie nur so tun könnte, als … Wenn sie nur hier weg könnte …
    Sie zerdrückte den Becher zwischen Daumen und Zeigefinger. »Danke«, sagte sie mit rauher Stimme. »Ich nehme sie, sobald ich zu Hause bin.«
    Falls sie nach Hause kam. Sie schlängelte sich um den Untersuchungstisch herum.
    O Gott, bring mich hier raus.
    Donna trat zwischen sie und die Tür. Ihre Augen glitzerten eigenartig. »Du solltest sie wirklich gleich nehmen.«
    »Ich …« Mist. »Ich will einfach nach Hause.«
    »Nimm sie.«
    »Später.«
    »Jetzt.«
    »Nein.«
    Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Reginas Magen verkrampfte sich. Sie war behütet, rief sie sich in Erinnerung. Beschützt. Das Ding, das aus Donnas Augen blickte, konnte sie nicht zwingen, die Tabletten zu nehmen. Konnte nicht verhindern, dass sie ging.
    Donna – oder welches Alien auch immer in die Ärztin gefahren war – erholte sich so weit, dass es langsam lächeln konnte. »Deine Entscheidung. Aber ich denke, du wirst bleiben und deine Medizin nehmen. Oder du wirst deinen Sohn nie wiedersehen.«

[home]
    18
    N ebel stieg vom Wasser auf. Er verschluckte das Meer und Dylans Segel und ertränkte die Hügel an Land. Dylan ergab sich dem feuchten Zwielicht, ließ zu, dass es seine Haut mit einem Film überzog und seine Wimpern mit Perlen besetzte und ihn und sein Boot in Sprühregen und Schatten hüllte, während er dem Sog seines persönlichen Sterns folgte.
    Er war Nick nun sehr nah. Er konnte es spüren. Als ob sie ein Spiel aus seiner Kindheit spielten:
kalt, warm, wärmer …
    Seine Sinne schärften sich – es waren die Sinne eines Tiers auf der Jagd. Eine Insel tauchte aus der See auf wie ein Krake, glatt und tropfend, bedeckt mit Höckern und Unkraut, mit Augen übersät. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Seine Muskeln spannten sich an.
    Wärmer …
Heiß.
    Nick war hier. Allein? Am Leben?
    Die rundliche Form löste sich in eine lange, geschwungene Mauer auf. Aus den Augen wurde eine Reihe von Fenstern, rechteckig und leer.
Eine Festung.
Die Küste war übersät von verlassenen Bunkern aus Ziegel und Stein, die gebaut worden waren, um Häfen und Städte vor den Spaniern, Engländern und Nazis zu schützen.
    Dylan fletschte stumm die Zähne, als der Wind ihm den Geruch von Asche zutrug. Oder vielleicht auch keineswegs verlassen.
     
    Reginas Mund wurde trocken. Ihr Gesichtsfeld verengte sich, bis sie nur noch diese hellen, wissenden Augen und dieses schreckliche, höhnische Lächeln sah.
    »Nick«, flüsterte sie.
    Heilige Maria, Muttergottes, bitte nicht …
    »Nick«, bestätigte das Ding mit Donnas Gesicht nickend. »Zum Kotzen, oder? Du musst entscheiden, welches Kind du retten willst. Den Zellhaufen in dir oder … deinen kleinen Jungen.«
    Reginas Brust schmerzte. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie bekam keine Luft mehr. Wo war Dylan? Wo war Caleb? O Gott, und wo war Nick?
    »Tu ihm nichts.« War das ihre Stimme, dieses bettelnde, atemlose Flüstern? »Töte ihn nicht. Bitte.«
    »Ihn töten?« Die Ärztin neigte den Kopf, als würde sie über die Möglichkeit nachdenken. »Oh, ich denke nicht, dass wir das tun werden.«
    »Ich denke nicht«?
    Rage tröpfelte über den Eisball aus Angst in Reginas Bauch. Aber die Angst war größer.
    »Ihr wollt doch gar nicht ihn«, sagte sie mit bebender Stimme. »Er ist nicht …«
    »Er ist für sie nicht von Wert«,
hatte Dylan gesagt.
    »Er hat nichts mit

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