Fey 04: Die Nebelfestung
ergänzte Porciluna mit einem Seitenblick auf Titus. Jeder der beiden Männer hatte auf seine eigene Art klargestellt, daß Titus den Tabernakel zerstören würde.
Er blickte sie an, diese Männer mit ihren politischen Bedenken und ihren Fesseln, die sie an diese Welt banden. Sie schienen Gott vergessen zu haben, sie schienen den Roca und die Gründe dafür vergessen zu haben, warum sie überhaupt hier waren.
Vielleicht hatte der Rocaan Titus in die Geheimnisse eingeweiht, weil er daran glaubte, daß Titus den Tabernakel retten konnte.
Vielleicht hatte der Rocaan sogar recht.
27
Streifer saß auf dem Tisch in der Hütte der Hüter und untersuchte die zerfetzten und angesengten Hautstücke, die bei Coulters Flucht in sich zusammengefallen waren. Einige Fetzen waren unberührt geblieben und fingen jetzt an, ganz normal zu verwesen, wobei sie den üblichen fauligen Geruch ausströmten. Rotin hatte behauptet, der Geruch verursache ihr Übelkeit, und ihn verlassen, um ihre eigenen Experimente durchzuführen.
Wahrscheinlich Experimente mit Kräutern.
Die anderen Hüter arbeiteten immer noch mit den Domestiken. Streifer hatte es nicht eilig, sie zurück in die Hütte zu holen. Zuerst wollte er dieses Material selbst in aller Ruhe untersuchen.
Die verbrannte Haut hatte an der Stelle der Kugel gesessen, die von dem Licht versengt worden war. Diese Stückchen waren schwarz verkohlt und zerbröselten ihm teilweise zwischen den Fingern. Die Tischplatte war von kleinen Ascheflocken übersät, was darauf hinwies, daß noch andere Hautstreifen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt worden waren.
Das Licht hatte nicht so heiß gewirkt, mußte es aber gewesen sein, um sich durch soviel Haut hindurchzubrennen. Jener Augenblick war erschreckend, beinahe entsetzlich gewesen. Streifer hatte geglaubt, er habe Coulter bereits so dingfest gemacht, daß der Junge unmöglich entkommen könne. Doch dann mußte der Inselbewohner Adrian etwas in ihm ausgelöst haben, das es ihm ermöglicht hatte, sich zu befreien.
Streifer glaubte nicht, daß Adrian selbst magische Kräfte besaß, sonst hätte er sie schon vor langer Zeit gegen Jewel und die anderen eingesetzt, die ihn damals gefangengenommen hatten. Er war ein Mann, der seinen Sohn so sehr liebte, daß er sein eigenes Leben geopfert hatte, um das des Sohnes zu retten. Wenn, dann hätte er seine Magie schon früher wirken lassen.
Er hätte sie nicht eingesetzt, um Coulter zu retten.
Es sei denn, er hatte diese Fähigkeiten erst im Schattenland erworben.
Aber wie ließ sich Magie erlernen? Davon hatte Streifer noch nichts gehört. Die Fey besaßen sie entweder, oder sie besaßen sie eben nicht. Er vermutete, daß es bei den Inselbewohnern nicht anders war.
Caseo wäre da anderer Meinung gewesen. Caseo war der Ansicht gewesen, Vermutungen seien der Tod der Gewißheit, daß sie denjenigen, der lernen wollte, nur blendeten.
Was nicht mehr als eine von Caseos Vermutungen gewesen war.
Wahrscheinlich hatte sie sogar zugetroffen.
Streifer nickte. Die interessantesten Hautfetzen waren diejenigen, deren Ränder mit kleinen Löchern perforiert waren. Winzige verkohlte Ränder, die den übrigen Fetzen nicht zu beeinträchtigen schienen. Entweder hatte das Licht an dieser Stelle gestreut, oder etwas anderes hatte diese Fetzen getroffen.
In der Hoffnung, die Hülle der Kugel rekonstruieren zu können, glättete er die Stücke auf dem Tisch. Ein höchstwahrscheinlich unmögliches Unterfangen, doch wenn es ihm auch nur teilweise gelang, konnte er dadurch womöglich etwas über Coulters magische Kräfte erfahren.
Oder darüber, was seine Fähigkeit, sich selbst zu befreien, ausgelöst hatte.
Als es an der Tür klopfte, fuhr er zusammen. Er widerstand dem Impuls, alle Hautfetzen aufzusammeln und zu verstecken. Er war jetzt ein Hüter. Eigentlich war er der Oberste Hüter, auch wenn Rotin sich dessen noch nicht klar war. Niemand konnte ihm etwas anhaben.
»Herein«, sagte er, darauf bedacht, daß seine Stimme ruhig und gelassen klang.
Tazy schob sich durch den Türspalt. Er war ein untersetzter, aber sehr kräftiger Fey, der die Fußsoldaten wie Kinder spuren ließ. Streifer hatte Tazy die Verantwortung für die Suche nach Coulter übertragen.
Der Soldat schob die Tür mit dem Fuß zu, nahm die Uniformmütze ab und fing an, sie zwischen den Händen zu drehen. Bei dem üblen Geruch in der Hütte rümpfte er die Nase, sagte aber nichts.
Als Fußsoldat konnte er nichts sagen. Sie hatten
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