Feurige Begegnung auf Mallorca
am Horizont mit dem Himmel zu verschmelzen schien.
„Die Bucht gilt als eine der schönsten auf der Insel“, erklärte Tómas. „Ich werde nie den Tag vergessen, als ich diesen Ausblick zum ersten Mal erleben durfte. Ich hatte das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Plötzlich waren alle Sorgen und Verpflichtungen vergessen.“
„So ähnlich geht es mir auch.“ Jenna nickte. „Aber wie kommt es, dass der Strand nicht so überlaufen ist wie viele andere auf der Insel?“ Sie machte eine alles umfassende Handbewegung. „Ich meine, wir sind hier ja nahezu allein.“ Das stimmte in der Tat: Bis auf ein paar Leute, die sich vor der Küste an Deck einer Jacht sonnten, und einem Liebespaar, das Hand in Hand etwas weiter vorn am Strand spazieren ging, war niemand zu sehen. Doch beim Anblick des Pärchens stieg direkt ein seltsames Gefühl in Jenna auf. Sofort kam ihr wieder Kevin in den Sinn, und sie musste an die Zeit zurückdenken, in der sie gemeinsam Hand in Hand …
Rasch verscheuchte sie die Gedanken daran wieder. Jetzt war weder die Zeit noch der passende Ort, über so etwas nachzugrübeln. Stattdessen sollte sie das hier lieber genießen!
„Die meisten Touristen halten sich an die großen Strände“, beantwortete Tómas ihre Frage. „Vor allem wohl deshalb, weil diese nah an den Hotels liegen. Solche verschwiegenen Buchten sind eher etwas für verklärte Romantiker.“
„So wie Sie?“, fragte Jenna, die sich diese Bemerkung nicht hatte verkneifen können.
Unwirsch winkte Tómas ab. „Ich erfreue mich lediglich an den Schönheiten der Natur, mehr nicht“, gab er kurz angebunden zurück. „Außerdem bevorzuge ich die Einsamkeit. Und jetzt sollten wir weitergehen. Allzu lange habe ich ohnehin keine Zeit, wie Sie wissen, bin ich ein …“
„… ein viel beschäftigter Mann“, vollendete sie den Satz. „Aber machen Sie sich keine Hoffnungen – so schnell kriegen Sie mich nicht wieder von hier fort!“ Mit diesen Worten zog sie ihren hellblauen, mit bunten Blüten bedruckten Sommerrock, der ihr bis oberhalb der Knöchel reichte, ein ganzes Stück hoch und lief ins Meer. Das Gefühl, als die erste Welle ihre Waden umspülte, war einfach unbeschreiblich. An der Oberfläche von der Sonne aufgewärmt, war das Wasser gleichzeitig kühl und belebend. Jenna konnte die Strömung spüren, die den Sand unter ihren nackten Zehen mit sich hinaus ins offene Meer zog.
„Wollen Sie sich nicht auch etwas erfrischen?“, fragte sie. „Es ist einfach herrlich!“
Doch Tómas, der heute wieder Jeans und ein weites kurzärmeliges Hemd trug, was ihm ganz ausgezeichnet stand, hob abwehrend die Hände. „ No, gracias, ich bleibe lieber trocken.“
„Ach, kommen Sie schon!“, forderte sie, während sie sich bückte und ihre Hände ins kühle Nass tauchte, um gleich darauf etwas Wasser in seine Richtung zu spritzen. „Seien Sie doch nicht so schrecklich steif! Wir sind schließlich hier, um uns zu vergnügen, oder etwa nicht?“
Jetzt musste auch er lachen, blieb aber bei seinem Entschluss und setzte sich stattdessen ein paar Meter von ihr entfernt in den Sand. „Glauben Sie mir: Ihnen bei Ihren Wasserspielchen zuzuschauen, ist für mich das größte Vergnügen!“
Tómas atmete tief ein. Es war wirklich ein Vergnügen für ihn, Jenna dabei zu beobachten, wie sie ausgelassen im kühlen Nass herumtollte. Das strahlende Lächeln auf ihren Lippen ließ sie einen Moment lang wie ein kleines Mädchen wirken, das gerade dabei war, die Welt zu entdecken.
Doch dieser Moment dauerte nur kurz an, und dann sah Tómas wieder die erwachsene Frau vor sich, die attraktiver war als alle anderen weiblichen Wesen, die er jemals zuvor kennengelernt hatte. Ihr Anblick raubte ihm schier den Atem, und so konnte er weiterhin nur im Sand sitzen und sie beobachten.
Er wunderte sich über sich selbst. Mitten am Tag hier am Strand zu relaxen und sich einfach nur zu amüsieren, so etwas hatte er schon sehr lange nicht mehr getan.
Viel zu lange.
Unwillkürlich ließ er die Gedanken zurück in die Vergangenheit wandern. Er dachte an Fernanda und daran, wie glücklich sie gewesen waren. Glücklich und unbeschwert. Damals hatte er geglaubt, dass nichts und niemand dieses Glück je zerstören könne, doch dann war alles anders gekommen, und …
„Also, ich finde, dass Ihnen etwas entgangen ist“, riss Jenna ihn aus seinen Gedanken, als sie auf ihn zugelaufen kam. Ihre nassen Füße hinterließen zarte Abdrücke im feinen Sand.
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