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Fey 05: Der Schattenrpinz

Fey 05: Der Schattenrpinz

Titel: Fey 05: Der Schattenrpinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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sterben.«
    »Solanda!« fuhr Nicholas sie an.
    Solanda richtete sich hoch auf, runzelte die Stirn und seufzte schließlich. »Eine Vision ist etwas Persönliches. Es ist Gabes Aufgabe, ihre Bedeutung zu entschlüsseln. Gabe und Sebastian sehen sich nun mal ähnlich. Vielleicht hat Gabe seinen eigenen Tod gesehen und deshalb beschlossen, an Sebastians Stelle zu treten.«
    »Nein …«
    Solanda zuckte die Achseln. »Oder vielleicht auch nicht. Es wird sich schon noch herausstellen. So ist das immer bei Visionen.« Dann drehte sie sich um und schüttelte die Hände, wie eine Katze vor Abscheu ihre Pfoten schüttelt.
    »Solanda«, sagte Nicholas leise. »Du willst doch nicht wirklich gehen?«
    Solanda blieb stehen, aber sie drehte sich nicht um. »Ich habe Euch versprochen, so lange zu bleiben, bis Arianna mich nicht mehr braucht. Mir scheint, sie braucht mich schon seit geraumer Zeit nicht mehr.«
    »Sie ist noch jung. Natürlich braucht sie dich.«
    Solanda schüttelte den Kopf. »Wie es aussieht, stehe ich ihr nur im Weg. Offenbar kann sie meine Ansichten und Vorurteile nicht länger ertragen. Oder meine Person.« Sie holte tief Luft. »Ich habe meine gute Tat für dieses Leben getan. Endlich kann ich diesen Ort verlassen.«
    Damit ging sie aus dem Zimmer.
    Nicholas sah ihr nach. Er hätte ihr hinterherlaufen sollen. Er hatte noch so viele Fragen, so viel zu bedenken. Aber er konnte es nicht. Sie hatte sie alle hintergangen, indem sie ihnen Gabes Existenz verschwiegen hatte.
    Er traute auch sich selbst nicht mehr, wenn sie in der Nähe war. Er wußte nicht, was er tun würde, wenn er das nächste Mal so wütend auf sie wurde.
    Hinter ihm erklang ein zitterndes, rauhes Schluchzen. Nicholas drehte sich um. Sebastians Gesicht war tränenüberströmt.
    »Alles … geht … schief«, stammelte der Junge.
    Nicholas nahm seine Hand. »Nicht alles«, tröstete er.
    »Gabe … ist … weg … Solanda … ist … weg … Ari … haßt … mich.« Der Junge zitterte. »Und … ich … bin … nicht … dein … Sohn.«
    »Du bist mein Sohn«, widersprach Nicholas. »In allem, worauf es ankommt.«
    In allem außer einem. Die Erbfolge des Königsgeschlechts war seit den Tagen des Roca ungebrochen. König mußte ein erstgeborener Sohn werden. Aus dem Geschlecht des Roca.
    Sebastian erfüllte die Bedingungen nicht.
    Und heute abend fand die Mündigkeitszeremonie statt.
    Nicholas schloß die Augen und fragte sich, ob er die Kraft besaß, Sebastian trotzdem auf den Thron zu setzen.
    Oder die Kraft, es nicht zu tun.

 
16
     
     
    Matthias stand am Flußufer. Die Sonne war untergegangen und die Luft am Wasser erfrischend kühl. Moskitos umschwärmten ihn summend, aber er verscheuchte sie nur nachlässig mit der Hand.
    Seit Jahren war er nicht mehr hier gewesen, und auf dieser Seite des Flusses eigentlich noch gar nicht. Früher hatte er immer am gegenüberliegenden Ufer gesessen, auf der Tabernakelseite, und von dort in Richtung Palast und Stadt geblickt.
    Es war der einzige Ort gewesen, an dem er inneren Frieden fühlte.
    Seitdem hatte er andere Orte gefunden. Es gab Stellen in den Blutklippen, an denen ihn eine fast religiöse Ruhe überkam, etwas, das ihm im Tabernakel immer gefehlt hatte.
    Matthias zog den Mantel aus und legte ihn vorsichtig auf den Boden, um die Weihwasserflasche in der Seitentasche nicht zu zerbrechen. Ohne Weihwasser ging er nirgends mehr hin. Es war ihm Trost und Schutz zugleich. Er setzte sich ins Gras und streckte die Beine aus, ohne sich darum zu kümmern, daß seine Hose schmutzig wurde. Dann streifte er die Stiefel ab und steckte die Füße in den Fluß, bis die Kühle seinen ganzen Körper durchströmte.
    Hinter der großen Brücke und den kleinen Lichtern der ärmeren Viertel erhob sich der Tabernakel wie ein Leuchtturm. Seine weißen, von fleißigen Auds gepflegten Mauern schimmerten in der Dunkelheit. Die Wandbehänge vor den Fenstern waren zugezogen, drinnen jedoch brannten helle Kerzen. Matthias erinnerte sich an Sommerabende wie diesen. Im Tabernakel war es immer zu heiß, weil die Tradition besagte, daß die kühle Nachtluft gefährlich sei.
    Tradition. Der Tabernakel lebte von der Tradition. Und an der Tradition würde er wohl auch zugrunde gehen.
    Matthias lehnte sich zurück. Einige Mücken flogen ihm direkt ins Gesicht. Er rutschte ein paar Zentimeter zur Seite, und der Mückenschwarm blieb, wo er war. In der Dämmerung sahen die Schwerter, die auf die Mauer des Tabernakels gemalt waren, wie

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