Fey 05: Der Schattenrpinz
Mündigkeitszeremonie. Sie war im Grunde dasselbe wie die Salbung, mit dem Unterschied, daß sie ohne Beisein von Ältesten, Auds und vor allem ohne den Rocaan durchgeführt wurde.
Eine Handvoll unbedeutenderer Lords hatte Nicholas’ Einladung bereits zurückgewiesen. Er würde sich später mit ihnen befassen, nach der Zeremonie, sobald er Zeit zum Nachdenken hatte. Lord Egan hatte ihm vor langer Zeit den Ratschlag gegeben, diesen Aufsässigen ihren Landbesitz wegzunehmen. Nicholas hatte sich geweigert, weil er befürchtete, die Spannungen nur noch zu verschlimmern. Aber auch ohne eine solche Maßnahme hatten sich die Spannungen verschlimmert – die Lords warfen ihm noch immer seine »unreine« Heirat mit einer Fey, seine »illegitimen Bastarde von Kindern« und sein traditionsloses Verhalten vor. Sie hetzten, wollte man Egans Worten Glauben schenken, das Volk auf, und als Lords fanden sie auch Gehör. Und vielleicht sogar Unterstützung. Nicholas wußte nicht genau, in welchem Ausmaß, und er war sich auch nicht sicher, ob er es wissen wollte. Er wußte, daß er es eines Tages herausfinden würde, spätestens dann, wenn er ihnen ihre ererbten Güter und Titel entzog.
Lautes Klopfen ließ ihn zusammenzucken. Mit finsterem Blick schaute er zur Tür.
»Ich habe dir befohlen, mich nicht zu stören, Sanders«, sagte er unwirsch. Sein Kammerdiener hatte manchmal seinen eigenen Kopf. Nicholas haßte Genörgel, und darin war Sanders unübertroffen.
»Verzeiht, Sire.« Durch die Tür klang Sanders’ Stimme reichlich herablassend. »Aber Lord Stowe hat eine Nachricht für Euch, die keinen Aufschub duldet.«
»Ich treffe ihn doch gleich bei der Zeremonie!«
»Er sagt, es sei dringend. Er wartet im Vorzimmer.«
Nicholas seufzte. Stowe war einer der älteren Lords. Einst war er ein Vertrauter von Nicholas’ Vater gewesen, jetzt hatte er die gleiche Stellung bei Nicholas inne. Aber Stowe hatte das Pech, Nicholas immer nur die schlechtesten Nachrichten zu überbringen.
»Sag ihm, ich komme gleich«, befahl Nicholas.
Wahrscheinlich hatte die Nachricht etwas mit der Zeremonie zu tun. So viele Leute fochten Sebastians Position als Erbe an. Aber Nicholas blieb keine Wahl. Die Königswürde ging immer auf den erstgeborenen Sohn über, den direkten männlichen Nachfahren des Roca. Sebastian war langsam, aber zuverlässig. Arianna hatte bereits zugestimmt, ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, und Sebastian vertraute ihr. Sie war überaus intelligent, und alles, was sie anpackte, gelang ihr.
Sie würde ihren Bruder und ihr Land beschützen und für beider Sicherheit sorgen.
Trotzdem hoffte Nicholas, daß der Ernstfall noch viele Jahre lang nicht eintreten würde. Nicholas hatte vor, im Gegensatz zu seinem eigenen Vater ein hohes Alter zu erreichen. Vielleicht konnte die Erbfolge Sebastian sogar überspringen, und die Königswürde fiel an eines seiner Kinder.
Nicholas raffte sich auf und trat in den Salon vor dem Schlafgemach. In diesem Raum war es nicht so warm wie im Ankleidezimmer. Sanders hatte das Fenster geöffnet, und die Sonnenstrahlen leuchteten wie ein Heiligenschein. Es ging gerade genug Wind, um die ganze Zimmerflucht nach dem Garten unter dem Fenster duften zu lassen.
Lord Stowe erhob sich und neigte den Kopf. Auch er trug seine besten Gewänder: einen langen, schwarzen Mantel mit passender Hose und enge Schuhe nach der Mode der Fey. Nicholas hatte es immer seltsam gefunden, daß die Inselbewohner zwar die Kleidung der Fey nachahmten, aber den Rest ihrer Kultur nicht akzeptierten.
»Stowe«, begann Nicholas ohne Rücksicht auf das Protokoll. »Die Zeremonie beginnt in zwei Stunden, und ich muß meinen Sohn noch vorbereiten.«
Die meisten Lords kannten das Ausmaß von Sebastians geistiger Schwäche nicht. Stowe dagegen war im Bilde, ebenso wie er wußte, über welche Fähigkeiten Arianna verfügte. Stowe war mit beiden Kindern seit ihren ersten Lebenstagen oft zusammengewesen und hatte Nicholas mehr als einmal gute Ratschläge erteilt.
»Ich weiß, Sire, aber diese Nachricht müßt Ihr sofort hören.« Stowe entließ Sanders, der sich an der Tür herumdrückte, mit einer Handbewegung. Der Kammerdiener verbeugte sich, verließ rückwärts den Raum und zog die Tür hinter sich ins Schloß.
Stowe wartete, bis Sanders endgültig verschwunden war, dann fragte er: »Sind wir hier sicher?«
Nicholas warf einen Blick zur Tür. Vielleicht, nein, sogar bestimmt lauschte Sanders wieder. Nicholas krümmte den
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