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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Roca selbst hat sich physisch gewehrt.«
    »Wir haben jetzt keine Zeit für solche Erörterungen«, sagte Matthias. »Während wir uns unterhalten, sterben unsere Leute in der ganzen Stadt. Nur hier haben wir die Antwort darauf gefunden.«
    »Die Antwort liegt im Weihwasser«, sagte der Rocaan. »Und es geht nicht einfach nur darum, das Wasser des Cardidas zu weihen. Das Geheimnis wurde vom Roca an den Ersten Rocaan weitergegeben, es wurde jedem Rocaan wie ein sorgsam gehüteter Schlüssel überreicht. Nur ich bin in der Lage, diese Waffe herzustellen, und deshalb müßt Ihr mir zuhören.«
    Matthias biß sich auf die Oberlippe. Seine untere Zahnreihe war gelb und schief.
    »Der Roca hat uns das Weihwasser nicht zum Töten gegeben«, sagte der Rocaan.
    »Nein, er hat es uns zum Leben gegeben«, erwiderte Matthias. »Erst jetzt haben wir das Geheimnis verstanden. Kommt es mit einem frommen Mann in Berührung, so wird er gereinigt, trifft es einen Bösen, kommt er dadurch um.«
    Der Rocaan schauderte. »Eure Gedanken greifen zu kurz. Wenn das Weihwasser die Bösen tötet, müßte jeder Sünder, der das Mitternachtssakrament besucht, jeder Mörder, jeder Dieb sterben. Was hier geschieht, geht weit darüber hinaus. Als hätte die Anwesenheit der Fey einen neuen Zauber zum Leben erweckt, dem ich meine Zustimmung verweigere.«
    Wieder ertönte ein Schrei aus dem Hof, der langgezogene, laute Todesschrei eines Mannes. Im selben Augenblick pochte jemand gegen die Tür. »Heiliger Herr!« rief die Stimme. »Das Weihwasser geht zur Neige.«
    Matthias leckte sich die Lippen. Noch nie hatte der Rocaan seine Augen so voller Panik gesehen. Matthias schluckte, als sei er zu nervös, um zu reden, und senkte dann den Kopf. Er sah den Rocaan nicht an, während er sprach. »Wenn Ihr nicht mehr Wasser segnet, Heiliger Herr, dann werdet Ihr das höchste Gesetz der Geschriebenen und Ungeschriebenen Worte brechen. Ihr habt recht, wenn Ihr sagt, daß der Mensch nicht töten soll, aber in den Worten und in unserer Geschichte sind auch Kriege eingeschrieben. Die Unterstützung des Königs beim Bauernaufstand wurde von dem damaligen Rocaan als heiliger Krieg bezeichnet. Wollt Ihr behaupten, daß man sich nicht verteidigen darf?«
    Matthias verfügte über den Verstand eines Gelehrten. Der Rocaan hatte sich dieses Verstandes in der Vergangenheit schon oft bedient, aber jetzt konnte er ihm nicht folgen. Er würde sich erst verteidigen, wenn er das Argument verstanden hatte. »Welches Gesetz breche ich?«
    Matthias sah auf, sein bleiches Gesicht war gerötet. »Ihr würdet morden, Heiliger Herr. Massenmord begehen. Ihr würdet uns … Ihr verurteilt uns alle zum Tode.«
    Der Rocaan trat einen Schritt zurück. Das hatte er nicht bedacht. Sein Kopf begann schmerzhaft zu pochen. Es klopfte erneut an die Tür.
    Matthias schob sich dicht an ihn heran. Er setzte seinen hochgewachsenen Körper wie eine einschüchternde Waffe ein. »Wir sind machtlos gegen Zauberkräfte. Wir überleben sie nicht. Wenn wir uns gegen diese Wesen nicht verteidigen, werden wir abgeschlachtet wie die Schafe vor der Stadt. Während wir hier reden, könnte der König bereits im Sterben liegen. Der König, ein direkter Nachfahre des Roca auf Erden. Durch das Gesetz des Schwertes sind wir verpflichtet, alle Gläubigen zu schützen. Die Fey sind keine Gläubigen. Sie sind etwas anderes. Vielleicht eine Plage, die geschickt wurde, um uns alle zu vernichten. Vielleicht aber ist es unserer Generation bestimmt, neue Eigenschaften des Weihwassers zu entdecken. Vielleicht ist alles ein Zeichen, daß die Gebete des Heiligsten Gottes Ohr erreicht haben und erhört worden sind. Dies alles wollt Ihr uns vorenthalten. Ihr wollt versuchen, ein ebenso großer Märtyrer zu werden wie der Roca. Er ist gestorben, um uns zu retten, Heiliger Herr. Eure Handlung würde uns nicht retten. Sie würde uns alle zur Schlachtbank führen.«
    Wieder klopfte es an die Tür. Keiner der beiden Männer schien es zu hören.
    Der Rocaan war in seinen Stuhl zurückgesunken. Er war es nicht gewohnt, schnelle Entscheidungen zu treffen. Während all seiner Jahre als Rocaan hatte man noch niemals von ihm verlangt, sich ohne lange Gebete und reifliche Bedenkzeit zu entscheiden. Und doch mußte er jetzt, innerhalb von wenigen Augenblicken, eine Entscheidung treffen, die die Beziehung zwischen den Gläubigen, Gott und dem Roca tiefgreifend verändern würde.
    »Heiliger Herr! Bitte!« rief es von draußen.
    »Bitte«,

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