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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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»Mehr kann ich nicht versprechen.«
    Sie beugte sich über Jewel und streckte dann die Hand aus. »Rugar, ich brauche deinen Umhang.« Als er nicht reagierte, blickte sie zu ihm auf. »Es ist doch ein Heilerumhang, oder? Ich brauche ihn jetzt.«
    Rugar hatte die heilenden Eigenschaften seines Mantels ganz vergessen. Bevor er in seinen ersten Kampf gezogen war, hatte ihm sein Vater diesen Umhang überreicht. Mit zitternden Fingern löste er die Bänder um seinen Nacken. Er zog den Mantel von den Schultern und reichte ihn der Schamanin, die Jewel damit zudeckte.
    »Jewel«, sagte die Schamanin, »du mußt aufwachen. Du mußt mit mir sprechen.«
    Nicholas hatte sich über Jewel gebeugt, und seine nasse Robe hinterließ Tropfen auf dem Boden. Einer der Diener erbot sich, ihm die Robe abzunehmen, aber Nicholas schüttelte den Kopf, ohne den Blick von Jewel zu wenden.
    Die Schamanin kniete sich neben Jewel und legte einen Finger in Jewels schlaffen Mund. »Jewel, du mußt aufwachen«, wiederholte sie.
    Jewels Lider flatterten.
    »Gott sei Dank«, murmelte Nicholas und sank ebenfalls zu Boden.
    »Kommt nicht näher«, warnte die Schamanin.
    Rugar verschränkte die Arme und ballte die Hände zu Fäusten. Er konnte nichts tun. Die Schamanin hatte zumindest die Möglichkeit, sich zusätzlich zu ihren Visionen der Medizin der Domestiken zu bedienen. Er hatte nichts als seine Vision, und die hatte ihn getrogen.
    Ihn und im gleichen Maße auch Jewel.
    »Jewel«, drängte die Schamanin, »sag mir etwas über dein Kind.«
    Einen kurzen Moment öffnete Jewel die Augen, die so leer wie die ihres Sohnes, des Steins, waren. Dann füllten sie sich langsam mit Leben, schwach und weit entfernt. »Das Kind. Rettet das Kind. Ihr müßt meine Tochter retten. Sie ist die Zukunft …«
    Jewels Stimme verstummte. Sie hatte die Augen wieder geschlossen. Die Schamanin nickte Burden zu.
    »Ich brauche Mend. Ihre Bedenken sind mir gleichgültig. Und ich brauche alle Heiler, die draußen vor dem Tor stehen.«
    Nicholas berührte Jewels Gesicht. »Jewel«, sagte er. Und dann in der Inselsprache: »Es tut mir leid, so furchtbar leid.«
    »Ihr habt sie doch nicht verletzt, mein Junge«, sagte die Schamanin. »Macht mir jetzt Platz, damit ich ihr helfen kann.«
    Jewel öffnete die Augen. Sie lächelte Nicholas an. Mühsam hob sie die Hand und ergriff die seine. Dann schloß sie abermals die Augen.
    Der Mann, den Nicholas nach dem Stein ausgeschickt hatte, war wieder in die Küche zurückgekehrt, gefolgt von einer Frau. Sie trug den Kleinen in ihren Armen. Der Junge schluchzte heftig, und auf seinem nur zu menschlichen Gesicht bildeten sich tiefe Kummerfalten.
    Die Schamanin sah zuerst ihn und dann Rugar an. Ihr Mund öffnete sich, und ihre Augen weiteten sich wie im Schock. Einen Augenblick lang fühlte Rugar sich gerächt. Nicht einmal die Schamanin konnte alles sehen.
    »Was hast du getan?« fragte sie. »Im Namen aller Mächte, aller Mysterien, im Namen all dessen, was uns wichtig ist: Was hast du bloß getan?«
    Nicholas blickte überrascht auf. Rugar wich vor den Worten der Schamanin zurück. »Ich habe für unsere Sicherheit gesorgt«, erwiderte er.
    »Du Narr!« Die Stimme der Schamanin war von Panik erfüllt. Rugar hatte sie noch nie zuvor so außer sich gesehen. »Ich kann sie nicht alle drei retten.«
    »Das mußt du auch nicht. Gabe ist im Schattenland. Das hier ist nur ein Golem …«
    »Nein«, gab die Schamanin zurück. »Verstehst du denn nicht, was du angerichtet hast? Der Junge ist ein Teil von ihr.«
    »Aber sie ist auch ein Teil von mir, und ich bin gesund.«
    »Sie ist erwachsen. Er ist ein Kind. Eine Mißgeburt ohne jede Macht.« Die Schamanin schloß die Lider und brach in Wehklagen aus. Die Laute ließen alle Unterhaltungen in der Küche verstummen. Nicholas warf einen Blick auf Rugar, der sichtlich erschrocken war. Nur der Golem schien nichts zu bemerken. Er weinte und weinte, als wollte ihm das Herz brechen.
    Rugar sah zu dem Jungen hinüber. Natürlich zerbrach das Kind. Es lebte nur durch Jewel. Dann erinnerte er sich an die Augen. Er hatte etwas Lebendiges in diesen Augen erkannt. Lebendig und weit entfernt.
    Warst du dort, Gabe?
    Ja. Ich habe alles gesehen.
    »Du mußt den Jungen retten«, sagte Rugar.
    »Er ist schon zu weit weg.« Die Schamanin öffnete die Augen und strich über die Versehrte Haut auf Jewels Stirn. »Ich bezweifle, daß ich überhaupt noch jemanden retten kann.«

 
21
     
     
    Gabe weinte. Niche eilte

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