Fey 02: Das Schattenportal
»Natürlich sind sie in der Lage zu töten, aber nur während des Prozesses des Körperwechsels, was sie zu hervorragenden Spionen und gefürchteten Attentätern macht. Falls Ihr Euch wundert, wie Ihr es geschafft habt, mit Vipern in Eurem Haus zu überleben.«
Alexander hatte sich schon darüber gewundert, doch das mußte der kleine Mann nicht unbedingt wissen. »Wer sind die drei?«
»Ich kenne sie als …« – Fledderer sagte drei Worte, die Alexander nicht kannte – »… was in etwa Sucher, Tel und Schattengänger bedeutet. Ich habe keine Ahnung, unter welchem Namen ihr sie kennt. Das kann sich von Tag zu Tag ändern. Habt ihr irgendwo ein paar Knochen herumliegen sehen, oder vielleicht ein paar Blutlachen? Das sind die Spuren, die ein Doppelgänger zurückläßt, insbesondere, wenn er zur Eile gezwungen ist und seinen Verwandlungsort rasch verlassen muß.«
Alexander lief es eiskalt den Rücken herunter, und er richtete sich gerade auf, um sich seine Unsicherheit nicht an der Haltung anmerken zu lassen. Mindestens ein Fey im Tabernakel und drei im Palast! Allein die Vorstellung entsetzte ihn. »Wie viele Doppelgänger gibt es auf der Blauen Insel?«
»Ungefähr sechs«, sagte der kleine Mann, »es sei denn, ein paar Junge sind inzwischen in den Vollbesitz ihrer magischen Kräfte gekommen und haben Befähigung zur Doppelgängerei bewiesen.«
Sechs. Sechs von diesen Wesen konnten innerhalb eines Jahres einen unermeßlichen Schaden anrichten.
Der kleine Mann klammerte sich fester an die Gitterstäbe. Das Lächeln in seinem Gesicht verblaßte. »Seht Ihr, wie wertvoll Information sein kann?« sagte er. »Ich nehme an, Ihr habt hier keine streunende Katze gesehen, oder? Sie ist eine unserer begabtesten Gestaltwandlerinnen. Sie behaupten, die perfekten Fey zu sein, obwohl ich meine Zweifel daran habe.«
Alexander räusperte sich. »Ich habe nicht um diese Information gebeten. Warum gibst du sie trotzdem preis?«
»Weil ich möchte, daß Ihr mir glaubt, daß ich es ernst meine«, erwiderte der kleine Mann. »Ich möchte, daß Ihr wißt, daß wir auf der gleichen Seite stehen. Ich kann nicht mehr zu meinen ehemaligen Gefährten zurück. Ich dachte, ich könnte bei euch eine neue Heimat finden.«
»Eine neue Heimat?« Montes Stimme klang erstaunt. Alexander hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen.
»Was bekommen wir dafür, daß wir dir erlauben, in unserer Mitte zu leben?«
»Mein Wissen über die magischen Künste und die Hierarchie der Fey«, antwortete der kleine Mann. »Ich weiß alles, was ihr wissen müßt, um sie zu bekämpfen.«
»Wir scheinen uns auch selbst unserer Haut recht gut wehren zu können«, gab Alexander zu bedenken.
Der kleine Mann zuckte die Achseln. »Bis sie das Geheimnis eures Giftes entdeckt haben. Dann werden sie alle gesammelten Informationen einsetzen, um euch zu vernichten!«
»Drohungen machen mir keine Angst«, meinte Alexander.
»Das ist keine Drohung«, konterte der kleine Mann. »Es ist die Wahrheit. Ich habe den Kriegszug gegen Nye mitgemacht. Ich kenne die Geschichte meines Volkes. Wir verlieren nie.«
»Und was ist hier mit euch passiert?« warf Monte ein.
Das Lächeln erschien wieder auf dem Gesicht des kleinen Mannes. Es berührte seine Lippen, doch seine Augen sahen leer aus, ein Blick, der Alexander noch einen Schauer über den Rücken jagte. »Ihr habt die Schlachten gewonnen, doch der Krieg dauert an. Wir sind Fey. Wir verschwinden nicht, ehe wir gewonnen haben – koste es, was es wolle.«
»Danach habe ich nicht gefragt«, sagte Monte. »Du sagtest, deine Leute verlieren nicht, und doch steckt ihr hier schon ein ganzes Jahr fest, ohne Nachschub, ohne Verstärkung und ohne ein Mittel gegen unser Weihwasser gefunden zu haben. Das sieht mir eher nach einer Niederlage aus.«
Der kleine Mann seufzte und schien zum ersten Mal nach Worten zu suchen. »Es ist ungewöhnlich, das gebe ich zu. Deshalb greifen sie auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Sie fangen mit nichtswürdigem Leben wie dem meinen an und gehen immer höher. Sie versuchen herauszufinden, wie euer Gift funktioniert. Sie wollten mich damit begießen und sehen, ob ich es überlebe. Sie rechneten damit, weil ich nicht über Zauberkräfte verfüge.«
»Glaubst du das?« fragte Alexander.
Der kleine Mann schüttelte den Kopf. »Würdet Ihr das Risiko eingehen? Welcher vernünftig denkende Mensch würde das tun? Ich weiß, daß nach der Ersten Schlacht um Jahn zwei Rotkappen nicht mehr
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