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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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letzte Strohhalm. Tel wollte nicht ins Schattenland zurückkehren, um stehenden Fußes wieder in den Tabernakel geschickt zu werden. Deshalb war er zu den Ställen zurückgekehrt, wo er einst glücklich gewesen war, und hatte einen anderen Stallburschen übernommen. Seither hatte er hier als Inselbewohner in Frieden gelebt.
    Wenn die Fey herausfanden, daß er noch am Leben war, würden sie ihn fürchterlich bestrafen.
    Tel wollte nicht von den Fey entdeckt werden, und er wollte sich auch nicht mehr verwandeln. Seine letzte Verwandlung war gräßlich gewesen. Er hatte sich, immer noch in der Gestalt des Ältesten, auf das Gelände des Palastes geschlichen. Dann hatte er einen Diener getötet, in dessen Blut gebadet und einen jungen Stallburschen angegriffen. Der junge Mann hatte geschrien, als Tel ihn wie eine riesige Spinne angesprungen, die Beine fest um den Leib des Mannes geschlungen und die Ellenbogen in seinen Nacken gestemmt hatte, um seine Arme festzuhalten. Tel hatte seine Finger in die Ohren seines Opfers und die Daumen in dessen Mund gesteckt, die Kiefer auseinandergezwängt und kräftig gegen den Gaumen des Mannes gedrückt.
    Dann hatte er gezerrt und gezogen, bis das innerste Wesen des Mannes sich gelöst und einen Augenblick wie ein verängstigtes Kind zwischen ihnen umhergeflattert war. Tel hatte in den Nebel gebissen und ihn eingesaugt. Er hatte die Schreie des Mannes eher gefühlt als gehört und dann gespürt, wie sein Körper sich verformte, sich wand und ausdehnte, bis er zum Körper des Stallburschen wurde, schlank, vierschrötig … ein typischer Inselbewohner.
    Der Körper zwischen seinen Beinen und Armen hatte sich aufgelöst, und Tel hätte fast das Gleichgewicht verloren, ehe er sich darauf besonnen hatte, die eigenen Füße auf den Boden zu stellen. Die Knochen waren klappernd zu Boden gefallen. Als Tels Persönlichkeit endgültig mit der des Stallburschen verschmolzen gewesen war, hatte er sich erst einmal auf einen Heuballen gesetzt.
    Bilder und Eindrücke hatten sich in seinem Geist vermischt, Erinnerungen, die nicht seine eigenen waren. In den letzten Augenblicken seines Lebens hatte Ejil, der Stallbursche, Tel für einen Dämon gehalten, der seine Seele stehlen wollte. Das hatte es fast getroffen.
    Als Tel Ejil übernommen hatte, war er geschwächt gewesen, und er fühlte eine Bindung an den Jungen wie noch an keines seiner Opfer. Manchmal wachte Tel nachts davon auf, daß er Ejil um Verzeihung bat. Tel schuldete Ejil eine Menge. Er lebte Ejils Leben jetzt schon seit fünf Jahren, und es waren die fünf besten Jahre seines Lebens gewesen.
    Aber jetzt mußte er doppelt vorsichtig sein. Am Abend zuvor hatte Tapio ihm erzählt, daß die Rocaanisten früh eintreffen würden. Auch Jewels Familie wurde erwartet. Die Rocaanisten konnten Tel jederzeit töten, wenn er versehentlich einen Tropfen ihres Giftes abbekam. Die Fey dagegen konnten ihn wie jeden anderen Doppelgänger erkennen, indem sie ihm tief in die Augen blickten. Verwandelte Doppelgänger sahen zwar aus wie ihre Opfer, aber ihre Pupillen waren golden gefleckt, das einzige Zeichen, das ihre Fey-Herkunft verriet. Mehr war nicht nötig, um sie zu entlarven.
    Von den Fey erwischt zu werden war sogar noch schlimmer als der sofortige Tod durch das Weihwasser. Die Schamanin würde sein Urteil sprechen. Tel hatte einmal mit angesehen, wie ein Doppelgänger, der seine Pflicht vernachlässigt hatte, bestraft wurde. Er wurde gezwungen, sich durch ein Dutzend Gefangene aus Nye zu arbeiten, sich schneller und schneller in einen nach dem anderen zu verwandeln, bis sein eigenes Wesen unter der Belastung zusammenbrach. Dann hatten ihn die Hüter des Zaubers verschwinden lassen, um ihn für ihre seltsamen, unaussprechlichen Experimente zu benutzen.
    Niemand hatte jemals wieder etwas von ihm gehört.
    Tel wollte lieber den Rest seines Lebens als kleiner, untersetzter blonder Inselstallbursche ohne größere Aussichten verbringen, als wieder zum Fey zu werden. Er hatte die Nase voll. Vielleicht wäre er zufrieden gewesen, in Nye zu bleiben, sich dort einen Körper zu wählen, der ihm gefiel, und sich jahrzehntelang nicht zu verändern, wie es einige der älteren Doppelgänger gemacht hatten. Aber wenn Rugar hier auf der Insel herausbekam, daß Tel noch am Leben war, würde er alle paar Monate den Körper wechseln müssen, immer auf der Hut vor dem Gift der Inselbewohner.
    Als Stallbursche hatte er diese Sorgen nicht. Die Inselgeistlichen bekam er nur

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