Fey 02: Das Schattenportal
vorzudringen, aber es ist ihm nicht gelungen, einer der höherrangigen Schwarzkittel zu werden. Er meinte, vielleicht gelingt es ihm besser, wenn er erst einmal drinnen ist. Das Problem besteht darin, daß nur zwei der Schwarzkittel wissen, was in dem Gift enthalten ist – und das sind die beiden, die es herstellen. Sie stehen in ständiger Berührung damit. Er ist nicht einmal sicher, ob er sich in einen von ihnen verwandeln kann. Er hat Angst, dabei auf der Stelle zu sterben.«
»Hat er diese Information überprüft?« fragte Rugar. »Ist er sicher, daß seine Person verläßliche Informationen darüber hat?«
»Ja, er ist völlig sicher. Alle diese Religionstypen wissen, daß das Wissen über das Gift zu den Vorrechten dieses Amtes gehört. Es ist so, als wechselte ein Fey mit zunehmender Erfahrung sein magisches Talent, als könnte ich lernen, Visionär oder Solanda zu werden.« Ipper stöhnte. »Nachdem Tel nicht erschienen ist, sieht es ganz so aus, als habe er versucht, sich in einen der Schwarzkittel zu verwandeln, und sei dabei gestorben.«
»Sonst hätte er es sicher einrichten können, sich mit uns zu treffen«, gab Frill zu bedenken. »Er weiß, daß man ein Treffen nicht einfach verpaßt. Ich habe schon mit ihm zusammengearbeitet – so etwas hat er noch nie gemacht, nicht seit wir auf der Blauen Insel sind.«
Rugar stieß einen unterdrückten Fluch aus. Von den sechs Doppelgängern, die er mitgebracht hatte, waren drei in diesem Tabernakel gestorben. Zwei waren im Palast draufgegangen. Einer war unter hohem Risiko im Tabernakel verblieben und konnte zu diesem Zeitpunkt bereits ebenfalls tot sein.
»Papa?« sagte Jewel. Jemand hatte ihn angesprochen.
»Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe nachgedacht.«
»Vergib mir, Herr«, sagte Ipper, »aber ich finde, wir sollten Sucher dort herausholen. Wenn er nichts herausfinden kann, ohne dabei zu sterben, dann nützt er uns dort überhaupt nichts.«
»Mir fällt kein besserer Ort ein, an dem er sich zur Zeit aufhalten könnte«, erwiderte Rugar.
»Aber er ist der einzige Doppelgänger, der uns noch geblieben ist«, warf Jewel ein.
Rugar zog die Stirn kraus. Der Zorn kam wieder über ihn, heftig und stark. Er haßte es, hier in der Falle zu sitzen. Er haßte es, der Gnade des Inselgifts ausgeliefert zu sein. Er mußte sich einen Ausweg ausdenken, aber seit einem Jahr war ihm nicht sonderlich viel eingefallen.
»Wann ist das nächste Treffen ausgemacht?« wandte sich Rugar an Ipper.
»Morgen«, antwortete Ipper. »Er hoffte, bis dahin mit besseren Nachrichten aufwarten zu können.«
»Hatte er einen Plan?« wollte Rugar wissen.
Ipper schüttelte den Kopf. »Nur den, die beiden Schwarzkittel, die das Gift herstellen, zu beobachten, um eventuell herauszufinden, ob es ein Teil von ihnen ist. Wenn nicht, dann wollte er mich in seiner neuen Gestalt treffen.«
Rugar stieß langsam den Atem aus. Es schien ganz so, als sei auf diesem Eiland nichts einfach zu bewerkstelligen. »Wenn er in seiner neuen Gestalt auftaucht, dann kennt er auch das Geheimnis des Giftes, richtig?«
Ipper nickte.
»Wenn nicht, dann hat er Schwierigkeiten, oder er wird bei dem Versuch, die Information zu erlangen, sterben.« Rugar warf Jewel einen Blick zu. Sie betrachtete ihn aufmerksam. »Wenn du ihn morgen triffst, bring ihn zurück ins Schattenland.«
»Auf jeden Fall?« fragte Ipper nach.
»Auf jeden Fall.« Rugar legte die Fingerspitzen aneinander. »Wenn wir das Geheimnis des Giftes nicht auf diese Weise erfahren, dann wissen wir wenigstens, wen wir foltern müssen, um es herauszukriegen.«
19
Es war schon einige Wochen her, seit Alexander zum letzten Mal den Palast verlassen hatte. Der Wind fuhr ihm durchs Haar, eine Strähne fiel ihm über die Augen. Er hatte sich einen von Nicholas’ Lederriemen ausgeborgt, um es zurückzubinden, aber sein Haar war kürzer als das seines Sohnes und wollte nicht recht halten.
Um weniger auffällig zu sein, trug er die Reithosen und das Wams seiner Garde. Lord Stowe hatte zu bedenken gegeben, daß die Fey darauf aus sein könnten, Alexander durch einen Mordanschlag aus dem Weg zu räumen, um die Moral der Inselbewohner zu schwächen. Vor einem Jahr hätte das wohl noch eine ernsthafte Krise heraufbeschworen, jetzt nicht mehr. Nicholas war in seine Rolle als Kronprinz hineingewachsen, er war bereit, die Königswürde zu übernehmen. Alexanders Tod würde sein Volk im Kampf mit den Fey wohl eher noch mehr
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