Fey 02: Das Schattenportal
Anlagen, und bei dem Erwachsenen schimmert die Magie nur noch gelegentlich und sehr schwach durch. Aber ich glaube nicht, daß das bei diesem Kind der Fall ist.«
»Inselbewohner verfügen nicht über magische Kräfte«, gab Jewel zu bedenken.
»Wie auch immer: Dieses Kind ist kein Fey, aber es hat die Magie. Es ist stark. Und momentan beschränkt es sich hauptsächlich auf geistige Überlebenstricks. Es kann bezaubern, und es kann Fährten legen. Ich bin sicher, daß es einen Pfad bis hierher ins Schattenland gelegt hat, damit seine Leute es wiederfinden.«
»Aber sie können ihm nicht bis hinein folgen.«
»Wenn sie Zauberkräfte haben, dann schon«, sagte Dello. »Entweder irgendeine Art von Magie, Jewel, oder sie kennen den Spruch. Bislang mußten wir uns nur noch keine Gedanken über andere magiebegabte Wesen machen.«
Jewel blickte zur Tür und biß sich auf die Unterlippe. Dello hatte recht. Bisher hatte es zwar Andeutungen und Drohungen gegeben, aber noch nie war ihnen bei anderen Völkern echte Magie begegnet. Und wenn Dellos Vermutungen stimmten, würde es für Caseo noch deutlich schwerer werden, das Geheimnis des Giftes zu enthüllen. Womöglich war es gar kein Gift, sondern etwas Verzaubertes.
Trotz ihrer egoistischen Anwandlungen hatte Solanda das Kind richtig beurteilt und seine Wichtigkeit für die Fey sofort erkannt.
»Will Solanda das Kind denn behalten?« fragte Jewel.
»Ich glaube, sie war eher froh, es los zu sein«, sagte Dello. »Er jedenfalls war froh, als sie weg war.«
»Hat sie ihm etwas angetan?«
»Körperlich jedenfalls nicht. Aber dieses Kind ist ungewöhnlich sensibel. Es wußte genau, daß sie es von zu Hause wegnahm.«
Jewel nickte. Die Vorstellung von echter Magie auf der Blauen Insel machte sie schwindlig. Sie berührte Dellos Arm, dankte ihr und ging zur Hintertür hinaus.
Kein Wunder, daß ihr Vater sauer war. Er begriff die Folgen ebenso gut wie Jewel, vielleicht sogar noch besser. Falls es hier ein anderes magisches System gab, dazu eines, dessen Funktionsweise sie nicht verstanden, dann waren die Fey womöglich doch nicht das überlegene Volk auf der Insel. Die Niederlage, die ihre Arbeit seit ihrer Ankunft trübte, konnte mehr als nur ein Patzer gewesen sein. Vielleicht war sie ihre Zukunft.
Sie machte einen kleinen Umweg über Adrians Schuppen.
Nachdem sie Caseo erlaubt hatte, Ort abzuholen, hatte sie von einem Domestiken alles saubermachen lassen. Der Domestike hatte einen Reinlichkeitszauber ausgesprochen, um den Gestank loszuwerden, dann hatte er ein Bett, frische Kleider und Decken besorgt. Das Bettzeug war außerdem mit einem Spruch bedacht worden, der Adrians Verlangen, die Schattenlande zu verlassen, dämpfte.
Jewel klopfte an und stieß die Tür auf. Unter der Decke brannte eine echte Lampe, unter der sich Adrian gerade ein Hemd überstreifte. Die Hosen hatte er bereits an, nur die Füße waren noch nackt.
»Woher hast du die Lampe?« fragte Jewel auf Fey.
»Du platzt doch nicht hier herein, um mich das zu fragen?« erwiderte Adrian auf Nye. Sein Fey wurde besser, war aber noch nicht flüssig genug. »Aber wenn du es unbedingt wissen möchtest: Ich habe darum gebeten. Ich habe herausgefunden, wie ihr eure Lampen herstellt, und verspürte keine große Lust, im Licht der sterbenden Seelen meiner Landsleute zu wohnen.«
»Wie edel.« Jewel wechselte ebenfalls zu Nye. Sie lehnte an der Tür. »Ich muß dich etwas fragen.«
»Und ich dachte schon, du stattest mir einen Höflichkeitsbesuch ab.«
»Der Sarkasmus hilft dir auch nicht weiter.«
Er lächelte. »Doch. Unsere Abmachung schreibt mir nicht vor, auf welche Weise ich mich zu äußern habe. Nur wahrheitsgetreu muß ich euch allen antworten, das ist alles.«
Jewel hakte die Daumen in den Bund ihrer Hose. Eigentlich mochte sie Adrians Sarkasmus. Er war ein Rest seines Willens, den er sich nicht brechen lassen wollte. »Ich muß etwas über die Magie der Inselbewohner wissen.«
»Magie?« Adrian zog sich mit der linken Hand das Armband am Handgelenk am rechten Ärmel fest. »Wir verfügen über keinerlei Magie.«
»Du weißt, was geschieht, wenn du mich anlügst«, sagte Jewel.
Er hielt inne. »Ich lüge nicht. Jeden wachen Moment an diesem öden Ort bin ich der Wahrheit verpflichtet gewesen.«
»Und wie würdest du eure übersinnlichen Fähigkeiten nennen?«
»Wir haben keine«, wiederholte Adrian.
»Überhaupt keine?«
»Natürlich nicht. Wir verwandeln uns nicht in Katzen, und wir zaubern
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