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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Kinderpersonal Sebastian zu Gesicht bekommen sollte, aber es war schon zu spät. Alle, die ihn gesehen hatten, trugen die Nachricht aus dem Palast. Die Tatsache, daß ihn sonst niemand sehen durfte, ließ die Leute glauben, er sei so etwas wie ein seltsam anzusehendes Ungeheuer. Schließlich hatten ihn Nicholas und Jewel zu einem ihrer öffentlichen Auftritte mitgenommen, damit die Leute sehen konnten, daß er ein schönes Kind war.
    Schön, aber leer.
    Seit die Kinderfrau ihn aufgefordert hatte, den Bauklotz wegzulegen, hatte Sebastian sich nicht mehr bewegt. Nicholas kniete sich neben seinen Sohn. Der Junge hob den Kopf. Er schien keinerlei angeborene Neugier zu besitzen. Die Bewegung war ebenso einstudiert wie das Weglegen des Bauklötzchens, etwas, das zu tun man ihn gelehrt hatte.
    Nicholas starrte in die grauen Augen des Kindes. Sie glichen flachen, glitzernden Kieseln. »Sebastian«, flüsterte Nicholas in der Hoffnung, der Klang seines Namens könne in dem Jungen wieder das lebhafte Wesen seiner ersten Lebenstage zum Vorschein bringen.
    Der Junge starrte ungerührt zurück. Nicholas berührte das Gesicht des Kindes, fühlte die glatte, harte Haut. Genauso fühlte sich Jewels straff gespannter Bauch jetzt an.
    Ein Mädchen. Selbst wenn es gesund war – ein Mädchen zählte nicht. Ein Mädchen konnte nicht den Platz seines Bruders einnehmen, ganz gleich, was Jewel sagte. Die Fey mochten weibliche Herrscher akzeptieren, die Inselbewohner niemals. Sie konnten nur auf einen weiteren Sohn hoffen. Oder, wenn das nicht eintraf, darauf, daß Nicholas so lange lebte, bis seine Enkelkinder geboren wurden.
    Aber das war ziemlich unwahrscheinlich. Er konnte schon morgen sterben. Der Tod seines Vaters hatte ihn daran erinnert, wie angreifbar sie alle waren. Nicholas hatte immer geglaubt, sein Vater werde noch älter werden als der Fünfzigste Rocaan. Statt dessen war er im gleichen Alter wie der jetzt amtierende Rocaan gestorben, als junger Mann, nach den Maßstäben der Blauen Insel. Ein sehr junger Mann nach denen der Fey.
    Nicholas ließ die Wange seines Sohnes los. Der Junge hob die eigene Hand und liebkoste Nicholas’ Wange. Sebastians Hand war kühl, aber Nicholas genoß die Berührung. Er wagte kaum zu atmen. Sebastian hatte ihn noch nie freiwillig angefaßt.
    Also hatte Jewel doch recht. Es tat sich etwas. Es dauerte nur seine Zeit.
    Jetzt ließ Sebastian genau wie Nicholas die Hand wieder sinken. Er lernte. Und er konnte nachahmen. Vielleicht gab es noch Hoffnung. Sebastian würde nie besonders intelligent sein, aber vielleicht konnte er, sollte das jemals nötig sein, das Sprachrohr seiner Mutter oder seiner Schwester werden.
    Nicholas’ Vater hatte nicht recht gehabt. Sebastian zu verstecken war das Schlimmste, was sie tun konnten.
    »Kinderfrau«, sagte Nicholas sanft, um seinen Sohn nicht zu erschrecken. »Kleide Sebastian für die Krönung an. Dann mach dich selbst zurecht. Er soll einen Platz neben den Adligen bekommen.«
    Die Kinderfrau ließ die Handarbeit sinken. »Aber die Herrin hat gesagt …«
    »Es ist mir egal, was die Herrin gesagt hat. Ich möchte meinen Sohn bei mir haben.«
    »Sehr wohl, Herr.« Während sie mit ihm sprach, warf sie den Kopf nach hinten, so daß Nicholas sich selbst wie ein Kind vorkam.
    »Niemand außer dir soll ihn halten. Niemand soll ihn anfassen. Setz dich nicht neben jemanden. Ist das klar?«
    »Ja, Herr.«
    »Und nach der Zeremonie bringst du ihn sofort hierher zurück. Laß seinen Großvater nicht in seine Nähe.«
    »Seinen Großvater, Herr? Verzeiht, Herr, sein Großvater is’ tot.«
    »Seinen Großvater«, wiederholte Nicholas fest. Er wollte sich nicht durch eine Trauer ablenken lassen, für die jetzt keine Zeit war. »Jewels Vater.«
    Die Kinderfrau nickte, aber Nicholas sah Furcht in ihren Augen. »Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Herr. Ich werd’ gut auf den Jungen aufpassen, klar doch.«
    »Gut.« Diese Entscheidung fühlte sich richtig an. Der Junge verdiente etwas Besseres als ein Einsiedlerdasein in einem überheizten Zimmer. Was er auch immer für Schwierigkeiten haben mochte, er war ein direkter Nachfahre des Roca. Er würde immer der Sohn eines Königs und ein Urenkel des Schwarzen Königs der Fey sein.
    Nicholas tätschelte ein letztes Mal Sebastians Hand und erhob sich. »Wir sehen uns im Krönungssaal«, sagte er zu seinem Sohn. Der Junge verstand ihn nicht, aber das war auch nicht nötig.
    Noch nicht.

 
17
     
     
    Der Krönungssaal sah aus

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