Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
seufzte.
»Nun, ich habe den ganzen Tag Zeit und werde dich hier festhalten, bis du alle köstlichen Einzelheiten gestanden hast, das schwöre ich.«
Christian lauschte begierig, als Velvet ihr schilderte, wie sie Mary Beale gebeten hatte, sie als Akt zu porträtieren. Als sie geendet hatte, war die Witwe sprachlos.
»Du hast ihm tatsächlich geraten, das Bild im Empfangssaal der öffentlichen Bewunderung auszusetzen? Ach, ich wünschte, ich wäre Zeugin deiner triumphierenden Erklärung gewesen!«
»Es war nur gespielte Tapferkeit – innerlich zitterte ich wie Wackelpudding. Leider sagte ich es vor seiner Verlobten Mary Butler. Womöglich wird sie ihn jetzt nicht heiraten wollen.«
»Mary Butler ist ein Kind von fünfzehn Jahren und hat nichts zu sagen. Ormonde wird dafür sorgen, dass die Partie zustande kommt. Das Vermögen der Devonshires ist das größte Englands«, tat Christian Velvets Befürchtung ab. »Meinen Enkel hat es immer nach dir gelüstet. Also, jetzt hat er die nackte Venus, und du möchtest sie zurückbekommen?«
»Für mich war es zunächst die absolute Katastrophe, die alles um mich herum einstürzen ließ. Dann aber entdeckte ich, dass ich ein Kind erwarte, und plötzlich wurde das Bild im großen Gefüge der Dinge bedeutungslos.«
»Männer sind so gewissenlos, zumal die Cavendish-Männer. Dies könnten wir freilich zu unserem Vorteil wenden und uns ihre Taktik zu Eigen machen. Natürlich würde ich nicht zögern, meinen Enkel zu erpressen.«
»Und das würde wirken, Christian?«
»Es genügt die Drohung, meine Unterschrift unter einige Erbschaftsdokumente zu verweigern, und, voilà, dein Porträt wird wie durch ein Wunder zurückgegeben. Wenn ich Princess Mary besuche, werde ich diesem jungen Lüstling ein Ultimatum stellen.«
»Ich werde immer in deiner Schuld stehen.«
»Ja, du wirst mich zur Patentante deines Kindes machen müssen.«
»Danke, Christian. Das ist eine große Ehre.« Velvet stellte ihre Teetasse ab. »Ich wünschte, es wäre Minette, die auf Besuch kommt – wir waren so eng befreundet. Princess Mary bin ich nie begegnet.«
»Es wird interessant, Mienen- und Gebärdenspiel zwischen Mary und Henry Jermyn zu beobachten«, sagte die Witwe mit schelmischem Blick.
»Mit dem Earl of St. Albans? Wirklich?«
»Wirklich! Es wurde gemunkelt, sie hätten heimlich geheiratet, aber Henrietta Maria bestritt es mir gegenüber energisch. Mary wurde mit neunzehn Witwe, wer könnte es ihr also verübeln, dass sie sich einen Liebhaber nahm?«
»Ich staune, wie informiert du über alle Hofintrigen bist.«
»Ja, das gehört zu den Vorteilen, wenn man eine Vertraute der Königin ist. Alte Frauen frönen endlosem Tratsch.« Christian beugte sich vertraulich zu ihr. »Eine der Damen Princess Marys ist Anne Hyde, die Tochter des Chancellor. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie Charles’ Bruder James liebt.«
»Leider steht der Duke of York im Ruf, ein Frauenheld zu sein.«
Christian lachte hell auf. »Velvet, du setzt mich immer wieder in Erstaunen. In ganz England gibt es keinen größeren Frauenhelden als Charles Stuart, doch macht dich deine Schwärmerei für seine offenkundige Lüsternheit blind. In deinen Augen kann der König nicht Unrecht tun.«
Velvet errötete beim Gedanken an die langbeinige Tänzerin, mit der Charles sich auf Roehampton vergnügt hatte. Sie dachte an die schöne Countess of Falmouth und an die hochschwangere Babara Palmer. »Nein, ich bin jetzt nicht mehr blind dafür. Seine laxe Moral heilte mich von meiner Schwäche für ihn, doch er wird immer mein Freund sein, gleichgültig wie viele Geliebte er sich hält.«
»Das ist sehr lobenswert, meine Liebe. Du wirst eine wundervolle Mutter abgeben, Velvet.«
Noch nie im Leben hatte Montgomery die rauchgeschwängerte Luft und den Anblick der Kirchtürme Londons so beglückend empfunden. Princess Mary und ihr Gefolge von Ehrendamen waren trotz des sorgfältig ausgearbeiteten Reiseplans, für den er und seine Gardisten gesorgt hatten, nur im Schneckentempo vorangekommen.
Das Löschen der Fracht des Schiffes aus Den Haag hatte zwei volle Tage in Anspruch genommen, da die Damen ihre Pferde und wahre Berge von Gepäck, Betten und Möbel eingeschlossen, mitführten.
Um sich von der Seekrankheit zu erholen, hatte Princess Mary zwei Tage lang das Bett gehütet. Zusätzlich zu Karossen hatte Montgomery Gepäckkarren mieten müssen, dazu Zugtiere und Kutscher. Umsichtig wie immer hatte er einen Mann
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