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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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nur als Monomanen kennen und die mich langsam und geduldig, in Worten, die nur aus einer Silbe bestehen, über Arsenalergebnisse befragen, ehe sie sich anderen Menschen zuwenden, um über das Leben zu sprechen – als ob Fußballfan zu sein, die Möglichkeit ausschließt, eine Familie, einen Job oder eine Meinung über alternative Medizin zu haben.) Andererseits erzeugt unsere Versponnenheit beinahe unvermeidlich gönnerhafte Herablassung. Ich weiß das alles, und trotzdem will ich meinem Sohn die Namen Liam Charles George Michael Thomas aufhalsen. Ich schätze, ich kriege, was ich verdiene.

Tag der Reifeprüfung

    Arsenal gegen Ipswich – 14.10.72

    Mit fünfzehn war ich nicht mehr ganz so klein – tatsächlich gab es jetzt in meiner Klasse eine Anzahl von Jungs, die kleiner waren als ich. Utas war in fast jeder Beziehung eine Erleichterung, aber es brachte auch ein Problem mit sich, das einige Wochen ununterbrochen an mir nagte: Wenn ich nur den geringsten Selbstrespekt bewahren wollte, konnte ich meinen Umzug aus der Schoolboy’s Enclosure auf die überdachte Nordtribüne hinter dem Tor, wo Arsenals stimmgewaltigste Anhänger standen, nicht länger hinauszögern.
      Ich hatte mein Debüt mit großer Sorgfalt geplant. Einen guten Teil jener Saison hatte ich mehr Zeit damit verbracht, auf den besorgniserregenden Haufen lärmender Menschen zu meiner Rechten zu starren als geradeaus auf den Platz, denn ich versuchte genau rauszukriegen, wohin ich mich stellen konnte und welche Abschnitte besser zu vermeiden waren. Das Spiel gegen Ipswich sah nach einer idealen Gelegenheit für mich aus. Es war wenig wahrscheinlich, daß die Fans von Ipswich versuchen würden, die Nordtribüne zu stürmen, und es würden wohl kaum viel mehr als dreißigtausend Zuschauer da sein, also etwa ein halbvolles Stadion. Ich war bereit, die Schuljungs zu verlassen.
    Es ist heute schwierig, mich daran zu erinnern, was genau mir Sorgen machte. Schließlich stand ich, wenn ich nach Derby oder Villa reiste, normalerweise im Gästeblock, der einfach eine örtlich verschobene Nordtribüne war, so daß es nicht die Aussicht auf Ärger (der bei Auswärtsspielen oder in der gege nüberliegenden Kurve des Arsenalstadions wahrscheinlicher war) oder Angst vor der Art von Leuten, bei denen ich stehen würde, gewesen sein kann. Ich nehme eher an, daß ich fürchtete, enttarnt zu werden, so wie es mir in jenem Jahr in Reading passiert war. Angenommen, die Leute um mich herum fanden heraus, daß ich nicht aus Islington kam? Angenommen, ich wurde als vorstädtischer Eindringling entlarvt, der auf eine humanistische Oberschule ging und Latein als Prüfungsfach hatte? Letztlich mußte ich das Risiko auf mich nehmen. Auch wenn ich, was wahrscheinlich schien, die gesamte Tribüne zu einem ohrenbetäubenden Gesang »HORNBY IST EIN WICHSER« oder »WIR ALLE HASSEN STREBER, HASSEN STREBER, HASSEN STREBER« zur Melodie des DAMBASTERS’ MARCH provozieren würde, war das egal – zumindest hätte ich es versucht.
      Ich betrat um kurz nach zwei die Tribüne. Sie erschien mir gewaltig, viel größer, als sie von meinem bisherigen Standort aus gewirkt hatte. Eine riesige Ausdehnung steiler, grauer Treppen, über die ein komplexes Muster metallener Wellenbrecher verteilt war. Der Platz, für den ich mich entschieden hatte – auf halber Höhe in der Mitte –, bedeutete sowohl eine gewisse Menge an draufgängerischem Trubel (der Lärm in den meisten Fußballstadien beginnt im Zentrum der Heimtribüne und verbreitet sich strahlenförmig nach außen, die Tribünen mit ihren Sitzplätzen beteiligen sich nur in Augenblicken höchster Erregung) als auch eine gewisse Vorsicht meinerseits (hinten in der Mitte ist zum Beispiel kein Ort für den zaghaften Debütanten).
    Momente, in denen sich das Leben verändert, finden sich gemeinhin eher in Romanen oder Mainstream-Hollywoodfilmen mit Anspruch als im wirklichen Leben, speziell im wirklichen vorstädtischen Leben. All die Dinge, die mich eigentlich hätten verändern sollen – erster Kuß, Verlust der Jungfräulichkeit, erste Schlägerei, erstes Besäufnis, erste Drogen –, schienen einfach zu passieren. Da war kein Wille am Werk, und mit Sicherheit fand kein schmerzhafter Entscheidungsprozeß statt (der Erwartungsdruck, den eine Gruppe Gleichaltriger ausübt, schlechte Veranlagung und die vergleichsweise sexuelle Frühreife des weiblichen Teenagers trafen all diese Entscheidungen für mich), und vielleicht blieb ich

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