Fey 04: Die Nebelfestung
sagte Matthias. »Wenn schon nicht für mich, dann wenigstens für die Religion.«
»Abgelehnt«, gab Nicholas mit strenger Stimme zurück. »Die Religion kannst du selbst schützen, indem du ihre Geheimnisse weitergibst. Was dich angeht, so hast du nichts von mir einzuklagen.«
»Nicholas, wir müssen in dieser Sache gemeinsam vorgehen.«
»Richtig, Matthias. Wir hätten gemeinsam vorgehen müssen. Statt dessen hast du das Schicksal der Blauen Insel selbst in die Hand genommen.« Nicholas blickte über die Schulter zurück. Matthias stand immer noch am Fenster, das Gesicht bleich vor Angst. »Wenn die Fey dich holen kommen, sei versichert, daß ich dir nicht helfen werde. Im Gegenteil – ich bete darum, daß dein Tod doppelt so langsam und viermal so qualvoll wie der von Jewel sein wird.«
Matthias antwortete nicht.
Nicholas nickte ihm zu. »Ich nehme an, das ist das letzte Mal, daß wir uns sehen. Ich werde dich nicht vermissen.«
»Du bist ein Heide geworden, Nicholas, ein Heide wie sie«, sagte Matthias.
»Mitnichten«, erwiderte Nicholas. »Ich fange sogar erst allmählich an zu begreifen, was es mit der Macht des Glaubens auf sich hat.« Er betrachtete den Mann, der seine Frau umgebracht hatte. »Du hast Glück, daß du noch am Leben bist. Ich rate dir, aus deinen letzten Stunden auf dieser Welt das Beste zu machen. Wenn man den Worten Glauben schenken darf, dann sind es die letzten Augenblicke, die du ohne Qualen verbringst.«
»Ich habe keinem Inselbewohner Schmerz zugefügt«, sagte Matthias.
»Außer mir.« Nicholas verneigte sich kurz und parodierte die respektvolle Verneigung, die einem Rocaan zusteht. »Ich wünsche dir einen guten Tag, Matthias. Möge die Hand des Heiligsten meine Worte an Gottes Ohr tragen.«
»Gott hört nicht auf Ungläubige«, gab Matthias zurück.
»Das weiß ich.« Nicholas lächelte. »Darauf beruht mein ganzer Glaube. Du tätest gut daran, es dir selbst noch einmal in Erinnerung zu rufen.«
9
Adrian saß auf der Kante der Pritsche. Eine der Kerzen tropfte. Ihr flackerndes Licht zuckte über die Wände des kleinen Zimmers. Er zitterte. Irgendwann in diesen langen Jahren hatte er sich damit abgefunden, diesen grauen Ort niemals wieder zu verlassen. Jetzt, da sich die Gelegenheit dazu ergab, hatte er Angst davor.
Coulter war kurz zuvor hinausgegangen, um Gabe von den merkwürdigen Geschehnissen zu berichten. Adrian hatte angedeutet, Coulter solle Gabe fragen, ob er mit ihnen kommen wolle, es aber nicht direkt ausgesprochen. Er kannte Gabe nicht. Der Mischling war ein kleiner Junge, der womöglich sein Plappermäulchen nicht halten konnte. Vielleicht rannte er sofort zu seinem Großvater, und das konnte Adrian überhaupt nicht gebrauchen.
Er wußte, daß er damit auch Luke einem Risiko aussetzte, doch auch dafür hatte er sich einen Plan zurechtgelegt. Er würde direkt zu Nicholas gehen und ihm berichten, daß Rugar seinen Sohn im Schattenland gefangenhält. Mit der Streitmacht der Blauen Insel im Rücken, könnte es ihnen gelingen, daß Luke am Leben blieb.
Oder auch nicht.
Doch dieses Risiko mußte er auf sich nehmen. Jetzt stand nicht mehr nur Adrians Leben auf dem Spiel. Auch Coulter war wichtig. So, wie Adrian die Hüter kannte, würden sie auch ihn töten, um hinter das Geheimnis seiner ›Zauberkräfte‹ zu kommen.
Adrian erhob sich und sah sich in seiner kleinen Hütte um. Hier gab es nichts, was er mitnehmen wollte. Die Kleidung, die er trug, war von den Fey gefertigt; davon würde er sich so bald wie möglich trennen. Seit seiner Ankunft im Schattenland hatte er nichts aufgehoben, es gehörte ihm nichts. Während dieser ganzen Zeit hatte er nichts unternommen, was seinen Aufenthalt hier als dauerhaft hätte wirken lassen. Er war ein Gefangener in einer sehr großen Zelle.
Er hatte Coulter eine Stunde zugestanden. Soviel konnte er ihm gewähren.
Aber nicht mehr.
Sonst lief Adrian Gefahr, seine eigene Entschlossenheit wieder zu verlieren. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und fing an, auf und ab zu gehen, was die Kerze noch mehr zum Flackern brachte. Wenn Coulter wirklich über magische Kräfte verfügte, dann mußte auch Nicholas davon erfahren. Womöglich hatten die Inselbewohner schon seit jeher die Macht besessen, die Fey vernichtend zu schlagen, und es nur nicht gewußt.
Durch Coulters Fähigkeiten könnte es ihnen jetzt bewußt werden.
Und wenn Coulter die Magie wie alle anderen Fey-Kinder erlernt hatte, dann könnte
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