Fey 02: Das Schattenportal
befeuern.
Trotzdem ließ er sich überallhin von einem Trupp seiner Leibgarde begleiten. Da er an diesem Nachmittag das Schloß verlassen wollte, scharte sich die Garde um ihn. Einige von ihnen waren sogar entlang der Route postiert worden. Er wünschte sich, nur einmal noch einfach so drauflosreiten zu können, wenn er den Wunsch danach verspürte. Doch dem war nicht so. Sein Leben war kostbar. Nicht nur für ihn, sondern für die Blaue Insel.
Das Burgverlies befand sich im hinteren Teil der Unterkünfte für die Wachmannschaften, gegenüber dem Palasttor. Das Verlies selbst war von der übrigen Stadt durch eine Baumreihe abgetrennt, die im Quadrat rings um das Gebäude gepflanzt war. Auf der Innenseite dieses Wäldchens standen Wachtposten, die, wenn ein Gefangener einsaß, ständig die Eingänge im Auge behielten. Die Strafen waren sehr hart, denn die Wachen benutzten das Gebäude zur Bestrafung ihrer eigenen Leute.
Als Monte ihn aufgesucht und ihm mitgeteilt hatte, sie hätten einen Fey gefangengenommen, den sie nicht ins Verlies werfen wollten, hatte Alexander sofort aufgehorcht. Bislang waren alle gefangenen Fey während der Gefangenschaft verschwunden oder hatten sich, falls sich keine Gelegenheit dazu ergeben hatte, umgebracht. Keiner der in den Schlachten und Handgemengen gefangenen Fey hatte Jahn lebend erreicht.
Nicholas wollte den Gefangenen selbst befragen, doch Alexander hatte es nicht zugelassen. Er hatte gehört, daß die Fey hexen und verzaubern konnten, und er vermutete ohnehin, daß Nicholas etwas in der Art zugestoßen sein konnte, als er am Tag der Invasion auf den weiblichen Fey getroffen war. Aufgrund seiner Jugend und Unerfahrenheit mochte Nicholas für derlei magische Tricks zu anfällig sein. Alexander sollte den Gefangenen auch nicht selbst befragen, aber er wollte beurteilen, ob der Gefangene bluffte oder nicht. Er nahm sich vor, soviel Platz wie möglich zwischen sich und dem Gefangenen zu lassen.
Monte stand bereits wartend vor dem Verlies. Alexander reichte einem der Wächter ein Fläschchen Weihwasser und hielt sich ein wenig abseits, während der Mann Monte der Probe unterzog. Dann nickte Monte, und Alexander folgte ihm nach drinnen.
Das Gebäude roch nach Schweiß, Angst und Urin. Zwischen den Türen hingen, jeweils mehr als eine Armeslänge von jeder entfernt, Fackeln an den Wänden. Das hieß, daß die großen Eichentüren selbst im Dunkeln lagen. Hin und wieder konnte er durch den schmalen Schlitz, der auf Augenhöhe in das Holz geschnitten war, das Rasseln von Ketten oder den schwachen Ruf eines Gefangenen hören. Zur Zeit befanden sich in diesem Gemäuer fünf Gefangene, derjenige, den Alexander sehen wollte, nicht mitgezählt. Zwei der fünf anderen saßen wegen Diebstahls im Palast ein, einer wegen Vernachlässigung seiner Pflichten, und zwei, weil sie versucht hatten, bei der Invasion der Fey ihren Posten zu verlassen. Alexander hatte die Motive der Deserteure durchaus nachvollziehen können: Beide hatten geltend gemacht, nur geflohen zu sein, weil sie sich versichern wollten, ob es ihren Familien noch gutgehe. Doch die Garde des Königs legte einen Schwur ab, der Gott und König über ihre Familien stellte, und deshalb war das unerlaubte Verlassen ihres Postens ein schweres Verbrechen.
Die anderen fünfzehn, die das gleiche getan hatten, waren bereits hingerichtet worden. Bei den beiden letzten konnte sich Alexander nicht bis zum Äußersten durchringen: Sie waren so jung und unschuldig, daß sie ihn an Nicholas erinnerten.
Monte führte ihn durch einen Gang, den der König noch nie zuvor betreten hatte. Er schob sich an der ersten Reihe von Zellen vorbei, weiter nach hinten, zu dem Raum, in dem die uralten Folterinstrumente aufbewahrt wurden. Vor dieser Tür blieb Monte schließlich stehen. Er nahm eine Fackel aus ihrer Halterung, reichte sie einem von Alexanders Leibwächtern und bat den Mann, von dem Gefangenen Abstand zu halten. Dann wählte er den richtigen Schlüssel aus dem Schlüsselring an seinem Gürtel aus, sperrte die schwere Eichentür auf und ging hinein. Alexander und zwei seiner Soldaten folgten ihm.
Alexander holte tief Luft. Seit dem Vorfall mit diesem Mädchen vor einem halben Jahr war er keinem Fey mehr nahe gekommen. Ihre Unerschrockenheit und ihr Selbstbewußtsein hatten ihm Angst eingejagt. Obwohl sie die Gefangene gewesen war, hatte sie ihm den Eindruck vermittelt, viel stärker als er zu sein.
Diese Zelle war anders als die anderen
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