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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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auch keine Zimmer sauber, und wir führen keinen Krieg mit dem Blut unserer Feinde. Wir verfügen über keinerlei Zauberkräfte.«
    »Wir haben hier aber schon zweimal Anzeichen für Zauberkraft festgestellt«, sagte Jewel. »Und das ist kein Zufall mehr.«
    Adrian seufzte und zog langsam das Band am linken Handgelenk fest. »Hör mal«, sagte er mit getragener Stimme. »Falls wir über Zauberkräfte verfügen, dann wissen wir es nicht, und schon gar nicht wenden wir sie an. Falls einige von uns Magie praktizieren, dann habe ich noch niemals etwas davon gehört. Es gehört einfach nicht zu uns.«
    »Was ist mit eurer Religion?«
    »Am Ende läuft es immer darauf hinaus, was? Wenn ihr einen Fachmann für Rocaanismus haben wollt, müßt ihr einen Aud entführen.«
    »Wir haben dich«, sagte Jewel.
    »Und ich weiß nichts über Weihwasser oder Magie oder sonst etwas in dieser Richtung. Ich weiß ja kaum, wer die Ratgeber des Königs sind – und diese Information habe ich dir und deinem Vater bereits mitgeteilt. Es wird nicht mehr lange dauern, dann müßt ihr mich die Inselsprache unterrichten lassen, weil ich einfach nichts mehr mitzuteilen habe.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hättest dir eher überlegen sollen, mit wem du dich auf einen solchen Handel einläßt.«
    »Wir haben dich nicht allein der Information wegen hierbehalten«, erwiderte Jewel. »Auch der Interpretation wegen. Soeben habe ich dir Fragen hinsichtlich der Magie gestellt, und du bist ihnen ausgewichen. Ich will eine ehrliche Antwort.«
    »Ich habe dir ehrlich geantwortet«, maulte er. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Dann fang an zu interpretieren.«
    Er ließ die Arme sinken und setzte sich aufs Bett. »Ich habe nicht genug Material zum Interpretieren.«
    »Du weißt, wie das Gift auf uns wirkt. Das ist Magie. Und jetzt hat eine von uns einen Inselbewohner aufgespürt, der geistige Fährten legen kann. Auch das ist Magie. Was fällt dir dazu ein?«
    »›Hinter dem, was wir sehen, existiert noch eine ganz andere Welt, eine Welt jenseits unseres Verständnisses.‹« Er hatte halb singend gesprochen und grinste, als er damit fertig war. »Die Geschriebenen und Ungeschriebenen Worte, der Grundstein unserer Religion.«
    Sie schnappte nach Luft und wollte ihn seiner Begriffsstutzigkeit wegen schon beschimpfen, als ihr klar wurde, daß er bei allem Sarkasmus nicht riskieren würde, sie anzulügen. Nicht so bald. Dazu war die Erinnerung an seinen Sohn noch zu frisch. »Dann akzeptiert ihr also Dinge, die ihr nicht versteht, als Bestandteile jener unverständlichen Welt?«
    Er nickte. »Wenn uns niemand lehrt, daß es uns etwas angeht und wichtig für uns ist, glauben wir einfach, daß wir es ohnehin nicht verstehen. Wir überlassen es Gott oder klügeren Wesen, sich einen Reim darauf zu machen.«
    »Gott und klügeren Wesen!« Sie zog die Stirn kraus. »Seid ihr denn überhaupt nicht neugierig?«
    »Neugier ist etwas ganz anderes«, erwiderte er. »Wir sind alle sehr neugierig. Wir müssen unsere Neugier nur nicht ständig befriedigen.«
    »Hast du schon jemals derartige Dinge gesehen? Magische Dinge?«
    »Ich habe manche Dinge gesehen, die ich nicht verstanden habe«, sagte er. »So verstehe ich zum Beispiel nicht, weshalb ein Volk, das bereits die halbe Welt erobert hat, unbedingt unser kleines Eiland besitzen will. Ich verstehe nicht, warum der Himmel blau ist und warum die Stürme am heftigsten in der Nähe der Felsenwächter toben. Aber ich habe diese Dinge akzeptiert. Sie liegen jenseits meiner Fähigkeiten, sie zu verändern.«
    »Sieh mal an, ein Philosoph«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Ein Realist. Ich werde niemals die Antworten auf alle meine Fragen finden. Also akzeptiere ich die Tatsache, daß es Dinge gibt, die ich nie, niemals verstehen werde.«
    »Und du willst kein Philosoph sein! Aber ich habe jetzt andere Dinge zu erledigen. Bist du sicher, daß du zum Thema Inselmagie nicht mehr zu sagen hast?«
    »Wenn mir etwas dazu einfällt, Prinzessin, bist du die erste, die es erfährt.«
    »Herzlichen Dank.« Sie schloß die Tür und ging zu ihrer Hütte zurück. Das Gefühl, das sie seit dem Besuch bei dem Kind beschlichen hatte, wurde immer beklemmender. Zu allem anderen mischte sich eine Spur von Entsetzen. Sie rannte die Treppe zur Hütte hinauf und machte die Tür auf.
    Drinnen stand ihr Vater auf seinem Lieblingsplatz neben dem Kamin. Er hielt Jewels Decke in der Hand, diejenige, die Solanda zuvor getragen hatte.

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